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BND-Mitarbeiter unter Verdacht
Spionage für die USA im NSA-Ausschuss?

Ein BND-Mitarbeiter wird verdächtigt, den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages im Auftrag eines US-Geheimdienstes ausspioniert zu haben. Die Bundesanwaltschaft hatte den 31-jährigen Deutschen gestern festnehmen lassen. Die Bundesregierung sprach von einem "sehr ernsthaften Vorgang".

04.07.2014
    Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses des deutschen Bundestags, Patrick Sensburg (M, CDU/CSU), eröffnet am 03.07.2014 im Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin die Sitzung.
    Ein BND-Mitarbeiter wird verdächtigt, für die USA den NSA-Ausschuss des Bundestages ausspioniert zu haben. (dpa / Kay Nietfeld)
    Der Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) soll mehrfach von dem US-Geheimdienst befragt worden sein. Mindestens einmal habe der Verdächtige dabei über die Aktivitäten des NSA-Untersuchungsausschusses berichtet. Der 31-Jährige war unter dem Verdacht festgenommen worden, Kontakt zum russischen Geheimdienst gesucht zu haben. In Vernehmungen soll der BND-Mitarbeiter dann aber gestanden haben, Informationen an einen US-Dienst geliefert zu haben.
    Möglicherweise falsche Angaben
    Gestern Abend beschäftigten sich im Bundestag bereits das Parlamentarische Kontrollgremium und die Obleute des Untersuchungsausschusses in einer gemeinsamen Sondersitzung mit dem Fall. Das erfuhr der gemeinsame Rechercheverbund von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" aus Regierungskreisen.
    Die Ermittler überprüfen derzeit den Wahrheitsgehalt der Aussagen des Verdächtigen. Die Sicherheitsbehörden schließen nicht aus, dass der Mann in der Vernehmung falsche Angaben gemacht hat. Er soll über Jahre hinweg geheime BND-Papiere gegen Geld an US-Geheimdienste weitergegeben haben. Sollte sich der Verdacht gegen den Mann bestätigen, wäre dies der bisher größte Skandal um einen deutsch-amerikanischen Doppelagenten in der Nachkriegszeit.
    Bundesregierung ist besorgt
    Die Bundesregierung äußerte sich besorgt über den Spionageverdacht. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von einem "sehr ernsthaften Vorgang". Die Bundesregierung werde nun abwarten, was die polizeilichen Ermittlungen ergäben und dann handeln. Spionage für ausländische Dienste sei nichts, "was wir auf die leichte Schulter nehmen", betonte Seibert.
    Unabhängig vom aktuellen Verdachtsfall hatten die deutschen Sicherheitsbehörden schon seit Längerem befürchtet, dass der Ausschuss von ausländischen Nachrichtendiensten ausspioniert werden könnte. An die Obleute des Untersuchungsausschusses wurden bereits Kryptohandys zur verschlüsselten Kommunikation ausgegeben. Zudem wurden die Sicherheitsvorkehrungen in der Geheimschutzstelle des Bundestages verstärkt. Dort können Abgeordnete als geheim klassifizierte Unterlagen einsehen.
    Personelle Konsequenzen gefordert
    Der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki hält personelle Konsequenzen durch den möglichen Spionagefall beim BND für unausweichlich. Sollte sich der Verdacht erhärten, müsse dies Folgen "in der Spitze des Bundesnachrichtendienstes, aber auch bei der Geheimdienstkoordination des Bundeskanzleramtes" haben, forderte Kubicki.
    (tzi/kis)