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Bei Kindern führt Zigarettenqualm nicht nur zu schweren gesundheitlichen Problemen, sondern auch zu Verhaltensstörungen

Fast jeder dritte Jugendliche in Deutschland raucht. Das ist das erschreckende Ergebnis der jüngsten Repräsentativerhebung. Darauf verweist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Vorfeld des Weltnichtrauchertages am kommenden Donnerstag.

Thekla Jahn |
    Dass Rauchen - das eigene aktive aber auch das passive -nachteilige Effekte auf die Gesundheit hat, darüber sind sich alle im klaren. Wie gefährlich die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche aber wirklich sind, dass ist vielen nicht bewusst. Die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse diskutierten gestern Experten auf einem Symposium an der Universität München. Prof. Bertold Koletzko vom dortigen Haunerschen Kinderspital:

    "Wir sind doch erschrocken über das Ausmaß der Effekte bei Kindern sowohl in der Schwangerschaft - vor der Geburt die Raucherexposition - als auch nach der Geburt. Das ist eine wichtige Frage, weil in Deutschland Kinder häufig Rauch ausgesetzt sind. Wir wissen aus den Daten der Bundesgesundheitsuntersuchung, dass mehr als 60 Prozent der Kinder unter sechs Jahren in einem Haushalt lebt, in dem geraucht wird. Und wir sehen mit großer Besorgnis, dass das Rauchen bei jungen Frauen, bei jugendlichen Mädchen insbesondere zunimmt. Jugendlich rauchen immer häufiger und immer früher"

    Bislang bekannt war bereits, dass Kinder, die passiv Rauch ausgesetzt sind, gehäuft an Infektionen der Atemwege leiden, also an Lungenentzündungen oder Bronchitis und auch asthmatische Lungenerkrankungen deutlich häufiger bei diesen Kindern auftreten.

    "Was neu ist, was Frau Dr. von Mutius in unserer Tagung berichtet, ist dass auch das Rauchen in der Schwangerschaft schon, beim ungeborenen Kind zu bleibenden Veränderungen der Lungenstruktur führt, die die Grundlagen für die spätere Lungenerkrankungen legt. Also schon in der Schwangerschaft wird die Lunge des ungeborenen Kindes durch das dann erfolgende Passivrauchen des Kindes geschädigt."

    Zu wenig Beachtung fand bisher auch ein weiterer Aspekt. Passivrauchen führt bei Kindern zu Verhaltensauffälligkeiten. Noch einmal Prof. Bernhard Koletzko vom Haunerschen Kinderspital der Universität München.

    "Auch da gibt es eine Reihe von Hinweisen, dass Kinder, die Rauch ausgesetzt sind, tatsächlich Verhaltensauffälligkeiten haben- mehr Unruhe, mehr Konzentrationsschwäche und dergleichen mehr, Dinge, die man nicht so ganz leicht und präzise oft messen kann, wie andere primär körperliche Effekte, aber ganz offensichtlich führt Nikotin, führt die Rauchexposition zu 'Veränderungen auch im zentralen Nervensystem. Auch einen anderen Hinweis gibt es. Wir wissen aus einer Studie, die Prof. Rüdiger von Griess an der Universität München geleitet hat, dass Rauchen in der Schwangerschaft, nicht nur das Gewicht bei der Geburt verringert, nicht nur das Risiko für Früh- und Fehlgeburten erhöht, sonden auch Jahre später das Risiko für schweres Übergewicht fast verdoppelt. Da ist unsere Vermutung, dass auch hier ein Effekt über das zentrale Nervensystem erfolgt, dass die Exposition gegenüber Nikotin und Rauchbestandteilen intrauterin in der Schwangerschaft zu bleibenden Veränderungen führt, die später dann das Essverhalten regulieren"

    Und in einer großen Studie der Universität Magdeburg wurde belegt, dass auch das Risiko für den plötzlichen Kindstod - das unvermittelte Versterben im Laufe des 1. Lebensjahres - durch das Rauchen erhöht wird. Und zwar bis zu einem Faktor von 16 , wenn die werdende Mutter in der Schwangerschaft 10 Zigaretten täglich raucht.

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