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Besetzung des rheinischen Hambacher Forstes

Im Hambacher Forst unweit von Köln halten Klimaschützer ein Waldstück besetzt. Dort will der Energiekonzern RWE ein Braunkohlekraftwerk neubauen.

Von Axel Denecke | 04.09.2012
    Vor 40 Jahren noch war der Hambacher Forst ein 5000 Hektar großer Wald zwischen Köln und Aachen. Den größten Teil davon hat inzwischen der Braunkohletagebau verschlungen, - bis zu 450 Meter tief in die Erde graben sich hier im rheinischen Braunkohlerevier die Schaufelradbagger. Vom Forst übrig blieb nur ein schmaler Streifen entlang der Autobahn 4. Dieser soll nach den Plänen des Energieversorgers RWE bis 2020 aber ebenfalls fallen. Doch mitten in diesem Waldstück wohnt seit April diesen Jahres der 24-jährige Thomas Kreuter, - gemeinsam mit etwa zehn Mitstreitern in Zelten, Baumhäusern und Lehmhütten.

    "Der erste Monat war recht hart, also da hatten wir von vier Wochen ungefähr drei Wochen Regen und waren noch nicht sehr viele, saßen zum Teil zu zweit oder dritt hier im Camp, das war dann auch ein bisschen hart so ohne Infrastruktur zu leben."

    Vergessen sind die Anfangsschwierigkeiten der Besetzer, - die kleine Siedlung liegt im milden Spätsommerlicht verstreut zwischen den Bäumen. Die Badehütte mit den Solarduschen ist aus rohen Hölzern errichtet, in der offenen Küche unter einer großen Zeltplane gibt es von Unterstützern gespendete Lebensmittel, in einem Umsonstladen werden Alltagsgegenstände verschenkt, ein Pinnwand informiert Besucher und Bewohner und überall führen Kletterseile auf Plattformen in den Baumkronen. Hinter dem Waldrand arbeiten die Schaufelradbagger aber stetig weiter im größten Tagebau Europas.

    "Das rheinische Braunkohlerevier ist Europas größter CO2-Emittent und dazu kommen noch viele lokale Probleme durch den Tagebau."

    Der Bund für Umwelt und Naturschutz lastet dem Braunkohletagebau erhöhte Feinstaubemissionen in der Region, gefährliche Eingriffe in den Grundwasserhaushalt, und nicht zuletzt die Vertreibung tausender Menschen aus ihrer Heimat an. Der BUND hatte auch gegen die für den Tagebau Hambach geplante Verlegung der A4 geklagt, weil damit der Bestand einer seltenen Fledermausart gefährdet würde, - scheiterte damit aber 2009 vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ob eine erneute Klage gegen die Erweiterung des Tagebaus Erfolg haben wird, ist noch völlig offen. Deswegen ist es für Thomas Kreuter auch so wichtig, einen ganz anderen Weg zu gehen.

    "Klagen verlassen sich immer darauf, dass jemand Anders die Macht zugesprochen wird, und wir haben uns gesagt, wir wollen uns nicht auf Andere verlassen, sondern selbst etwas tun, damit dieser Wald bestehen bleibt."

    RWE aber will nicht lassen von der Kohle, die unter dem Wald lagert, und für die bereits die Abbaugenehmigung vorliegt. RWE-Sprecher Manfred Lang spricht vom Abbau im rheinischen Braunkohlerevier bis ins Jahr 2045 hinein. Mitte August erst wurde in Neurath bei Grevenbroich von RWE das größte Braunkohlekraftwerk der Welt in Betrieb genommen. Zwar ist es effizienter als die abgeschalteten Vorgängermodelle, bläst aber immer noch über die Hälfte der eingesetzten Energie ungenutzt in den Himmel. Derart produzierten Strom wollen und brauchen Thomas und seine Mitstreiterinnen nicht: Ihr Handy laden sie mit Solarstrom auf, Licht spenden ihnen Kerzen und Wärme das Holz des Waldes.

    "Also wir bauen jeden Tag unsere Infrastruktur weiter aus, bauen gerade an einem großen Küchengebäude, das jetzt mit Strohballen isoliert wird, auch winterfest gemacht. Wir haben hier eine keltischer Rundhütte, die auch mit Lehm verkleidet ist, und dann bauen wir hier überall Öfen rein, dann wird es schön warm im Winter."

    Ob der Winter im Hambacher Forst für die Besetzer aber so gemütlich werden kann, ist fraglich. RWE-Sprecher Manfred Lang sagt, dass das Unternehmen derzeit die illegale Aktion duldet, aber sobald man die Fläche für den Tagebau benötigt, wird man den Wald räumen lassen.