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Bohne gegen Wurm

Züchtungsforschung. - Das Sojazystenälchen richtet allein in den USA pro Jahr umgerechnet 770 Millionen Euro Schaden an. Das einzige Gegenmittel sind Sojasorten, die gegen den Wurm resistent sind. Doch jahrzehntelang hat man sich auf einige wenige resistente Sorten verlassen und mit der Zeit lernen die Schädlinge die Abwehr der Pflanze zu umgehen. Forscher aus den USA konnten jetzt die genetische Grundlage einer besonders ausgeklügelten Resistenz klären. Dadurch wird, so die Forscher, die Züchtung neuer resistenter Sorten in Zukunft effizienter und schneller.

Von Katrin Zöfel |
    "Die Sojabohne ist weltweit extrem wichtig. Sie liefert nachwachsendes Eiweiß und Öl für unsere Nahrung. Ihr wichtigster Schädling ist ein Nematode, also ein Fadenwurm: das Sojazystenälchen."

    Melissa Mitchum forscht an der Universität von Missouri in den USA. Das Sojazystenälchen bohrt sich in die Wurzel der Sojapflanze, dringt ein Stück weit nach oben vor und bringt dann einige Wurzelzellen dazu, dass sie miteinander verschmelzen und eine große Zyste bilden. In dieser Zyste kann der Wurm dann wachsen und sich vermehren. Beinahe überall, wo Soja angebaut wird, taucht das Älchen auf. Die Frage, die Melissa Mitchum interessiert, ist, wie sich die Pflanze gegen den Schädling wehrt. Sie schaut sich dazu die Genetik der Pflanzen an.

    "Die meisten Resistenzgene, die man kennt, kodieren für Eiweiße, die in der Membran der Pflanzenzellen sitzen. Diese Eiweiße sind Rezeptoren und erkennen sofort, wenn ein Schädling in die Pflanze eindringt. Sie signalisieren der Pflanze, dass sie sofort ihre Immunabwehr aktivieren muss."

    Das ist der Standardfall. Doch einige Sojasorten, die gegen den Nematodenwurm besonders widerstandsfähig sind, haben offenbar andere Mittel, um sich zur Wehr zu setzen. Mitchum:

    "Das Gen, das wir jetzt neu identifiziert haben, gehört zum Stoffwechsel der Pflanze. Es kodiert also für ein Eiweiß, das nicht in der Membran sitzt, sondern ins Zellinnere gehört. Das ist eine ganz andere Art der Resistenz als das, was wir kennen."

    Die Forscherin kann bisher nur vermuten, wie dieses Gen zur Immunabwehr der Pflanze beiträgt. Klar ist, dass das Gen für die Bildung von Folsäure wichtig ist. Die Pflanze braucht Folsäure unter anderem, um DNA herzustellen, Tiere und Menschen müssen Folsäure mit der Nahrung aufnehmen. Möglich wäre also, dass die Pflanze den Wurm aushungert, indem sie dort, wo der Wurm in der Wurzel sitzt, die Folsäureproduktion drosselt. Doch das ist bisher nur Spekulation, die Forscherin will diese Frage in der nächsten Zeit klären. – Zunächst wird sie ihr Wissen an Sojazüchter weitergeben.

    "50 Jahre lang hat man weltweit immer dieselben nematoden-resistenten Sojasorten gepflanzt, praktisch in Monokultur. Deshalb gibt es an vielen Orten inzwischen Nematoden, die diese Resistenzen überwinden können und die Pflanzen krank machen. Jahrelang haben wir Forscher hoffnungslos im Dunkeln getappt, bei der Frage, wie die Abwehr der Pflanze funktioniert. Wir mussten die Gene finden, die für die Resistenzen verantwortlich sind."

    Das ist jetzt für eins dieser eher ungewöhnlichen Resistenzgene geschafft. Richard Hussey, Professor für Pflanzenpathologie an der Universität von Georgia, lobt die Arbeit aus Missouri.

    "Etwas Aufregenderes gibt es für mich gar nicht. Das wird einen regelrechten Boom in der Züchtung auslösen, denn jetzt weiß man genau, um welches Gen es geht. Dank dieser Information können Züchter molekulare Marker entwickeln. Mit Hilfe dieser Marker können sie sehr schnell herausfinden, ob dieses Resistenzgen in einer bestimmten Sojasorte drin ist oder nicht. Das steigert die Effektivität und Genauigkeit der Züchtung enorm."

    Statt wie bisher im Schnitt zwölf Jahre brauche man dank dieser molekularen Marker für die Entwicklung einer neuen Sorte nur noch fünf Jahre. Außer Melissa Mitchum haben kürzlich noch andere Forscher vergleichbare Ergebnisse vorgelegt: sie berichten im Fachmagazin "Science" über weitere drei Gene aus der Sojapflanze, die eine ähnlich ungewöhnliche Resistenz vermitteln. In beiden Studien steckt genau die nötige Information, um endlich neue Soja-Sorten zu züchten, die den Schadwürmern das Leben schwer machen können.