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Bildungspolitische Bilanz

Erwin Teufel tritt heute von seinem Posten als Ministerpräsident zurück. Der Mann hat im Bildungs- und Hochschulpolitik einiges bewegt – Baden- Württemberg nimmt sowohl im Ländervergleich als auch im europäischen Vergleich in vielen Bereichen Spitzenplätze ein. Doch bisweilen hatte er in Gutsherrenart Entscheidungen getroffen. Eine Bilanz seiner 14-jährigen Amtszeit.

Von Uschi Götz |
    Der so genannte PISA- Schock trifft einst auch Baden- Württemberg. Doch in der Not sind die Schwaben erfinderisch. Schnell wird klar: wir schneiden im internationalen Vergleich zwar nicht gut ab, aber im Vergleich zu anderen Bundesländern sind wir immer noch besser! Schwäbischer Zweckoptimismus, auch von anderen längst erkannt, wie jüngst vom ehemaligen thüringischen CDU - Ministerpräsident Bernhard Vogel:

    "Ein baden- württembergischer MP muss Föderalist sein, denn selbst bei der PISA – Studie liegt Baden-Württemberg näher bei Finnland als bei Bremen."

    Zielsicher holt Teufel vor 10 Jahren Annette Schavan in sein Kabinett. Die Kultusministerin ist reformfreudig: das so genannte Turbo-Abi wird eingeführt, auch der Fremdsprachenunterricht an Grundschulen; hochbegabte Kinder werden gezielt gefördert, aber auch lernschwache Schüler. Das gefällt Teufel. Kurz vor seinem Amtsende kündigt er noch ein weiteres viel versprechendes Vorhaben an: den Ausbau der Sprachförderung für Kinder im Vorschulbereich. Aber auch der Hochschulbereich wird noch einmal bedacht – 66 Millionen Euro aus einer Landesstiftung werden für Strukturinvestitionen ausgeschüttet. Wer sät wird ernten – sagt Teufel:

    "Bei der Zukunftsoffensive vier geht es wieder darum, dass wir die Zeichen der Zeit jetzt erkennen. Die Herausforderungen, die Zukunftsbranchen, in die investiert werden muss. Dass wir unseren Universitäten Mittel zur Verfügung stellen, dass sie bei Eremitierungen Rufe erteilen können an Spitzenpersönlichkeiten, dass sie die Lehrstühle entsprechend ausstatten können. Dass wir den Kampf um die besten Köpfe im Land gewinnen."

    Unbestritten: Baden- Württembergs Hochschulen liegen vorne. Hochschulrankings bestätigen das. Doch, ob das so bleibt ist fraglich – denn jetzt ist erst einmal das Geld weg. Theresia Bauer, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, wirft dem scheidenden Ministerpräsident vor:

    "Erwin Teufel hat dem so genannten Erwin IV Programm sich noch mal ein Denkmal gesetzt. Es ist ein vergeudetes Denkmal. Das sind die letzten finanziellen Spielräume, die in der Landesstiftung verbleiben, die jetzt unter seiner Regie im Forschungsbereich noch einmal vergeben werden. Wahrscheinlich im einzelnen gar keine schlechten Programme aber das entscheidende ist, dass es noch einmal auf sein Konto geht."

    Viele Reformen im Hochschulbereich wurden unter Teufel auf den Weg gebracht – Formuliertes Ziel dabei: auf gleicher Augenhöhe mit den weltweit besten Wettbewerbern konkurrieren zu können. Doch Theresia Bauer bezweifelt in diesem Bereich den Gestaltungswillen Teufels:

    " Wenn man sich genau anschaut, wie Hochschulpolitik hier gemacht wurde, dann sieht man, dass Teufel seine reformfreudigen Wissenschaftsminister immer wieder ausgebremst hat. Er war nicht der Modernisierer, sondern er hat immer wieder gezeigt, dass er bestimmte Neuerungen nicht mitmacht. "


    So empfahl vor fünf Jahren eine Lehrerfortbildungskommission die Pädagogischen Hochschulen im Land in die Universitäten zu integrieren, um der Lehrerbildung einen größeren Stellenwert zu geben. Der damalige Wissenschaftsminister Klaus von Trotha stand einer solchen Reform aufgeschlossen gegenüber, Teufel war strikt dagegen. Also blieb alles wie es war. Auch die Modernisierung der verwaltungsinternen Fachhochschulen komme im Land nicht voran, so Bauer:

    "Es ist überfällig, diese Fachhochschulen zu öffnen. Sie für normale Studierende zugänglich zu machen, sie auch mit Bachelor- und Masterabschlüssen zu versehen. In den Hochschulen selber wird dies auch gewollt. Gescheitert ist diese Reform an Ministerpräsident Teufel. Uns war allen klar, solange der alte Ministerpräsident noch da ist, wird sich nichts verändern."

    Ändern wird sich möglicherweise auch ein Brauch: so kann der Ministerpräsident Ehrenprofessoren ernennen. Davon hat er in der vergangenen Zeit auffällig oft Gebrauch gemacht. Sein Freund und politischer Weggefährte – Bernhard Vogel hat den zierenden Titel erhalten, ebenso Daimler-Chrysler Chef Jürgen Schrempp:

    " Wenn es ihm gepasst hat, hat er einfach ernannt, ohne das zuständige Wissenschaftsministerium zu fragen. Wenn es ihm beliebt hat, hat er mal nachgefragt, ansonsten hat er selbst entschieden. "

    Zumindest im Fall Schrempp wurde Wissenschaftsminister Peter Frankenberg nicht gefragt. Teufel räumt zwar heute seinen Schreibtisch, aber er geht nicht – wie er das mit 65 Jahren durchaus könnte- in den Ruhestand. Nein, Teufel will jetzt auch studieren und zwar Philosophie in München. Einige Kommilitonen haben sich bereits mit ihm verabredet, eine Studentenbude hat er auch schon.