Freitag, 29. März 2024

Archiv

Bilanz zur Fußball-EM
"Frankreich-Deutschland war das eigentliche Finale"

Eine langweilige Vorrunde und ein Finalist, der das Erreichen des Endspiels nicht verdient hat: Insgesamt sei es eine enttäuschende Fußball-Europameisterschaft gewesen, sagte Fußball-Historiker Dietrich Schulze-Marmeling im DLF. "Die Qualität solcher Turniere kommt nicht an die K.o.-Phase der Champions League heran."

Dietrich Schulze-Marmeling im Gespräch mit Astrid Rawohl | 09.07.2016
    Szene im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft zwischen Deutschland und Frankreich.
    Das Halbfinale zwischen Deutschland und Frankreich (pa/dpa)
    In der Vorrunde der EURO 2016 sei er teilweise eingeschlafen, berichtete DFB-Kenner Dietrich Schulze-Marmeling im DLF. Nicht die Zahl der Mannschaften, sondern der Modus, dass die vier besten Gruppendritten weiterkommen, sei der Grund dafür gewesen, dass die Vorrunde langweilig und unattraktiv verlaufen sei: "Der Modus bevorteilt Mannschaften, die sich erstmal hinten reinstellen. Man spielt sehr abwartend."
    So konnte sich etwa Nordirland im Gruppenspiel gegen Deutschland ausrechnen, dass mit einem einigermaßen respektablen Torverhältnis drei Punkte zum Weiterkommen reichen.
    Spieler waren müde
    Ab der K.o.-Runde sei es dann besser geworden. Die Spieler seien müde, überspielt, mental ausgelaugt. Zudem sei ein Turnier keine Meisterschaft, erklärte Autor Schulze-Marmeling: "Jeder Fehler wird bestraft, da spielen auch Zufälle eine Rolle."
    Das Finale zwischen Frankreich und Portugal sieht Schulze-Marmeling ebenfalls kritisch. Portugal habe es nicht verdient, sei nur mit drei Unentschieden in die K.o.-Runde gekommen. "Frankreich-Deutschland war das eigentliche Finale der EM."
    DFB fehlen die Stürmer
    Bester deutscher Spieler der EM war für Schulze-Marmeling Bayern-Verteidiger Jérôme Boateng. Vielleicht, so seine These, hat er auch durch seine Verletzung im Vorfeld des Turniers profitiert, weil er so wenig Bundesliga- und Champions-League-Spiele absolviert hat und so frischer war als zum Beispiel der ausgelaugte Thomas Müller.
    Schulze-Marmeling machte auch ein Ausbildungsdefizit aus: "Deutschland fehlen die Außenverteidiger und die Stürmer. In der Bundesliga werden diese Positionen oft von Ausländern besetzt."
    Das vollständige Gespräch können Sie mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.