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Boxen
Wo Frauen ausgeknockt werden

Am Samstag steht Floyd Mayweather bei seinem Boxkampf gegen Manny Pacquiao wieder einnmal im Rampenlicht, aber es gibt auch eine Schattenseite: Der Umgang der Box-Aufsicht in Las Vegas mit Mayweathers brutalen Attacken gegen eine Reihe von Lebensgefährtinnen zeigt: Das Problemthema "häusliche Gewalt" hat keine Priorität, wenn ein Hunderte-Millionen-Dollar-Kampf ansteht.

Von Jürgen Kalwa | 01.05.2015
    Die Boxer Floyd Mayweather Jr. (l) und Manny Pacquiao
    US Boxer Floyd Mayweather Jr. (l) und Manny Pacquiao von den Philippinen vor ihrem Kampf in Las Vegas im Mai 2015. (picture alliance / dpa / Foto: Jonathan Alcorn)
    "Hop out, looking like Floyd Money Mayweather" - Auszug aus dem Rap-Song "Floyd Money Mayweather"
    Nicht nur Box-Fans verehren ihn. Natürlich auch Rapper wie Dizzy Wright aus Las Vegas. Floyd Mayweathers Art, seinen Reichtum zur Schau zu tragen, weckt Sympathien. Er ist das Idol vor allem schwarzer Amerikaner, die jeden Tag hautnah erfahren müssen, wie schwer es ist, in den USA als Angehöriger der Unterschicht einfach nur zu überleben. Erst recht gesellschaftlich aufzusteigen.
    Der Mann elektrisiert. Einst nannte man ihn "Pretty Boy", weil sein Gesicht auch nach harten Kämpfen immer so aussah, als habe er so gut wie keine Schläge abbekommen. Inzwischen ist er 38 Jahre alt und hat einen neuen, ebenfalls passenden Spitznamen: "Money".
    Geld. Viel Geld. Kein Sportler verdient mehr. Weshalb ihm auch kein Superlativ zu groß ist. "On May 2nd, that's when the world stops. I want everyone to tune in. Mayweather-Pacquiao, the biggest fight in boxing history."
    Der größte Kampf in der Geschichte des Boxens – so nannte Mayweather vor ein paar Wochen die lange erwartete Auseinandersetzung gegen den Philippino Manny Pacquiao, bei dem sich beide eine Börse von mehreren hundert Millionen Dollar teilen.
    Es dauerte eine Weile, bis Amerikas Medien wach wurden und feststellten, dass sie in all den Jahren Mayweathers von Ferrari- und Rolls-Royce-Modellen ausstaffiertes, glitzerndes Leben allzu huldvoll begleitet hatten. Das neue Bild ist kritischer. Mayweather, Sohn einer drogenabhängigen Mutter und eines Vaters, der zwischendurch fünf Jahre wegen Drogenhandels im Gefängnis saß, hat schließlich selbst eine kriminelle Vergangenheit:
    Dezember 2011, ein Gerichtssaal in Las Vegas: "...and I am imposing a six-month sentence in the Clark County Detention Center. 90 days of which will be served in custody. The remaining 90 days to be suspended."
    Drei Monate Gefängnis, die Mayweather nicht absitzen musste
    90 Tage Gefängnis verhängte Richterin Melissa Saragosa. Die Strafe dafür, dass Mayweather seine ehemalige Lebensgefährtin Josie Harris, die Mutter von dreien seiner Kinder, in einem Streit körperlich misshandelt hatte. Mayweather brauchte allerdings wegen guter Führung die ganze Zeit gar nicht mal abzusitzen. Aber die Erfahrung ging ihm auch so gegen den Strich. Seine Anwälte brachten schon nach zwei Wochen einen Antrag ein, um das Urteil in Hausarrest umwandeln zu lassen. Der Boxer bekäme in der Haftanstalt nicht genug Wasser zum Trinken. Und die Trainingsmöglichkeiten seien auch nicht besonders gut.
    In der Sache selbst, gab sich Mayweather vor kurzem noch einmal völlig uneinsichtig. Im Fernsehsender CNN bemühte sich die sichtlich entnervte Interviewerin Rachael Nichols vergeblich, irgendein Wort des Bedauerns aus dem Boxer herauszukitzeln. Es gäbe keine Bilder, das seien nur Anschuldigungen. Und ansonsten könne nur der liebe Gott jemanden wie ihn aburteilen: "No pictures. Just hearsay. And allegations. And I signed a plea bargain. When it's all said and done only God can judge me."
    Mindestens sechs Fälle von Gewalt gegen Frauen
    Es entsprach der Taktik, die er auch im Ring anwendet. Ein Techniker mit hervorragenden Reflexen und ein Stilist, der seine Gegner oft verwirrt und frustriert. "Bisher hat noch niemand herausgefunden, wie man mich schlagen kann", hat er mal gesagt. Was stimmt. Mayweather stand in seiner Profikarriere 47mal im Ring, aber hat keinen einzigen dieser Kämpfe verloren.
    Dabei ist sein brutaler Umgang mit Frauen aktenkundig. Es gibt mindestens sechs Fälle. Abgesehen von dem einen, der ihn ins Gefängnis brachte, gingen sie glimpflich aus. Die jüngste Zivilklage könnte da schon teurer werden. Die wurde im September in Los Angeles eingereicht. Darin beschrieb eine ehemalige Lebensgefährtin eine Szene, in der sie von Mayweather mit einer Schusswaffe bedroht wurde.
    Wenn man ihn zu dem Komplex "häusliche Gewalt" befragt, zeigt er mehr Verständnis für den Täter als die Opfer. So wie im Fall des Football-Profis Ray Rice, der im letzten Jahr in einem Hotelaufzug in der Casino-Stadt Atlantic City seine Verlobte bewusstlos geschlagen hatte. Eine Tat, die von Sicherheitskameras mitgeschnitten wurde und die nicht nur die gesamte NFL in Aufruhr versetzte, sondern auch den Rest von Amerika. "In anderen Familie passieren noch schlimmere Dinge. Aber die werden nicht auf Video festgehalten. Ich wünsche Ray Rice nur das Beste."
    Dass Mayweather als Boxer so auftritt, ist das eine. Das andere ist das Verhalten der Nevada Boxing Commission, die so tut, als habe sie in ihren Statuten keine Möglichkeit, einem Faustkämpfer oder einem Promoter die Lizenz zu verweigern. Dabei könnte sie durchaus das tun, was die NFL macht, die ihre Spieler sperrt und ihnen auf diese Weise das Gehalt entzieht und so auf eine gesellschaftspolitisch wichtige Frage angemessen reagiert. Aber anders als im Football hat man im Boxen keine Angst ums Image. Gewalttätigkeit ist schließlich Teil des Markenkerns.