Das bezeichnet nicht nur meine ethische Weltauffassung mit der der Leser natürlich nicht übereinstimmen muss -, sondern auch eine realistische Weltauffassung: Menschen diskutieren und beteiligen sich an Entscheidungsprozessen, Pinien und Pinguine nicht.
Wenn letztere aussterben oder selten werden, dann ist dies für Lomborg nicht in jedem Fall schlimm - man sollte abwägen, ob die Erhaltung etwa einer Tierart sich für den Menschen lohnt oder nicht. Auch eine mögliche Verknappung von Umweltgütern wie Rohstoffen, Wasser oder sauberer Luft wird so von vornherein relativiert:
Das einzige knappe Gut ist das Geld, mit dem die Probleme gelöst werden können.
Der größte Teil des Buches besteht aus Kapiteln zu einzelnen Umweltproblemen. Mit umfangreichen Statistiken bringt Lomborg Belege für die Verbesserung der Umwelt-Situation: Die Produktion von Nahrungsmitteln steige auch in wenig entwickelten Ländern schneller als die Bevölkerung wachse, nie zuvor habe ein so großer Teil der Menschheit genug zu essen gehabt. Die Wälder seien allenfalls regional in manchen tropischen Ländern als Folge von schlechtem Management und Unterentwicklung bedroht. Die Vorräte an Öl, Metallen und anderen Ressourcen seien viel größer als früher vermutet und sie gingen auf absehbare Zeit nicht zur Neige. Wasserknappheit ließe sich durch bessere Nutzung verhindern. Die Umweltverschmutzung lasse mit der Entwicklung besserer Technologien und eines höheren Wohlstandes nach, die Luft sei in den Städten der Industrienationen zum Teil so gut wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Auch die Probleme von morgen, ein zweiter Schwerpunkt des Buches, seien viel kleiner als oft behauptet und sie seien lösbar: Das vermehrte Auftreten von Krebserkrankungen habe kaum etwas mit Pestiziden und Chemikalien zu tun, sondern vor allem mit dem Lebensstil der Menschen und der Alterung der Gesellschaft. Der Verlust an biologischer Vielfalt, das Artensterben, werde stark über-trieben dargestellt, das gleiche gelte für den Treibhauseffekt, in dem Lomborg immerhin ein Problem sieht. Er selbst zieht das Resümee:
Kinder, die heute geboren werden - sowohl in den Industrieländern als auch in den Entwicklungsländern - leben länger und gesünder, haben mehr zu essen, eine bessere Ausbildung, einen höheren Lebensstandard, mehr Freizeit und sehr viel mehr Möglichkeiten - ohne das die Umwelt zerstört wird. Und das ist eine wunderbare Welt.
Es liegt auf der Hand, dass man mit solch unüblichen und provokanten Thesen in ein Wespennest der Kritik stößt, und in der Tat hat es neben enthusiastischem Lob schon kurz nach Erscheinen des englischsprachigen Originals viel Kritik gegeben. Sie ist zu einem großen Teil berechtigt. Denn Lomborg vermittelt ein sehr schiefes und einseitiges Bild der Wirklichkeit. Zwar hat er Recht damit, dass die Menschen in den Industrieländern wie auch in vielen Entwicklungsländern heute viel besser leben als früher und dass es in Bezug auf die Umwelt auch viele Verbesserungen gibt. Völlig ausgeblendet wird jedoch, dass diese Entwicklung etwas mit den frühzeitigen und zum Teil drastischen Warnungen von Umweltschützern zu tun haben könnte. Lomborg bringt es fertig, die Erfolgsbilanz des Umweltschutzes in eine Philippika gegen die Umweltbewegung umzuschreiben. Ausführlich und genüsslich zitiert er dabei teils sehr alte und drastische Warnungen, ohne zu berücksichtigen, dass gerade drastische Befürchtungen dazu beigetragen haben, dass sie später dann doch nicht Wirklichkeit geworden sind.
Dazu kommt der Umstand, dass die Aussagekraft von Statistiken ihre Grenzen hat, vor allem, wenn Unsicherheit dazukommt. Dies wird besonders deutlich im Kapitel über den Klimawandel, das umfangreichste Kapitel in Lomborgs Buch. Zwar weist der Autor selbst darauf hin, dass der internationale Klimabeirat der Vereinten Nationen eine große Spann-weite möglicher Klimaentwicklungen in Erwägung zieht - die Klimamodelle sind einfach noch nicht weit genug, um wirklich detailliert vorherzusagen, was passieren wird und wie diese Entwicklungen zu beeinflussen sind. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, einen drastischen Klimawandel für unwahrscheinlich zu erklären und dann auch noch detaillierte Kostenschätzungen für unterschiedliche Varianten der Klimapolitik vorzulegen. Die Zahlen, zu denen er kommt, werfen für Lomborg die Frage auf, ob sich Klimaschutz überhaupt lohnt.
Man hat auch festgestellt, dass sich die Bekämpfung des Treibhauseffekts nicht lohnt, wenn man mindestens fünf Prozent Zinsen in Rechnung stellt, sodass die fernere Zukunft praktisch uninteressant wird. Wenn wir, kurz gesagt, jetzt für CO2-Reduktionen zahlen müssen, deren Nutzen sich erst nach und nach in den kommenden Jahrhunderten erweist, ist das Geld bei fünf Prozent Zinsen natürlich in der eigenen Tasche mehr wert.
Die auf menschliche Interessen verengte Weltsicht des Autors sorgt schließlich dafür, dass wichtige Bereiche der Umwelt-Entwicklung zu kurz kommen: Die Verknappung von Naturräumen etwa, die biologische Verarmung von Lebensräumen, die zum Beispiel von einem Naturwald zum angepflanzten Forst werden. Schließlich ist auch die Auswahl von Statistiken durch Lomborg zu Recht kritisiert worden: Untersuchungen, die zu einem für die Umwelt negativen Ergebnis kommen, werden oft ausgeblendet. Der Autor verwendet nach eigenen Angaben nur amtliche Statistiken, die allerdings häufig dazu tendieren, die Lage schönzureden.
Vielleicht wäre es angesichts vieler Erfolge im Umweltschutz an der Zeit, ein realistische- res und positiveres Bild der Umwelt zu zeichnen. Lomborg liefert mit Apocalypse no! leider keinen überzeugenden Beitrag dazu. Auslassungen, problematische Wertmaßstäbe und falsche Zahlengläubigkeit sorgen für eine Einseitigkeit, die den von ihm kritisierten Schwarzsehern in nichts nachsteht.