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Bits und Bytes in der Audio-Welt

In München begann heute die Kongressmesse der Toningenieur-Vereinigung AES ('Audio Engineering Society'), auf der sich alles um den guten Ton dreht. Die Tonmeister und Soundbastler aus den Studios und Rundfunkanstalten sehen sich zunehmend einer Digitalisierung ihres Handwerks gegenüber. Neben dem guten Ohr haben daher Informatik-Kenntnisse im Beruf des Toningenieurs an Bedeutung gewonnen.

    Mit der DVD und dem Surround-Sound beim digitalen Heim-Kino-Erlebnis kommt auch eine neue Ton-Wiedergabe-Technik ins Spiel, der Mehrkanalton 5.1. Dieses System platziert fünf Lautsprecher beim Kunden: eine zentrale Mitten-Box und je zwei Front und Hintergrund-Boxen. Beim Kinofilm wird der Mehr-Kanal-Ton meist im Mischpult passend abgemischt. Konzertaufnahmen brauchen hingegen eine spezielle Mikrofonanlage, um das Klangereignis aus dem Saal ins Wohnzimmer zu übertragen. Dafür hat die Firma Sennheiser nun ein Mikro entwickelt, das zum einen den Hörbereich für die DVD auf 50 Kilohertz erweitert - die HiFi-Norm geht nur von maximal 22 Kilohertz aus. Dem Surround-Trend folgend hat Sennheiser die Anlage auch mit fünf Mikros auf der AES vorgestellt, deren Sinn Ulrich Apel von Sennheiser erläutert: "Das ist eine Mikrofon-Anordnung, die wie eine Spinne aussieht: Ihr Hauptmikrofon ist direkt vorne, dann gibt es eine Basis in normaler Stereoanordnung, und dann gibt es noch die beiden hinteren Kanäle, die noch einmal versetzt sind. Das Ganze basiert auf der Diplom-Arbeit eines Akustikers. Er hat sich mit der so genannten idealen Nierenanordnung beschäftigt. Diese Anordnung nehmen wir als Basis."

    Kommen die Sennheiser-Ingenieure noch aus der klassischen Tontechnik, so ist die Branche mit der Digitalisierung vielfach mit Informatikern durchsetzt. Der Ton wird auch nicht mehr aus Bändern oder Kassetten aufgezeichnet, sondern digital auf Festplatten gespeichert. Damit wird er wie ein Formular, ein Bild oder ein Text in einem Computernetzwerk verarbeitet. Für den aus den Niederlanden stammenden Software-Entwickler Ron Smits ist Audio nur Nebensache, der PC wird zum Handwerkszeug für die Programmmacher. Für Radiostationen, die ihr Publikum aktiv in die Programmplanung und zum Mitspielen einladen, hat Smits' Unternehmen Digivote entwickelt: "Das Digivote-System erlaubt dem Hörer, über Telefon, über eine Website oder über SMS abzustimmen. "

    Vor allem der Transport von Audio-Dateien in lokalen und weltweiten Computernetzen ist das Entwicklungsgebiet von Detlef Wiese, Geschäftsführer von Mayah-Communication. Knapp ein Dutzend Mitarbeiter kümmern sich bei Mayah darum, dass Radioprogramme in Firmennetzen, aber auch zwischen den Rundfunkanstalten schnell und sicher ausgetauscht und in hoher Hörqualität empfangen werden können. Hilfreich ist die Weiterentwicklung von Datenreduktionsverfahren wie MP3. Damit lassen sich auch schmalbandige Übertragungswege wie bei der digitalen Mittelwelle oder über drahtlose Netzwerke ("Wireless Lan") nutzen, bisher eine große Hürde für die Audio-Ingenieure. Detlev Wiese: "Ich denke, das wir gerade an einem Punkt sind, wo der Knoten platzen könnte. Denn wir nähern uns einerseits an, was die Bitraten der Audio-Ströme anbelangt: Sie gehen bei sehr guter Qualität immer weiter nach unten." Auf der anderen Seite bieten moderne Technologien in den drahtlosen Netzen wie GPRS oder ganz zu schweigen von UMTS immer größerer Bandbreiten - eben auch für Audio-Anwendungen. Für eine weitere Schwierigkeit fand Detlev Wiese zusammen mit Partnern aus Irland eine Lösung. Die Verzögerungszeiten beim Codiervorgang können auf ein bis zwei Millisekunden gesenkt werden. Das ist weniger als ein Zehntel der Zeit, die beim klassischen MPEG-Verfahren benötigt wird, das heute in der Studio-zu-Studio-Kommunikation verwendet wird.

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    AES Kongressmesse in München.

    [Quelle: Gerd Pasch]