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Bildungsprogramme während Coronakrise
ARD macht Schule

In Deutschland stellen sich die Öffentlich-Rechtlichen gerade neu auf, um auf die Schließung der Schulen durch das Coronavirus zu reagieren: Sie sammeln Lerninhalte und stellen neue Formate für Schülerinnen und Schüler auf die Beine.

Von Annika Schneider | 19.03.2020
Ein Laptop, ein Notizblock und Kopfhörer eines Schulkinds liegen auf einem Schreibtisch
Laptops, Notizblöcke und Kopfhörer gehören aktuell zum Heimschulalltag vieler Kinder (imago images / Fotoarena)
Ein Mann in Jackett und Pullover steht vor einer Kreidetafel, daneben das anatomische Modell eines Oberkörpers: "Welche Produkte haben wir eigentlich im Haushalt? Wie leben wir eigentlich auch hier in Europa, hier in Mitteldeutschland, davon dass der tropische Regenwald so viele Produkte bietet? Und da will ich euch jetzt einfach mal losschicken. Ihr geht einfach mal für ein, zwei Minuten durch den Haushalt und guckt: Was ist eigentlich aus den Tropen da?"
Ein Ausschnitt aus der MDR Wissen "Schulstunde", die seit Montag täglich auf YouTube und Facebook läuft. Professor Martin Lindner von der Uni Halle erklärt Themen aus der Biologie, gestern: Biodiversität. Entwickelt wurde das Format innerhalb weniger Tage, wie Daniel Vogelsberg erzählt, Redaktionsleiter von MDR Wissen.
"Wir saßen Freitag in der Redaktion zusammen, bereits in stark verkleinerter Runde, die meisten waren virtuell zugeschaltet per Skype. Und es ging ja durch die Nachrichten, dass spätestens kommende Woche Kitas und Schulen dicht gemacht werden. Und da wir selbst viele Mütter und Väter haben, lag auf der Hand: Was können wir da machen, gerade als Redaktion Wissen und Bildung, um den Kids etwas zu Hause zu bieten?"
Öffentlich-Rechtliche reagieren auf Unterrichtsausfall
So entstand die "Schulstunde", realisiert mit minimaler Technik. Noch ist die Resonanz mäßig: Live sahen das Format rund 350 Menschen, die per Chat Fragen stellen konnten. Die Rückmeldungen waren allerdings positiv: "Danke, dass ihr das macht. Der Unterricht ist besser als in der Schule", schrieb ein Nutzer. Es ist eines von vielen Angeboten, mit denen die Öffentlich-Rechtlichen derzeit auf den Unterrichtsausfall reagieren. Nicht alles muss dafür neu produziert werden - in den Archiven liegen schon viele Inhalte, die die Sender jetzt neu bündeln und etikettieren.
Die Redaktionen setzen vor allem auf Online-Formate: Zur Corona-Krise hat das ZDF diese Woche nicht nur einen Kanal mit Inhalten von Terra X eingerichtet, sondern in seiner Mediathek auch ein "Virtuelles Klassenzimmer" bestückt. Dort finden sich Videos zu Geschichte, Erdkunde und anderen Fächern, sortiert nach Jahrgangsstufen. Das Angebot werde gut angenommen, heißt es beim ZDF. Das gilt auch für andere Formate.
Nischenplattformen rücken in den Fokus
Dass vormittags nun Millionen Schülerinnen und Schüler zu Hause sind, birgt für Spartenprogramme eine große Chance. Bei "Planet Schule", dem Nachfolger des Schulfernsehens in SWR und WDR, haben sich die Zugriffszahlen seit Anfang der Woche verfünffacht - vor allem die Einheiten zu Sprachen und Naturwissenschaften sind gefragt.
Auch andere Plattformen, die sonst eher ein Nischendasein fristen, rücken in den Fokus: Der Digitalsender ARD alpha, verantwortet vom Bayerischen Rundfunk, bietet nicht nur ein lineares Programm, sondern auch eine Online-Plattform mit rund 1.200 Lernvideos - abgestimmt auf die Lehrpläne der Schulen. Jetzt explodieren die Zugriffszahlen: Noch nie sei eine Themenseite des BR so erfolgreich gewesen, berichtet Werner Reuß, der beim BR den Programmbereich Wissen und Bildung leitet.
"In dieser Zeit, in der der Staat nicht in gewohntem Umfang seiner staatlichen Aufgabe nachkommen kann, nämlich Schülerinnen und Schüler zu beschulen, hier ein Angebot zu machen, ein mediales Angebot, das ist, glaube ich, die richtige Antwort in diesen Zeiten, die auch dem Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und auch seinem Selbstverständnis entspricht."
Programm kann Unterricht nicht ersetzen, aber begleiten
Unterricht ersetzen könne das Programm allerdings nicht, stellt er klar: "Unterricht ist klassische Bildungsarbeit und klassische Bildungsarbeit ist immer auch Beziehungsarbeit. Das heißt, es kommt für den Lernerfolg natürlich auch an auf das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden und deshalb können wir das nicht ersetzen."
Begleiten können die Sender die Kinder und Jugendlichen aber durchaus - nicht nur mit Lerninhalten, sondern auch mit altersgerechten Informationen zum Coronavirus und mit Tagesstruktur. Der Kinderkanal Kika hat dafür eigens eine neue Vormittagsschau geschaffen: "Gemeinsam zu Hause". Das ist deshalb beachtlich, weil die Redaktionen durch Corona selbst unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Zu hören ist aber auch: Viele Bildungsredaktionen sind gerade deswegen hoch motiviert.
Einige Bildungsangebote der Öffentlich-Rechtlichen im Überblick:

alpha lernen
BR Mediathek: Schule daheim
mebis
Planet Schule - Lernen, wenn die Schule zu istDie Sendung mit der Maus
SWR Kindernetz
Mikado - Das Kinderradio
KiKA - Gemeinsam zuhause
Aktion Schulstunde
So geht Medien
Die MDR Wissen Schulstunde