Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Bildungssenator zu Grundgesetzänderung
"Am Ziel sind wir damit noch lange nicht"

Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) hat den Beschluss zur Lockerung des Kooperationsverbots begrüßt, mahnte aber nun eine rasche Umsetzung der Bund-Länder-Vereinbarung zum Digitalpakt an. "Es wird wirklich an der Zeit, dass es hier ein Aufbruchsignal gibt", sagte er im Dlf.

Ties Rabe im Gespräch mit Regina Brinkmann | 02.05.2018
    Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) stellt den OECD-Bericht «Bildung auf einen Blick 2016» am 15.09.2016 in Berlin vor.
    Die Digitalisierung der Schulen "ist ein Vorhaben, das Deutschlands Bildung nach vorne bringen kann", sagte Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe im Dlf (picture-alliance / dpa / Jörg Carstensen)
    Regina Brinkmann: Das Wort "finanzschwach" soll verschwinden, und zwar aus dem Artikel 104c des Grundgesetzes, denn bislang erlaubt der dem Bund nur sehr klammen Kommunen, bei der Sanierung und dem digitalen Ausbau ihrer Schulen unter die Arme zu greifen. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek will das ändern und hat jetzt dazu die ersten Maßnahmen eingeleitet.
    Länder und Kommunen warten ja schon länger als mal geplant auf das Geld für eine bessere digitale Ausstattung der Schulen. Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe ist einer der Wartenden. Herr Rabe, wie zufrieden sind Sie jetzt mit der Ankündigung der Ministerin?
    Ties Rabe: Das ist ein erster Schritt, dass jetzt die Grundgesetzänderung eingeleitet wird, aber am Ziel sind wir damit noch lange nicht und ich finde, das Ziel sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Das besteht darin, dass die Schulen Geld bekommen, um bessere Computerausstattung umzusetzen und ich finde, wir können uns jetzt noch nicht ausruhen, sondern müssen parallel zur Grundgesetzänderung auch die Eckpunkte und die Bund-Länder-Vereinbarung zum Digitalpakt fertigstellen, damit dann schnell gehandelt werden kann.
    "Eckpunkte zügig in eine richtige Vereinbarung gießen"
    Brinkmann: Das hat sie auch in Aussicht gestellt. Was sollte denn aus Ihrer Sicht in dieser Bund-Länder-Vereinbarung vor allen Dingen drinstehen?
    Rabe: Das Gute ist, dass die Bund-Länder-Vereinbarung durch bestimmte Eckpunkte beschrieben wird, und diese Eckpunkte haben die Staatssekretäre von Bund und Ländern schon vor über einem Jahr einvernehmlich miteinander verhandelt. Es besteht darin, dass der Bund Geld bereitstellt dafür, dass die Digitalausstattung der Schulen verbessert wird, damit wir Wireless LAN zum Beispiel in Klassenräumen bekommen können, damit die Schüler mit Laptops und Smartphones und anderen Geräten arbeiten können. Und die Länder ihrerseits müssen die Bildungspläne ändern und müssen natürlich auch die Lehrkräfte fortbilden.
    Diese Eckpunkte stehen lange fest. Es ist jetzt eher an der Zeit, dass wir sie zügig in eine richtige Vereinbarung gießen, und das können wir parallel zum Grundgesetzverfahren machen und dann auch schnell anfangen, damit möglichst in diesem Jahr schon an den Schulen die erste Bewegung zu erkennen ist.
    Digitalpakt nicht hintanstellen
    Brinkmann: Befürchten Sie denn da vielleicht noch Reibungsverluste?
    Rabe: Ich befürchte ein bisschen, dass die Strategie [ist, d. Red.], jetzt erst einmal in großer Ausführlichkeit die Grundgesetzänderung, die ja nicht nur den Digitalpakt der Schule betrifft, sondern die auch noch ganz viele andere Bestandteile hat, jetzt ausführlich mit allen Ländern und mit allen Beteiligten zu verhandeln und erst danach sich mit dem eigentlichen Thema, nämlich dem Digitalpakt, auseinanderzusetzen. Das hielte ich schon für einen großen Fehler. Wir können die beiden Fragen parallel laufen lassen, wir können das trennen, damit dann möglichst beides gleichzeitig kommt und nicht in einem langwierigen Verfahren nacheinander läuft.
    "Ich kenne dort keinen, der dagegen ist"
    Brinkmann: Wie zuversichtlich sind Sie denn, dass die Grundgesetzänderung zur besseren Ausstattung von Schulen auch die nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament rasch bekommt? Ohne die Stimmen der Opposition wird das ja nicht gelingen. Die FDP hat schon angemeldet, dass sie noch Bedingungen stellen will.
    Rabe: Es gibt Teile der Grundgesetzänderung, die, glaube ich, sehr konsensual sind, dieser zum Beispiel zum Thema Digitalpakt. Ich kenne dort keinen, der dagegen ist. Die Frage ist in der Tat, ob die Opposition es nutzt, um hier andere Dinge noch mit hineinzubringen. Dann kann das vielleicht etwas länger dauern. Das wünsche ich mir nicht. Das wäre für die Lehrer, für die Schüler, für die Eltern eine schlimme Entwicklung, wenn jetzt nach anderthalb Jahren Wartezeit noch mal anderthalb Jahre dazukommen würden. Wir müssen mit der digitalen Bildung schon langsam mal anfangen und nicht nur drüber reden.
    "Es ist wirklich Zeit für ein Aufbruchssignal"
    Brinkmann: Ja, anderthalb Jahre Wartezeit, so lange hing sie bislang schon in der Warteschleife. Wie sehr hat das diesem Projekt der Digitalisierung der Schulen bislang geschadet?
    Rabe: Es hat zumindest auf allen Seiten großen Ärger ausgelöst. Es war wirklich ein Vorhaben oder es ist ein Vorhaben, das Deutschlands Bildung nach vorne bringen kann. Wir sehen in vielen anderen Ländern, da sind Computer, Laptops, Smartphones im Unterricht selbstverständlich. Das heißt auch nicht das Ende des Schulbuchs. Die sollen alle weiter mit Arbeitsheften und Schulbüchern arbeiten, aber ergänzend eben auch mit digitaler Technik, und man ist mit großer Euphorie gestartet, viele haben an den Eckpunkten mit gearbeitet, die Schulen haben Arbeitsgruppen in allen Bundesländern eingesetzt, auch die Ministerien, und seitdem hängt das in der Warteschleife. Das ist insgesamt für das Projekt ein unglücklicher Start, und es wird wirklich an der Zeit, dass es hier ein Aufbruchssignal gibt.
    Brinkmann: Das wünscht sich Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Rabe!
    Rabe: Vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.