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Beim Umweltschutz einen Gang zulegen

In Sachen Umwelt- und Klimaschutz sieht sich die EU-Kommission als Vorreiter. Dem Europäischen Parlament jedoch liegt ein Bericht vor, der die Kommission scharf kritisiert und ihr vorwirft, gesteckte Ziele nicht konsequent genug zu verfolgen. Die Abgeordneten machen eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie Umweltschutz in der EU erfolgreicher werden könnte - unter anderem eine EU-weite Ökosteuer.

Von Ruth Reichstein |
    Beim ersten Mal Hinhören klingt der Name langweilig und sperrig: sechstes Umweltaktionsprogramm. Aber dahinter verbirgt sich geballt die EU-Umweltpolitik mit so konkreten Punkten wie Verbesserung der Luftqualität, Sicherung des Grundwassers oder Eindämmung der Mülllawine.

    Das Programm, das die Mitgliedsstaaten gemeinsam mit dem Europäischen Parlament 2002 verabschiedet haben, legt die Ziele fest, die die EU bis 2012 gemeinsam erreichen will - also zum Beispiel den Stopp des Artensterbens in Europa oder die Verringerung von Müll. Auf dieser Grundlage erarbeitet die Europäische Kommission dann entsprechende Gesetze. Und die sind nicht gerade zufriedenstellend, findet das Europäische Parlament:

    "Die Kommission ist nicht ambitioniert genug, wenn sie Gesetzesvorschläge macht. Das liegt zum Teil an der Kommission, aber auch am Parlament. Das Programm wurde in der letzten Legislaturperiode verabschiedet. Damals gab es eine linke Mehrheit. Jetzt bestimmen die Konservativen im Parlament. Und auch die Kommission ist konservativer als die letzte. Das wirkt sich logischerweise auch auf die Gesetzgebung aus."

    Sagt die finnische, sozialdemokratische Abgeordnete Riitta Myller, die den Bericht des Parlaments federführend betreut. Ihre Liste an Kritikpunkten ist lang: Sie bemängelt zum Beispiel den Emissionshandel in der EU. Der Industrie seien zu großzügig Emissionsrechte zugeteilt worden, heißt es in dem Parlamentsbericht. So könne das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 zu senken, nicht erreicht werden. Außerdem vermissen die Parlamentarier effektive Gesetze, um die Luft- und Wasserqualität in der EU zu verbessern. Die Europäische Kommission lässt sich diese Kritik nicht gefallen. Barbara Helfferich, Sprecherin von Umweltkommissar Stavros Dimas:

    "Wir machen Vorschläge. Dann obliegt es den anderen Institutionen, Parlament und Mitgliedsstaaten, damit etwas zu machen. Und vor allem liegt es an den Mitgliedsstaaten, die Gesetze anzuwenden. Da liegt ein Problem. Es ist nicht immer so, dass ein Staat sofort etwas macht. Man kann uns nicht vorwerfen, wir seien nicht ambitioniert."

    Das Europäische Parlament fordert die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten auf, in den kommenden Jahren einen Gang zuzulegen beim Schutz von Umwelt und Klima. Nur so, heißt es in dem Bericht, könnten die vereinbarten Ziele erreicht werden. Einige Abgeordnete machen sich zum Beispiel für eine EU-weite ökologische Steuerreform stark:

    "Es muss eine Reform sein, die die Menschen dazu anregt, Gewohnheiten und Produktionsweisen zu ändern. Wir wollen, dass zum Beispiel eine besonders umweltfreundliche Produktion geringer und im Gegenzug eine besonders energieintenvise Produktion stärker besteuert wird. Wenn das funktioniert, dann können wir als Ausgleich die Lohnnebenkosten senken."

    Aber nicht alle Parlamentarier unterstützen diesen Vorstoß. Vor allem aus dem konservativen Lager kommt Widerstand gegen die Vorschläge der Finnin. Der CDU-Abgeordnete Markus Pieper weist auf die Erfahrungen in Deutschland hin:

    "Wir haben die Ökosteuer, und die hat nicht dazu geführt, dass wir die Steuereinnahmen dann für Umweltprojekte ausgeben, sondern es ist in Deutschland leider so, dass wir das in Teilen auch zur Entlastung des Rentensystems nutzen. Und da kann man sehen, wozu es führt, wenn ein Staat sich in marktwirtschaftliche Prozesse einmischt."

    Das Parlament hat bei der Steuergesetzgebung sowieso nur eine sehr begrenzte Mitsprache. Alle Mitgliedsstaaten müssten einer solchen Reform nämlich zustimmen. In Steuerfragen gilt die Einstimmigkeit. Die sozialdemokratische Abgeordnete Riitta Myller hat aber auch dafür schon eine Lösung:

    "Um der Falle der Einstimmigkeit zu entgehen, habe ich vorgeschlagen, dass sich zunächst einmal die Mitgliedsstaaten zusammenschließen, die in diesem Bereich voran gehen wollen - wie schon beim Euro."