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Besser rechnen mit VIOLA

Änderungen in den starren Verbindungen des Internets erfordern immer noch manuellen Eingriff. Diese Netzwerktechnik flexibler zu machen, ist das Ziel eines deutschen Forschungsverbunds, das Ziel von VIOLA.

Von Thomas Reintjes |
    Viele Rechner stehen die meiste Zeit ungenutzt herum – der Bildschirmschoner läuft, der Prozessor langweilt sich. Das gilt für Privat-PCs genauso wie für viele Hochleistungsrechner. Der Gedanke, solche Leerlaufzeiten zu nutzen, ist nicht neu. Vor ein paar Jahren war etwa das Projekt Seti@home== populär, mit dem viele PCs noch heute nach Außerirdischen suchen. Eine Rechenaufgabe auf mehrere Computer zu verteilen, ist außerdem billiger als einen Hochleistungsrechner anzuschaffen, der allen Anforderungen gerecht wird. Stattdessen gibt es in deutschen Forschungseinrichtungen mehrere spezialisierte Hochleistungsrechner, die mit einem Hochleistungsnetz verbunden sind. Im Projekt VIOLA (Vertically Integrated Optical Testbed for Large Applications) wird erforscht, wie sich diese Ressourcen besser nutzen lassen. Das Besondere dabei liegt vor allem zwischen den einzelnen Rechnern, sagt Fraunhofer-Forscher Wolfgang Ziegler:

    "Vor VIOLA hat man im Wesentlichen auf die Rechenressourcen geachtet. Wenn man eine verteilte Anwendung hatte, die eben mehrere Rechenressourcen brauchte, hat man dafür gesorgt, dass diese Ressourcen zum gleichen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Auch das war nicht die Regel, denn der Regelansatz war "best effort", das heißt, man guckt, was man kriegt und wenn die Anwendung dann läuft ist gut und wenn sie nicht läuft, dann hat man eben Pech gehabt. Neu in VIOLA ist, dass man zusätzlich zu den Rechenressourcen auch organisieren kann, dass die Verbindungen, die Netzwerkverbindungen zwischen den einzelnen Rechenressourcen, die man braucht, verfügbar sind."

    Neu entwickelte Soft- und Hardware machen es möglich, dass Anwender sogar festlegen können, welche Rechner mit welcher Bandbreite verbunden werden sollen. Sie müssen also nicht die komplette Zehn- oder 40-Gigabit-Verbindung für ihre Anwendung blockieren, sondern können auf dem einen Teilstück zwei Gigabit, auf dem anderen sechs Gigabit pro Sekunde reservieren. Realisiert wird das durch so genannte Signalisierungen. Das heißt, dass eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung nicht mehr manuell und auf Antrag geschaltet wird, wie es bisher der Fall ist. Stattdessen findet das Netz selbst den besten Weg. Von einem Knotenpunkt zum nächsten springt das Signal, bis schließlich das Ziel erreicht ist, mit dem dann eine ständige Verbindung aufgebaut wird. Das Netz lässt sich also einfacher und vor allem flexibler nutzen. Deshalb ist die in VIOLA entwickelte Technik auch nicht nur für wissenschaftliche Anwender interessant, sondern auch für die Kommunikationsbranche. Anbieter wie die Deutsche Telekom, einer der Projektpartner in VIOLA, können damit in Zukunft schneller auf sich verändernde Datenströme reagieren. Noch ist es allerdings nicht so weit. Im Trial-and-error-Prinzip arbeiten die Wissenschaftler derzeit daran, das Netz zu optimieren. Das größte Problem dabei: Die Hardware von verschiedenen Herstellern, die sich nur selten auf Anhieb miteinander versteht. Hauptgrund dafür ist, dass es zum Teil noch keine fertigen Standards gibt, entsprechend besteht auch ein Teil der Hardware aus Prototypen. Ferdinand Hommes vom Fraunhofer-Institut für Medienkommunikation lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Das dreijährige VIOLA-Projekt laufe knapp ein Jahr nach dem Start nach Plan:

    "Wir werden ein vernünftiges Endergebnis hinbekommen. Wir haben ja einen genauen Arbeitsplan für diese drei Jahre. Im Moment sind wir voll in der Zeitplanung. Wir werden auch das, was wir uns vorgenommen haben, erreichen. Aber es ist natürlich so, im Laufe der drei Jahre sind ja auch neue Probleme aufgetaucht, es gibt neue Technologien, sodass vieles dafür spricht, in einem weiteren Projekt ein Testbed noch mal aufzusetzen für die neuen Sachen."

    Auch VIOLA ist ein so genanntes Testbed. Dieses dient nicht nur dazu, das Netz und die Netzwerktechnik selbst zu erforschen, sondern steht anderen Forschern schon zur Verfügung. So wird das verteilte Rechnernetz mit seinen neuen Technologien genutzt, um etwa die Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser zu berechnen. Wolfgang Ziegler glaubt, dass in Zukunft vielleicht sogar Endnutzer wie kleine Firmen über ein solches Netz direkt Rechenzeit und Bandbreite reservieren können. Bis dahin muss allerdings noch viel geforscht werden:

    "Eine Herausforderung ist, dass der Benutzer jetzt ziemlich genau wissen muss, wie sich seine Anwendung verhält. Und in einem anderen Projekt, in Luzifer zum Beispiel, da versuchen wir, die Anwendung selbst schon so zu instrumentieren, dass die Anwendung in etwa weiß, welchen Ressourcenbedarf sie hat, sodass der Anwender nicht mehr gezwungen ist, das für jede Anwendung nachzuhalten, sondern die Anwendung selbst das Wissen zur Verfügung stellt."