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Britischer Abhörskandal rückt wieder in den Fokus

In den vergangenen Monaten hat Medienmogul Rupert Murdoch einiges getan, um Gras über den Abhörskandal in seinem Verlag wachsen zu lassen. Jetzt jedoch beginnt die juristische Aufarbeitung der Medienaffäre: Die frühere "Sun-Chefredakteurin" und Murdoch-Managerin Rebekah Brooks muss vor Gericht aussagen.

Von Friedbert Meurer | 03.09.2012
    Es waren nur vier Tage bis zur Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele – Großbritannien fiebert dem größten Sportereignis des Jahres entgegen. Aber der 24. Juli 2012 ist auch der Tag, an dem die Staatsanwaltschaft die Anklage verliest im größten Medienskandal in der Geschichte Großbritanniens.

    Die acht, gegen die Anklage erhoben wird, sind: Rebekah Brooks, Andy Coulson, es folgen sechs weitere Namen. 19 Vergehen umfasst die Anklage. Alle, außer einem, sind u.a. der Verschwörung angeklagt zum illegalen Abhören von Gesprächen.

    Gut ein Jahr vorher war die Zeitung "News of the World" geschlossen worden. Dem australischen Medientycoon Rupert Murdoch und seinem Sohn James blieb keine andere Wahl. Zuvor hatte es in der Öffentlichkeit einen Aufschrei der Empörung gegeben, im Fall des ermordeten Mädchens Milly Dowler.

    "Am Anfang konnten wir noch ihre Nachrichten auf der Mailbox hören","

    erinnert sich Millys Mutter.

    ""Aber dann war sie voll. Doch plötzlich hörten wir ihre Stimme wieder."

    Sie lebt, sie hat ihre Mailbox abgehört – aber das war ein Trugschluss. Reporter der "News of the World" hatten das Band per Fernsteuerung gelöscht, um wieder sensationslüstern neue Nachrichten der Eltern abhören zu können.

    Rebekah Brooks, die im Jahr 2000 im Alter von nur 32 Jahren Chefredakteurin der "News of the World" geworden war, wird vor Gericht explizit auch wegen des Falls Milly Dowler angeklagt. Ein anderes Opfer ist der Popstar Robbie Williams.

    "Ja, ich bin abgehört worden, deswegen habe ich seit zweieinhalb Jahren kein Mobiltelefon mehr."

    Oder der britische Schauspieler Hugh Grant. Ihn empören nicht nur die Abhörpraktiken der Journalisten, Grant attackiert direkt den konservativen Premierminister David Cameron:

    "Wir wissen doch alle, dass der Premierminister mit dem Murdoch-Konzern unter einer Decke steckt. Die haben doch ihren Mann in der Downing Street untergebracht, Andy Coulson von News of the World. Murdoch hat Cameron vermutlich gesagt, lass einen Ausschuss darüber einrichten, dann wächst Gras über die Sache."

    Im Zuge der Affäre wurde außerdem bekannt, dass die Zeitung Polizeibeamte systematisch bestochen hat, um frühzeitig an Informationen zu gelangen. Der Chef von Scotland Yard musste zurücktreten. Rebekah Brooks bestreitet einerseits die Vorwürfe, nachdem sie Jahre vorher das glatte Gegenteil zugegeben hatte: ja, wir haben Polizisten bezahlt.

    Auch James und Rupert Murdoch mussten wie Brooks bei einer Anhörung im britischen Parlament aussagen. James, der Sohn, versprach, alles in Ordnung zu bringen, das wird nicht mehr passieren. Das soll wieder der Konzern werden, den ich kenne. Sein Vater Rupert Murdoch erklärt, er habe noch nie etwas so Demütigendes erlebt. Ehe plötzlich aus dem Publikum ein Zuschauer Rasierschaum auf Rupert Murdochs Anzug wirft.

    Inzwischen haben sich, wie Hugh Grant vorausahnte, die Wogen in Großbritannien etwas geglättet. Rebekah Brooks selbst, die heute vor Gericht auftritt, ist zur Zeit auf Kaution freigelassen. Sollte sie verurteilt werden, droht der einstigen britischen Topjournalistin eine Haftstrafe von mehreren Jahren.