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Büros (fast) ohne Heizung

Das weltweit größte Passivbürohaus wurde gestern in Ludwigshafen eingeweiht und direkt ausgezeichnet, nämlich von der Initiative "Land der Ideen" die unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler steht. Das Gebäude, das 550 Büroarbeitsplätze bietet, ist zwar etwas teurer als konventionelle Bauten, dafür sparen die Mieter künftig viele Tausend Euro Heizkosten.

Von Christoph Gehring |
    " Wir haben hier ein hervorragendes Raumklima und wir haben natürlich sehr viel geringere Heizkosten als jetzt zum Beispiel in unserem früheren Mietobjekt. "

    Siegfried Münch ist Mieter und Trendsetter: Sein Ingenieurbüro residiert seit Kurzem zusammen mit anderen Firmen in einem Bürogebäude ohne Heizung und ohne Klimaanlage. Mit fast 10.000 Quadratmetern Fläche ist der Bau in Ludwigshafen zur Zeit das weltweit größte gewerblich genutzte Passivhaus. Durch eine beinahe perfekte Dämmung des dreistöckigen Gebäudes und durch dreifach verglaste Fenster beträgt der Heizwärmebedarf nur 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr - das ist ein Zehntel dessen, was herkömmliche Bürohäuser benötigen und entspricht dem Brennwert von anderthalb Litern Heizöl. Aber in dem Ludwigshafener Neubau gibt ein keine Öltanks und keinen Gasanschluss. Geheizt und gekühlt wird das Gebäude mit der sachlichen Fassade und dem Grundriss in Form eines großen E durch Wasser, das durch die Betondecken zwischen den Stockwerken fließt. Es wird im Sommer mit Grundwasser aus 95 Metern Tiefe gekühlt und im Winter durch Erdwärme und eine Wärmepumpe aufgeheizt.

    " Diese Wärmepumpe mit 40 Kilowatt Leistung - das ist das, was man üblicherweise für zwei Einfamilienhäuser benötigt. An der Größe des Geräts kann man schon sehen, wie wenig Energie überhaupt verbraucht wird. "

    ...sagt André Zaman, der den Bau des neuen Bürohauses für die Ludwigshafener Wohnungsbaugesellschaft GAG betreut hat. Eine Wärmepumpe funktioniert im Prinzip so, wie der Kompressor am Kühlschrank - nur dass sie eben nicht Kälte, sondern Wärme erzeugt. Dazu braucht sie Strom, und den produziert in Ludwigshafen eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Bürohauses.

    " Im Moment ist einfach das Energieeinspeisegesetz so gut, dass wir den Strom, den wir hier produzieren, natürlich nicht hier verbrauchen, sondern verkaufen, ins öffentliche Netz einspeisen. Aber wir produzieren ziemlich genau so viel Strom, wie die Wärmepumpe verbraucht in der Jahresbilanz. Aus dem Grund ist das Gebäude dann CO2-neutral, was die Beheizung anbelangt. Was natürlich an internen Lasten noch passiert, also Stromverbrauch über PCs, über Beleuchtung, das ist natürlich nicht bilanziert, aber das hat man auch nicht im Griff."

    Mit dem Neubau am Donnersbergweg wollen die Planer und Bauherren auch Vorurteilen entgegentreten, Passivhäuser seien schwierig zu benutzen. Da ist beispielsweise dieses Vorurteil, man müsse die Fenster immerzu geschlossen halten, weil ja auch die von Menschen und Maschinen erzeugte Wärme für die Heizung genutzt und nicht einfach nach draußen weggelüftet werden soll. Projektbetreuer Zaman:

    " Sie können jederzeit ein Fenster öffnen. Also im Sommer sowieso, da spricht ja überhaupt nichts dagegen - und im Winter hat man ja nicht wirklich das Bedürfnis, bei minus 20 Grad irgendwie zwei Stunden lang das Fenster aufzulassen, das hat ja keiner."

    Etwas mehr als 10 Euro pro Quadratmeter zahlen die Mieter in dem Ludwigshafener Passivhaus für ihre Büros. Das ist für die Gegend nicht wenig, aber die höheren Mieten werden dank des Energiekonzepts wieder ausgeglichen, sagt Detlef Tuttlies, der Vorstand des Bauherrn GAG:

    " Auch die Mieter schauen inzwischen natürlich auf die zweite Miete, sprich Betriebs- und Heizkosten, speziell die Heizkosten. Und dann interessiert das die Mieter natürlich schon, dass sie nicht mehr auf jede Gaspreiserhöhung, auf jede Ölpreiserhöhung schielen müssen."

    Bis auf 400 Quadratmeter ist der Neubau vollständig vermietet, was den Glauben an die Zukunft der Passiv-Bauweise bei der GAG noch stärker gemacht hat. Projektbetreuer André Zaman jedenfalls findet...

    "...wenn schon, denn schon. Denn: Alles, was Sie jetzt anpacken, packen Sie 30, 40 Jahre nicht mehr an. Das heißt, das ist die Zeit, die dann verloren ist. Und deshalb ist es so wichtig, dass man einfach die Dinge, die man jetzt anpackt, konsequent verfolgt. "