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Böse Überraschung im Alter

Trotz der geplanten Gesundheitsreform rechnet sich die private Krankenversicherung auch künftig in erster Linie nur für Beamte und junge Selbstständige ohne Kinder. Dies ergab eine Untersuchung der Stiftung Warentest. Für alle anderen Kunden sei der private Versicherungsschutz auf Dauer deutlich teurer als bei einer gesetzlichen Kasse.

Von Philip Banse |
    Geld sparen können mit einer privaten Krankenversicherung auf Dauer nur zwei Gruppen: Beamte sowie junge, gesunde, selbstständige Männer und Frauen, die keine Kinder haben möchten. Für Beamte sowie kinderlose Selbstständige kann ein Wechsel zur privaten Krankenversicherung also finanziell Sinn machen, sagt Hermann-Joseph Tennhagen von "Finanztest":

    "Dann geht es darum, das beste Preis-Leistungsverhältnis zu bekommen. Wir haben uns 344 Angebote angeschaut von 36 Unternehmen und haben das nach Männer und Frauen und Beamten differenziert und haben gefragt: Was ist das beste Angebot, das preiswert ist für die Leistung und ein Angebot, was in den letzten Jahren nicht signifikant teurer geworden ist? Für die Beamten war das für Männer und Frauen die Concordia."

    Das beste Angebot für selbstständige Frauen hat die HUK-Coburg. Selbstständige Männer sollten sich an die Hallesche wenden. Die Tester wiesen darauf hin, dass die Qualitätsunterschiede bei den Angeboten sehr groß sind. So zahlt eine 35-jährige Selbstständige beim Testsieger HUK-Coburg 379 Euro im Monat, bei der Gothaer muss sie 65 Prozent mehr zahlen. Noch krasser der Preisunterschied bei selbstständigen Männern: Testsieger Hallesche verlangt monatlich 274 Euro. Das mangelhafte Angebot der Signal kostet 80 Prozent mehr, bei gleicher Leistung. Neben dem monatlichen Preis ist entscheidend, wie sehr die Beiträge im Laufe der Jahre steigen. Während bei den Testsiegern die Beiträge in den vergangenen acht Jahren nahezu konstant blieben, stiegen bei anderen Anbietern die monatlich zu zahlenden Beiträge um bis zu 80 Prozent, ohne dass die Leistung verbessert worden wäre, sagt Hermann-Joseph Tennhagen von "Finanztest":

    "Das heißt, es wird auf jeden Fall zu Beitragssteigerungen kommen im Alter. Aber der Unterschied zwischen den Anbietern wird immer sehr, sehr groß sei. Und deswegen ist es wichtig, von vornherein einen zu haben, der erstmal preiswert arbeitet und der auf mittlere Frist auch nicht die erheblichen Steigerungen hat, wo der Beitrag einigermaßen stabil ist. Das ist schon eine ganz wichtige Frage."

    Doch auch bei den stabilen Angeboten der Testsieger gilt: Im Laufe der Jahre steigen die Beiträge, darauf muss man gefasst sein. Böse Überraschungen erleben viele vor allem im Alter, sagt Hermann-Joseph Tennhagen:

    "Wenn man Rentner wird, fallen die Beiträge in der privaten Krankenversicherung nicht. Bei der Krankenkasse ist das ja so: Man hat als Rentner weniger Einkommen, also bezahlt man weniger Beitrag. In der privaten Krankenversicherung bleibt der Beitrag auf der Höhe, die man gehabt hat mit 60 oder 65, obwohl man deutlich weniger Einkommen hat. Das muss man finanzieren können."

    Die Gesundheitsreform, wird sie beschlossen wie geplant, könnte die Beiträge der privaten Versicherer weiter verteuern, weil Kunden beim Wechsel der Krankenkasse ihre Altersrückstellungen mitnehmen dürfen, schlechte Kassen also Kapital verlieren und das über Beiträge wieder herein bekommen müssen. Doch gleichzeitig wird der Wechsel zwischen den privaten Krankenkassen extrem erleichtert, sagt "Finanztest"-Chef Tennhagen, so dass enttäuschte Versicherte leichter zu einem günstigeren Anbieter werden wechseln können:

    "Jetzt wird es viel, viel einfacher, wenn der Gesetzentwurf so bleibt. Und deswegen sollten alle, die jetzt mit ihrer Privaten unglücklich sind, abwarten bis nächstes Jahr, bis das beschlossen ist und dann schauen, wie man vernünftig wechseln kann."

    Kurz: Durch die Gesundheitsreform könnte die private Krankenversicherung attraktiver werden, aber nur für diejenigen, die bereits privat krankenversichert sind oder ohnehin schon mit dem Gedanken spielen, sich privat gegen das Risiko Krankheit zu versichern. Für Angestellte und vor allem Familien bleibt die private Krankenversicherung ein teurer Luxus.