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Béla Bartók: Konzert für Orchester / Divertimento

Heute mit Ludwig Rink am Mikrofon und mit Orchestermusik der klassischen Moderne, mit späten Werken von Béla Bartók, gespielt vom Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Daniele Gatti.

Ludwig Rink |
    Anders als bei Bach oder Beethoven sind die späten Werke des ungarischen Komponisten Béla Bartók nicht seine radikalsten. Die Experimente, die Auseinandersetzung mit der Frage, wie es nach Romantik und Impressionismus, nach dem Verlust der bis dahin fast als naturgegeben vorausgesetzten Tonalität weitergehen sollte - dies hatte auch für Bartók schon in den ersten beiden Jahrzehnten unseres zu Ende gehenden Jahrhunderts stattgefunden. Mit der Tonalität waren auch die mit ihr verbundenen Formen ins Wanken geraten; Bartóks Lösungsansatz, hier zu neuer Ordnung zu gelangen, war der Weg über die ungarische Volksmusik, die er mit seinem Komponisten-Kollegen Kodaly vor Ort sammelte und akribisch aufzeichnete. Sie wurde zur Basis seines musikalischen Denkens, zur Quelle der Erneuerung. Was er hier an Originalität, an Klanglichkeit aus vortonalen Zeiten, an rhythmischer Vielfalt entdeckte, benutzte er nicht als exotisches Kolorit, als fremdländischen Reiz, sondern es wurde für ihn zum Anlaß, die Funktionen von Melodie, Harmonik und Rhythmus neu zu überdenken und neu zu gestalten. Bis etwa 1923 erprobt er die neuen Mittel mit großem Radikalismus, in der anschließenden Periode bis etwa 1938 klärt sich nach und nach die Harmonik, findet er zunehmend gültige Formen und zeigt eine große Meisterschaft in Konstruktion und Kontrapunkt. Das danach entstandene wirkt milder, vielleicht resignativ, vielleicht aber auch gekennzeichnet von einer eher gelassenen, spielerischen Altersweisheit. Das Divertimento für Streicher und das Konzert für Orchester, jetzt bei BMG Conifer Classics erschienen, gehören zu dieser letzten Schaffensperiode; sie sind von strengen, fortschrittsgläubigen, um den richtigen Weg besorgten Autoren kritisiert worden, erfreuen sich aber beim Publikum besonders großer Beliebtheit. * Musikbeispiel: Béla Bartók - Konzert für Orchester, 2. Satz "Giuoco delle coppie" * Musikbeispiel: Béla Bartók - Konzert für Orchester, 3. Satz "Intermezzo interrotto" Die Neuaufnahme dieser Musik von Béla Bartók besticht durch große Farbigkeit, Beweglichkeit, Geschmeidigkeit der Tempi, weite dynamische Bandbreite, Lebendigkeit. Dies ist dem Royal Philharmonic Orchestra und seinem noch jungen, seit 1996 hier als Musikdirektor tätigen Dirigenten Daniele Gatti zu danken. Sein zweites Standbein hat der aus Italien stammene Maestro zuhause als musikalischer Leiter des Teatro Comunale di Bologna; als Gast arbeitete er schon an vielen großen Opernhäusern bis hin zur Met, auch viele der weltweit bekannten deutschen, vor allem aber englischen und nordamerikanischen Orchester leitete er bereits erfolgreich. Hören Sie das Royal Philharmonic Orchestra unter Leitung von Daniele Gatti nun mit dem Finale aus Bartóks Konzert für Orchester: Ein atemberaubendes perpetuum mobile, in dessen pulsierendem Verlauf mehrere Themen ans Licht gebracht werden, das aber dann irgendwann plötzlich innehält...Den Schluß dieses Satzes überarbeitete Bartók nach der Uraufführung noch einmal, und gleich erklingt diese revidierte Fassung. Als besonderen Service bietet die CD darüber hinaus noch den ursprünglich komponierten Schluß. * Musikbeispiel: Béla Bartók - Konzert für Orchester, 5. Satz "Finale" Die Neue Platte - heute mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Daniele Gatti. Sie hörten Ausschnitte aus dem Konzert für Orchester von Béla Bartók; zuletzt den 5. Satz, das Finale.

    Am Mikrofon verabschiedet sich Ludwig Rink.