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Biometrie
Mehr Sicherheit bei der Online-Identifikation

Die Steuererklärung digital über das Internet abzugeben, ist kein Problem. Weniger komfortabel sieht es aus, wenn man andere Amtsgeschäfte von zu Hause aus digital erledigen will. Um sich dafür online ausweisen zu können, hat eine Firma aus Chile eine digitale Ausweiskontrolle entwickelt.

Von Piotr Heller | 18.09.2019
Das Foto zeigt einen Computer-Bildschirm, auf dem ein menschliches Gesicht biometrisch vermessen wird.
Gesichtserkennung mittels Biometrie: Die Künstliche Intelligenz ist unglaublich datenhungrig (dpa / picture alliance / picturedesk.com / Hans Ringhofer)
In der Lobby, am Rande der Konferenz, hat Ricardo Navarro seinen chilenischen Personalausweis auf einen Tisch gelegt. "Da ist mein Personalausweis und ich will jetzt die App benutzen." Die App auf seinem Smartphone demonstriert eine Technologie, die Ricardo Navarro mit seinem Unternehmen TOC Biometrics entwickelt hat. Sie dient dazu, sich über das Internet auszuweisen. Die Idee einer automatischen Ausweiskontrolle mag simpel klingen, die Technologie dahinter ist es aber nicht. Zunächst muss er ein Selfie aufnehmen.
"Jetzt sehen wir diese Gittermaske auf dem Bildschirm. Die App sagt, dass ich mit meinem Gesicht den Bewegungen dieser Maske folgen soll. Das mache ich jetzt." Ricardo Navarro dreht sein Gesicht nach links, dann schaut er wieder frontal in die Kamera – eben so, wie die Maske auf dem Bildschirm das vorgibt. Die Bewegungen sind zufällig. So stellt das System sicher, dass nicht jemand ein Foto vom Gesicht eines anderen vor die Smartphone-Linse hält. Es achtet noch auf weitere Details: "Ich kann nicht alles verraten, was hinter dieser Technologie steckt. Aber ich kann zum Beispiel sagen, dass die Art, wie das Gesicht Licht reflektiert, vollkommen anders ist als bei einem Bildschirm oder einer Papiermaske."
Identitätsprüfung für digitale Geschäftsprozesse
Damit hat das System erkannt, dass wirklich eine echte Person in die Kamera schaut. Der nächste Schritt ist, den Personalausweis zu fotografieren. Ricardo Navarro hält sein Smartphone über den Ausweis. "Jetzt macht es automatisch ein Foto. Da. Aber nur, wenn da ein echter Ausweis liegt, andernfalls würde es kein Foto machen." Denn auch hier könnten Übeltäter zum Beispiel versuchen, das Foto auf dem Ausweis zu ändern, um sich dem System gegenüber als jemand anderes auszugeben.
Doch Ricardo Navarro sagt, dass sein Team dem System durch maschinelles Lernen beigebracht haben, solche Fälschungen zu erkennen. "Wir haben das System zum Beispiel darauf trainiert, zu erkennen, ob es auf einen Computerbildschirm schaut oder auf einen Ausweis, der mit einem Drucker ausgedruckt wurde." Das System hat Ricardo Navarros Ausweis akzeptiert und alle Details wie etwa die Personalausweisnummer ausgelesen. Dann hat es sein Gesicht mit dem auf dem Ausweis abgeglichen. "That's it, that is all." "Das war’s", sagt Ricardo Navarro. Er hat sich jetzt ausgewiesen und könnte über das System online einen Vertrag abschließen. In Chile, so sagt er, könne man heute schon Amtsgeschäfte auf diese Art erledigen.
"Robuste" Sicherheit bei der Identitätsprüfung von Personen
Pro Monat werde diese Methode etwa 100.000 Mal genutzt, Tendenz steigend. Seine Firma expandiere inzwischen auch ins Ausland. Betrugsfälle seien ihm nicht bekannt. Natürlich bietet es, wie jede technische Anwendung, keine absolute Sicherheit. Aber Ricardo Navarro sagt, dass es Ausweise besser kontrollieren kann, als es etwa ein Mensch am Bankschalter könnte.
Anderswo gibt es bereits ähnliche Systeme, zum Beispiel das der niederländischen Firma Safened, das es ermöglicht, online ein Bankkonto zu eröffnen. Das Besondere an diesen Methoden ist, dass sie zwar biometrisch sind – man weist sich im Grunde mit dem Gesicht aus –, aber es gibt keine Datenbank, mit der die Informationen abgeglichen werden. Die biometrischen Daten werden nirgends gespeichert, sondern es wird lediglich das Gesicht mit dem Ausweisbild abgeglichen.
"Warum sollten wir es uns herausnehmen, die Fotos von jemandem zu speichern? Wir speichern sie nicht. Wir haben keine Datenbank. Wir glauben, die einzigen, die so etwas speichern sollten, sind die Staaten, die Ausweise herausgeben. Wir nutzen dann nur noch diese Ausweise, von denen wir wissen, dass sie gewissenhaft ausgegeben wurden. Das macht den ganzen Prozess sicher."