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Berufsbezeichnungen
Neues Label für die alten Meister

Die Koalition will neue Berufsbezeichnungen in der dualen Ausbildung einführen. Damit soll diese Art der Berufsausbildung aufgewertet und eine Analogie zu Universitätsabschlüssen hergestellt werden. Nicht nur von Hochschulen kam Kritik.

Von Christiane Habermalz | 15.05.2019
Ein Auszubildender im Bäckerhandwerk holt Brot aus dem Backofen
Ein Auszubildender in einer Bäckerei. Wenn er Meister ist, darf er sich "Bachelor Professional im Bäckereihandwerk" nennen (imago / Olaf Döring)
Der gute alte Handwerksmeister hat vielleicht nicht ausgedient – aber er bekommt ein neues fesches Label. Ein Bäckermeister darf sich künftig zusätzlich "Bachelor Professional im Bäckereihandwerk" nennen, ein Friseurmeister ist entsprechend dann ein "Bachelor Professional im Friseurhandwerk".
Noch höherwertige duale Ausbildungsstufen, wie die zum Betriebswirt oder zum Informatiker, erhalten künftig den Zusatz "Master Professional". Wer als Geselle die erste Fortbildungsstufe durchläuft, darf den Titel "Geprüfter Berufsspezialist" tragen. Mit den neuen Bezeichnungen will Bundesbildungsministerin Anja Karliczek nicht nur die duale Berufsausbildung aufwerten und eine Analogie zu Universitätsabschlüssen herstellen. Sie will die deutschen Berufsabschlüsse auch im Ausland verständlicher machen.
"Diese Unterbezeichnungen sollen genau diese internationale Sichtbarkeit schaffen. Weil wir in fast der ganzen Welt außer in Österreich und der Schweiz eine duale Ausbildung in der Hochwertigkeit wie wir sie in Deutschland haben, fast nirgendwo kennen."
Karrierechancen ändern sich nicht
Die CDU-Politikerin will der Tatsache Rechnung tragen, dass in vielen Ländern die Ausbildung etwa zur Krankenschwester oder zur Erzieherin über ein akademisches Studium erfolgt. An den Ausbildungsinhalten und Karrierechancen ändere sich durch die neuen Bezeichnungen allerdings nichts, räumte Karliczek ein. Auch künftig wird etwa für Einstellungen in den öffentlichen Dienst ein Hochschulabschluss benötigt. Daran ändert auch der Titel "Master Professional in Betriebswirtschaft" nichts.
Kritik kam umgehend von der Hochschulrektorenkonferenz. Diese neuen Berufsbezeichnungen dürften auf keinen Fall so stehen bleiben, erklärte HRK-Präsident Peter-André Alt. Damit würden Intransparenz und Verwirrung im Bildungssystem nur noch größer. "Die Verwendung von Abschlussbezeichnungen in der beruflichen Bildung, die europaweit ausschließlich von Hochschulen vergeben werden, wäre auch im internationalen Kontext eine Quelle völlig unnötiger Missverständnisse", monierte Alt.
Etwas differenzierter sieht das die Opposition im Bundestag. Der Ansatz, mehr Gleichwertigkeit zwischen den Abschlüssen herstellen zu wollen, sei richtig, sagte Beate Walter-Rosenheimer, Expertin für Berufsbildung der Grünen.
"Aber natürlich ist das hier sehr viel zu kurz gegriffen, denn neue Bezeichnungen allein, die führen natürlich mitnichten zu mehr Gleichwertigkeit."
Reform der Hebammenausbildung beschlossen
Um die internationale Vergleichbarkeit herzustellen, sei es sinnvoller, den schon bestehenden Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen zu nutzen, der Berufsabschlüsse aus unterschiedlichen Ländern acht Ausbildungsniveaus zuordnet.
"Mit diesem DQR haben wir meiner Meinung nach schon ein sehr gutes Instrument und können mal in Ruhe noch mal über neue Labels nachdenken. Er soll und muss nach unserem Verständnis auch das sogenannte informelle und das nonformale Lernen und Wissen einstufen, also alles das, was Menschen können, ohne dass sie hierfür ein Zertifikat haben."
Neben der Novelle des Berufsbildungsgesetzes brachte die Bundesregierung heute auch die Reform der Hebammenausbildung auf den Weg. Künftig soll der Beruf über ein sechs bis acht Semester dauerndes duales Studium erfolgen, das Theorie und Praxis beinhalte und mit dem Bachelor abgeschlossen werde. Bislang erfolgte die Ausbildung über eine Hebammenschule. Dafür waren zehn Jahre Schulbildung notwendig, künftig werden es zwölf Jahre sein. Während der gesamten Ausbildungszeit sollen die angehenden Hebammen bereits bezahlt werden. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen.