Wie ist das eigentlich mit den großen Gefühlen? Sind sie für alle da oder nur reserviert für die Schönen und die Reichen, die sie festlich zu zelebrieren wissen - so wie im Kino - mit großen Dekors und lauter Geigen, die den Sehnsüchten und den Liebesschwüren Nachdruck verleihen? Oder fangen sie ganz klein an, eher unscheinbar, wie eine gute Idee am Nachmittag oder ein unschuldiger Spaß am Abend? Dass jedes noch so ereignislose Leben plötzlich in dramatische Gefühlsstrudel geraten kann, davon erzählt die Kriminalstatistik. Die Filmemacherin Valeska Grisebach wollte wissen, wie die Wünsche und Träume x-beliebiger Menschen aussehen und was sie unter "Sehnsucht" verstehen, jenem unübersetzbaren deutschen Begriff für das tiefe Verlangen nach Jemanden oder Etwas, an dem Menschen zerbrechen können. Nach über 200 Straßeninterviews schrieb sie das Drehbuch zu ihrem zweiten Spielfilm und gab ihm den etwas unbescheidenen Titel "Sehnsucht". Sie drehte mit Laien betont aber, dass der Film im Übrigen wie ein normaler Film entstanden sei:
" Ich hab immer so eine Scheu, dass man denkt. Da hat man drei Leute von der Strasse geholt. Zack stellt die in einen Film und dann geht die Chose schon. Das hat viel mit Arbeit zu tun gehabt und mit Darstellen. Vor der Kamera sein und sich einfühlen in etwas, was man nicht kennt. Es geht um Dinge die jeder in seinem Leben. Trotzdem war das ne fiktive erfundene Geschichte."
Vater, Mutter, Kind in einem 200 Seelendorf in Brandenburg. Das unzertrennliche Ehepaar Ende Zwanzig ist fürs ewige kleine Glück bereit. Schon weil die beiden sich kein anderes Leben vorstellen können. Die Stadt ist weit weg. Seit Kinderzeiten sind die beiden unzertrennlich. Sie sind auch wertvolle und unangefochtene Mitglieder ihrer Gemeinde - in Kirchenchor und freiwilliger Feuerwehr. Ihr kleiner Junge mit seinem Lieblingskaninchen komplettiert das Postkartenglück. So werden diese beiden von allen beneidet um ihre schlichte und einfache Liebe. Es scheint ausgeschlossen, dass sich daran jemals etwas ändern wird. Nur wenn Markus beim Tanz auf Tuchfühlung geht, dann spürt man, dass ein Feuer in ihm brennt. Beim Schulungskurs seiner Feuerwehr in der Kreisstadt tanzt Marcus einmal zuviel - und wacht am nächsten Morgen neben einer anderen Frau auf, der Kellnerin Rose aus dem Wirtshaus. Was eigentlich geschehen ist, erfahren wir nicht. Er soll daraus nichts weiter werden. Aber bald ist es eine Liebesaffäre und wie das in einem Dorf nun mal ist: alles kommt raus. Mit bewusst einfach und klar gehaltenen Bildern unterstützt die junge Regisseurin den naiven Erzählton, der den Zuschauer bald verzaubert. Besonders wichtig für diesen Erzählton, den Valeska Grisebach gefunden hat ist die einfache und unaufgeregte Kameraführung. Valeska Grisebach erläutert warum Kamerafragen Stilfragen sind.
" Wichtig bei dem Film war, dass die Kammer sehr schlicht und umgangssprachlich sein sollte - nicht sehr absichtsvoll. Eine ruhige schlichte Quadrage. Einen fixen Bildrahmen als Widerstand gegenüber dem was man als Dokumentarisch empfindet. Wenn es Handkamera gibt, dass die nicht suchend ist in dem Sinne wir sind jetzt hier ganz life dabei, sondern auch versucht ruhig und episch zu bleiben."
Der wortkarge zugleich aber äußerst bildkräftige Film "Sehnsucht" verweist näher besehen auf große Vorbilder im gefühlsbetonteren Stummfilmkino. Grisebach interessiert sich dafür wie sich ihre Hauptfigur widerstrebend nach und nach auf diese Sehnsucht nach einem anderen Leben einlässt. Leben kann er sie sowieso nicht. Bald erkennt die neue Frau aus dem Nachbardorf, die gar kein anderer Typ ist wie die Ehefrau zu Hause, dass ihre Liebe keine Zukunft hat - war es überhaupt eine? - und sie stürzt sich vom Balkon. Auch dieser Wendepunkt der Geschichte wird keineswegs als dramatische Aktion erzählt - eher mit konsequenter Lakonie. Sie fällt einfach aus dem Bild, überlebt auch. Doch sie hat das Ende aller Heimlichkeiten eingeläutet. Ella, die Ehefrau daheim kann sich nicht mehr mit den dörflichen Ritualen und der stillen Stolz auf Mann und Kind begnügen. Auch sie muss nun aus der Rolle fallen. Marcus schnappt sich die Jagdflinte und auch er schießt vorbei an seinem Herzen, das er doch treffen wollte. Was nun? Valeska Grisebach überlässt es einer Gruppe von Kindern, einander ins Wort fallend die weiteren Möglichkeiten der Geschichte zu erzählen. Von diesem offenen Ende her entschlüsselt sich der Film noch einmal neu - als bewusst naive filmische "Malerei", als virtuoses Spiel mit der filmischen Erzählung.
" Ich hab immer so eine Scheu, dass man denkt. Da hat man drei Leute von der Strasse geholt. Zack stellt die in einen Film und dann geht die Chose schon. Das hat viel mit Arbeit zu tun gehabt und mit Darstellen. Vor der Kamera sein und sich einfühlen in etwas, was man nicht kennt. Es geht um Dinge die jeder in seinem Leben. Trotzdem war das ne fiktive erfundene Geschichte."
Vater, Mutter, Kind in einem 200 Seelendorf in Brandenburg. Das unzertrennliche Ehepaar Ende Zwanzig ist fürs ewige kleine Glück bereit. Schon weil die beiden sich kein anderes Leben vorstellen können. Die Stadt ist weit weg. Seit Kinderzeiten sind die beiden unzertrennlich. Sie sind auch wertvolle und unangefochtene Mitglieder ihrer Gemeinde - in Kirchenchor und freiwilliger Feuerwehr. Ihr kleiner Junge mit seinem Lieblingskaninchen komplettiert das Postkartenglück. So werden diese beiden von allen beneidet um ihre schlichte und einfache Liebe. Es scheint ausgeschlossen, dass sich daran jemals etwas ändern wird. Nur wenn Markus beim Tanz auf Tuchfühlung geht, dann spürt man, dass ein Feuer in ihm brennt. Beim Schulungskurs seiner Feuerwehr in der Kreisstadt tanzt Marcus einmal zuviel - und wacht am nächsten Morgen neben einer anderen Frau auf, der Kellnerin Rose aus dem Wirtshaus. Was eigentlich geschehen ist, erfahren wir nicht. Er soll daraus nichts weiter werden. Aber bald ist es eine Liebesaffäre und wie das in einem Dorf nun mal ist: alles kommt raus. Mit bewusst einfach und klar gehaltenen Bildern unterstützt die junge Regisseurin den naiven Erzählton, der den Zuschauer bald verzaubert. Besonders wichtig für diesen Erzählton, den Valeska Grisebach gefunden hat ist die einfache und unaufgeregte Kameraführung. Valeska Grisebach erläutert warum Kamerafragen Stilfragen sind.
" Wichtig bei dem Film war, dass die Kammer sehr schlicht und umgangssprachlich sein sollte - nicht sehr absichtsvoll. Eine ruhige schlichte Quadrage. Einen fixen Bildrahmen als Widerstand gegenüber dem was man als Dokumentarisch empfindet. Wenn es Handkamera gibt, dass die nicht suchend ist in dem Sinne wir sind jetzt hier ganz life dabei, sondern auch versucht ruhig und episch zu bleiben."
Der wortkarge zugleich aber äußerst bildkräftige Film "Sehnsucht" verweist näher besehen auf große Vorbilder im gefühlsbetonteren Stummfilmkino. Grisebach interessiert sich dafür wie sich ihre Hauptfigur widerstrebend nach und nach auf diese Sehnsucht nach einem anderen Leben einlässt. Leben kann er sie sowieso nicht. Bald erkennt die neue Frau aus dem Nachbardorf, die gar kein anderer Typ ist wie die Ehefrau zu Hause, dass ihre Liebe keine Zukunft hat - war es überhaupt eine? - und sie stürzt sich vom Balkon. Auch dieser Wendepunkt der Geschichte wird keineswegs als dramatische Aktion erzählt - eher mit konsequenter Lakonie. Sie fällt einfach aus dem Bild, überlebt auch. Doch sie hat das Ende aller Heimlichkeiten eingeläutet. Ella, die Ehefrau daheim kann sich nicht mehr mit den dörflichen Ritualen und der stillen Stolz auf Mann und Kind begnügen. Auch sie muss nun aus der Rolle fallen. Marcus schnappt sich die Jagdflinte und auch er schießt vorbei an seinem Herzen, das er doch treffen wollte. Was nun? Valeska Grisebach überlässt es einer Gruppe von Kindern, einander ins Wort fallend die weiteren Möglichkeiten der Geschichte zu erzählen. Von diesem offenen Ende her entschlüsselt sich der Film noch einmal neu - als bewusst naive filmische "Malerei", als virtuoses Spiel mit der filmischen Erzählung.