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Böden als Lebensgrundlage

Böden sind vom Klimawandel betroffen: In der Arktis werden in dem schmelzenden Erdreich Treibhausgase frei, in gemäßigten Klimazonen schwindet die fruchtbare Humusschicht. Über das Zusammenspiel von Böden und Klima habe Wissenschaftler auf der internationalen Konferenz zur Umwelt-Biogeochemie in Hamburg diskutiert.

Von Verena Herb |
    Die zentrale Frage des Symposiums für Umwelt-Biogeochemie ist: Wie wirken die globalen Klimaveränderungen und der menschliche Einfluss auf biogeochemische Kreisläufe ein. Oliver Dilly, Leiter der Graduiertenschule am Klimacampus der Universität Hamburg erklärt, was genau unter einem biogeochemischen Kreislauf zu verstehen ist:

    "Ein Kreislauf wäre zum Beispiel: Man hat CO2 in der Atmosphäre, die Pflanze bindet das CO2. Die Pflanze kann man dann ernten oder die Blätter fallen zu Boden und werden dort zersetzt. Kohlenstoff landet dann wieder in der Atmosphäre oder verbleibt im Boden, wird dort konserviert und, nachdem es wieder mineralisiert wurde, ist es wieder in der Atmosphäre, wird wieder durch die Pflanze gebunden. Das ist ein Beispiel für einen biogeochemischen Kreislauf."

    Die rund 200 internationalen Forscher präsentierten zahlreiche Untersuchungen: Viele der Studien beschäftigen sich mit der Situation in Europa aber auch Afrika und der Arktis. Klar wird, so Oliver Dilly, dass es viele fundierte Informationen aus dem europäischen Raum gibt, jedoch viele Unsicherheiten über die Gegebenheiten in Afrika oder eben der Arktis herrschen. Generell gilt: Sowohl Klimaeffekte als auch veränderte Landnutzung durch die Menschen haben Einfluss auf die Beschaffenheit des Bodens. Beispiel: Afrika

    "Die Leute brauchen Brennholz für wachsende Städte. Sie nehmen die Bäume oder Sträucher weg, machen daraus Holzkohle und verkaufen das wiederum als Brennstoff in großen Städten: drastische Veränderungen in kürzester Zeit, aufgrund sich verändernder Strukturen dort. Und man kann dann wiederum erkennen, in den Böden, dass dann negative Effekte da sind."

    Lars Kutzbach ist Juniorprofessor und forscht am Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg. Im August ist er von einer Expedition in Sibirien zurückgekehrt - auf dem Symposium stellt er seine Arbeit vor: Der Bodenkundler hat sich mit seiner Forschungsgruppe auf die nördlichen Feucht- und Moorgebiete in der Arktis spezialisiert. In diesen sogenannten Permafrostgebieten sind die Böden sehr kalt, weshalb der Abbau der organischen Substanz im Boden gehemmt ist. Der Boden reichert sich mit Kohlenstoff an und kann diesen über lange Zeit speichern. Die Klimaerwärmung wird, so vermutet man, elementaren Einfluss auf die Permafrostböden haben, so Kutzbach:

    "Es wird wärmer. Es wird mehr Kohlenstoffdioxid und Methan - also das sind sehr starke Treibhausgase - freigesetzt, was wieder zu einer verstärkten Erwärmung führt. Also es kann sich steigern wie ein Teufelskreis."

    Doch ist die Frage, ob das tatsächlich passiert. Anzeichen gebe es viele, aber bis jetzt nur wenige Daten. Doch nicht nur Afrika und die Arktis sind von Interesse, sondern auch die Böden in unseren Breiten:

    "In den Böden in Mitteleuropa haben wir auch viel Kohlenstoff gespeichert. Vor allem als der sogenannte Humus. Dieser Humus ist sehr wichtig für die Fruchtbarkeit des Bodens. Und durch - einerseits - Landnutzungsänderung, also Bewirtschaftungsänderung, aber jetzt verstärkt durch Klimaänderung haben wir einen starken Humusverlust in unseren ackerwirtschaftlich bebauten Böden. Und das führt dazu, wenn wir diesen Humus verlieren, dass die Bodenfruchtbarkeit geringer wird. Wir haben gleichzeitig natürlich auch den Effekt auf das Klima. Aber hier ist, glaube ich, sehr wichtig, die Fruchtbarkeit des Bodens, wo wir ja unsere gesamte Ernährung aufbauen."

    Lars Kutzbach fasst die Auswirkungen durch den Klimawandel und die Landnutzungsänderungen noch einmal zusammen:

    "Durch Veränderung der Temperatur: Stärkeren Humusabbau, Veränderung der Niederschlagsverteilung, es könnte zu verstärkter Erosion kommen, Abtrag von Böden. Und wirklich eine unserer Lebensgrundlagen neben dem Trinkwasser sind die Böden - sehr, sehr wichtig für unsere Existenz."

    Einige der Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von "Double Trouble" - von einem doppelten Problem - so Oliver Dilly. Er nennt als letztes Beispiel China, wo ...

    " ... die Landnutzung im Form vom Ackerbau abnimmt und verstärkt Aufforstung stattfindet im jetzigen Bereich. Also man sieht jetzt ein 'Double Trouble'. Also man hat Landnutzungsänderung, die die biogeochemischen Kreisläufe beeinflussen, und Klimaveränderung."

    Seit 1973 findet die Tagung im Zweijahresrhythmus statt. Nachdem die Forscher sich 2007 in Neuseeland getroffen haben, wird das Symposium zur Umwelt-Biogeochemie nach Hamburg dann in Istanbul stattfinden.