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Bonnie and Clyde auf portugiesisch

Vor 80 Jahren arbeiteten vier kleine Ganoven an der Verwirklichung eines großen Plans. Ihr Ziel war es, die Herrschaft über die Zentralbank von Portugal an sich zu reißen. Allerdings "stolperten" die Gangster über Seriennummern auf Banknoten, die bereits lange im Umlauf waren. Ein unermüdlicher Kriminalbeamter war ihnen auf die Spur gekommen.

Von Xaver Frühbeis |
    Es waren zwei Portugiesen, ein Holländer und ein Deutscher, und die vier wussten: Die Bank von Portugal war eine Aktiengesellschaft. Und Aktiengesellschaften kann man übernehmen, indem man klammheimlich möglichst viele ihrer Aktien kauft. Dazu allerdings braucht man etwas Geld. Der Plan unserer Herren lief nun so: Man wollte die Hausdruckerei der portugiesischen Zentralbank dazu bringen, in einer geheimen Aktion funkelnagelneue Escudoscheine zu drucken, die man dann zum Ankauf der Aktien verwenden konnte. Eine Notendruckerei macht das natürlich nicht von sich aus. Deshalb besorgten sich die vier Ganoven einen gefälschten Staatsauftrag.

    Im fernen Afrika besaß Portugal eine völlig heruntergewirtschaftete Kolonie: Angola. Angeblich hatte sich nun ein internationales Konsortium bereit gefunden, in Angola 290 Millionen neu zu druckende portugiesische Escudos zu investieren, und diese Banknoten sollten eigens einen Aufdruck bekommen: "Nur für Angola".

    Und sollten dann nach Afrika verschifft werden. Die Notendruckerei der portugiesischen Bank hingegen saß in London: Waterlow & Sons, ein respektables Unternehmen. Bequemerweise waren dort noch die Druckstöcke für portugiesische Banknoten vorrätig, und, was noch bequemer war, der Chef gab sich beeindruckt vom Auftreten seiner Kunden. Zwar fragte er in Portugal nach, ob das denn rechtens sei, einfach so Millionenweise Escudos nachzudrucken, den Brief dazu, den gab er allerdings seinen Gesprächspartnern persönlich mit, und natürlich kam der Brief nie an.

    Dafür saßen im Februar 1925 unsere vier in Lissabon glückstrahlend vor dem ersten Koffer mit vollkommen echten, eigens für sie hergestellten 500-Escudo-Scheinen. Nun dachte natürlich niemand daran, die Worte "Nur für Angola" draufzudrucken. Mit dem Geld machten die Gauner eine eigene Bank auf, brachten die schönen neuen Scheine unters Volk, und vom Erlös besorgten sie sich Aktien der portugiesischen Zentralbank.

    Nach ein paar Monaten jedoch wecken die vielen druckfrischen 500er das Misstrauen der Zentralbank. Man weiß ja: seit drei Jahren sind keine neuen mehr gedruckt worden. Die Kriminalpolizei schaltet sich ein, die Spur führt schnell zur Bank unseres Quartetts, wo man frische 500er in Massen findet. Aber, großes Problem: Die Scheine sind alle perfekt, ungefälscht und echt. Zwei Tage später, am 6. Dezember 1925, entdeckt ein unermüdlicher Kriminalbeamter vier Seriennummern, die mit denen schon lange im Umlauf befindlicher Noten identisch sind. Die Scheine sind also doppelt gedruckt. Am selben Tag noch werden die Bankiers verhaftet. Gerade rechtzeitig. Nur noch 16.000 Aktien, dann hätten sie die portugiesische Zentralbank und damit das Wirtschaftsleben des Landes in der Hand gehabt.

    Viereinhalb Jahre später macht man den Ganoven den Prozess. Der gestaltet sich etwas schwierig, weil das portugiesische Strafrecht zunächst nicht ausreicht, um all die Vergehen gebührend zu würdigen. Am Ende jedoch stehen einige Jahre schweren Kerkers sowie Abschiebung in eine Kolonie. Und auch die britische Notendruckerei kommt nicht ungeschoren davon. Die Gentlemen Waterlow & Sons müssen eine Million Pfund Sterling Schadenersatz zahlen. Eine höchst peinliche Angelegenheit, aber so kann's eben gehen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, besonders, wenn's um frisch gedrucktes Geld geht.