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Brexit
EU-Parlament drängt Briten zum raschen Austritt

Das Europäische Parlament hat Großbritannien aufgerufen, nach dem Brexit-Referendum möglichst schnell seinen Austritt aus der EU zu erklären. Die Resolution wurde mit den Stimmen der vier großen Fraktionen verabschiedet. Der Chef der rechtspopulistischen Ukip-Partei, Nigel Farage, provozierte - und wurde von den Abgeordneten ausgebuht.

28.06.2016
    Ukip-Chef Nigel Farage in der Sondersitzung des Europäischen Parlaments. Vor ihm steht eine britische Fahne.
    Ukip-Chef Nigel Farage in der Sondersitzung des Europäischen Parlaments (picture alliance / dpa / EPA / Olivier Hoslet)
    Nigel Farage eröffnete seine Rede mit einer Provokation. "Ist es nicht lustig, dass Sie mich ausgelacht haben, als ich meine Kampagne für einen EU-Austritt meines Landes gestartet habe? Nun, jetzt lachen Sie nicht mehr." Dafür erntete der britische Rechtspopulist Buh-Rufe vieler Parlamentarier, denen er vorwarf, noch nie einer regulären Arbeit nachgegangen zu sein. Farage warb für ein Freihandelsabkommen zwischen seinem Land und der EU, habe sich aber auch dabei nicht sonderlich diplomatisch. "Wir werden mit Euch Handel treiben, wir werden mit Euch kooperieren", so der EU-Abgeordnete. "Wir werden Euer bester Freund auf der Welt sein." Solle es allerding keine Vereinbarung geben, warnte Farage, wären die Konsequenzen für die Europäische Union viel schlimmer als für Großbritannien.
    "Ich möchte, dass Großbritannien seine Position klärt"
    Andere Redner antworteten ebenso angriffslustig. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bezichtigte Farage der Lüge. Der Ukip-Chef habe die Unwahrheit über die finanziellen Vorzüge des britischen EU-Austritts gesagt. Und fragte Farage und die übrigen Ukip-Abgeordneten ironisch, warum sie überhaupt noch anwesend seien: "Das ist das letzte Mal, dass sie mir hier applaudiert haben", meinte Juncker, und versprach, er werde bis zum letzten Atemzug für das europäische Projekt kämpfen. "Ich möchte, dass Großbritannien seine Position klärt. Wir können uns nicht auf einen langen Zeitraum der Ungewissheit einlassen."
    Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, der CSU-Politiker Manfred Weber, wandte sich ebenfalls an das Brexit-Lager: "Die Zeit des Appeasement ist vorbei. Wir müssen für unsere europäische Zukunft kämpfen." Parlamentspräsident Martin Schulz dankte dem scheidenden britischen Finanzmarktkommissar Jonathan Hill für seine Arbeit. Dieser war sichtlich bewegt - er hatte unmittelbar nach dem Referendum seinen Rücktritt erklärt. Für Hill gab es stehende Ovationen, ebenso wie für den schottischen Grünen-Abgeordneten Alyn Smith. Er rief den anderen Parlamentariern zu: "Schottland hat sie nicht hängengelassen, deshalb bitte ich Sie: lassen Sie Schottland jetzt nicht hängen."
    Resolution fordert "möglichst bald" Aktivierung von Artikel 50
    In einer Resoultion fordert das Parlament Großbritannien auf, rasch seinen Austritt aus der EU zu erklären. Der von den vier großen Fraktionen - EVP, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne - eingebrachte Entwurf wurde mit einer Mehrheit von 395 Abgeordneten verabschiedet. 200 Parlamentarier stimmten dagegen, 71 enthielten sich der Stimme.
    In dem Text heißt es, der Wille der britischen Bevölkerung müsse respektiert und Artikel 50 der EU-Verträge "möglichst bald" aktiviert werden. Im ursprünglichen Entwurf hatte es noch geheßen, Artikel 50 müsse "sofort" aktiviert werden, um die auf zwei Jahre angelegten Austrittsverhandlungen zu beginnen. Die Regierung in London kann dazu allerdings nicht gezwungen werden. Der scheidende Premierminister David Cameron will diesen Schritt seinem Nachfolger überlassen.
    (jasi/ach)