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Bremer Landesregierung will Atomtransporte verbieten

Die rot-grüne Bremer Landesregierung will kurzen Prozess machen mit den Atommülltransporten. Sie sollen nicht mehr in ihre Häfen fahren dürfen. Bundesumweltministerium und die Bremer CDU sind allerdings gegen dieses Vorhaben.

Von Christina Selzer |
    Kein Transport von Kernbrennstäben und hoch radioaktiven Abfällen mehr über die Häfen in Bremen und Bremerhaven. So will es die rot-grüne Landesregierung, die heute im Parlament mit einer Mehrheit für ihre Gesetzesänderung rechnen kann.

    Doch Wirtschaftsvertreter schlagen Alarm: Nach Ansicht von Otto Lamotte, dem Präses der Handelskammer, geht es um weit mehr als nur um die Frage von Atomtransporten. Er sieht in der Gesetzesänderung einen Generalangriff auf das jahrhundertealte Prinzip der Universalhäfen:

    "Der Senat kann mit dem neuen Gesetz bestimmen, welche Güter verladen werden, gute Güter, schlechte Güter. Und das ist Gift für die Wirtschaft."

    Einen juristischen Winkelzug wollen SPD und Grüne anwenden: Der Hafen soll zunächst den politischen Zielen von Nachhaltigkeit und erneuerbaren Energien gewidmet werden. Gutachter hatten das empfohlen: So ließen sich unerwünschte Atomfrachten verbieten. Und in der Folge dann auch andere unliebsame Fracht, so die Befürchtung von Handelskammer-Präses Lamotte:

    "Wir befürchten einen Dammbruch. Es gibt den Zentralsatz: Der Hafen wird auf erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit ausgerichtet. Darunter können Kohle, Heizöl und Nachhaltigkeit nicht fallen. Auch nicht Palmöl, Textilien. Das kann der Senat dann wie er will definieren."

    Der Transport aller rechtlich erlaubten Güter - das sei aber eine gemeinsame Aufgabe der deutschen Hafenstandorte. Aus politischen Gründen den Transport einzelner Güter zu unterbinden, widerspreche der Funktion der Häfen, die der gesamten Wirtschaft dienen sollten.

    In der Vergangenheit wollten bereits andere Hafenstädte wie Emden, Cuxhaven oder Lübeck Atomtransporte einschränken. Doch ohne Erfolg. Und auch der Bremer Gesetzentwurf steht juristisch auf wackligen Füßen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das die Handelskammer in Auftrag gegeben hatte. Das Gesetz verstoße gegen die Landesverfassung, denn dort sei festgehalten, dass die Schifffahrt geschützt und gefördert werden müsse. Außerdem werde Bundes- und EU-Recht verletzt. In der Frage radioaktiver Transporte habe Bremen keinen Handlungsspielraum.

    Die Vertreter der Handelskammer appellieren an die Abgeordneten, nicht für die von Rot-Grün initiierte Änderung des Gesetzes zu stimmen. Eine Klage vor dem Staatsgerichtshof schließen sie nicht aus. Auch die oppositionelle CDU-Fraktion denkt über eine Klage nach. Schließlich schade ein Alleingang Bremens dem Hafenstandort, betont der Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp:

    "Der Atomausstieg ist beschlossen. Bremen war auch dabei, wenn das Land beschließt jetzt auszusteigen, verabschiedet es sich aus der Solidarität."

    Auch die Vertreter der Nachbarländer sind verärgert. Bremen verhalte sich unsolidarisch, lauten die Reaktionen aus Hamburg und Niedersachsen. Denn die Transporte würden nicht gestoppt, sondern nach Hamburg, Cuxhaven oder Wilhelmshaven umgelenkt. Frank Willmann, der hafenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion verteidigt die Linie. Das Image des Hafenstandortes sieht er nicht in Gefahr:

    "Wir schließen nur einen Teil vom Umschlag aus, der nicht von Vorteil ist. In der Abwägung, ob damit ein wirtschaftlicher Schaden verbunden ist, kann ich sagen: Das glauben wir nicht."

    Der Konflikt wird weitergehen. Das Thema Atomtransporte bleibt akut. In den stillgelegten Kernkraftwerken lagern abgebrannte Brennelemente in Zwischenlagern, die irgendwann wegtransportiert werden müssen.

    Allein in der Zeit von 2005 bis 2010 liefen 334 Atomtransporte über Bremer Häfen. Künftig soll das verhindert werden. Die Gesetzesänderung ist auch ein Zugeständnis der Sozialdemokraten an die mitregierenden Grünen und war vom SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen schon vor zwei Jahren angekündigt worden. Deshalb soll das Hafenbetriebsgesetz jetzt im Eilverfahren geändert werden.