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Bund-Länder-Tierschutzkonsens
"Förderbedingungen mehr in Richtung Tierschutz umstellen"

Bis Freitag dauert die Konferenz der Länder-Agrarminister in Hannover. Ein entscheidender Punkt für Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) ist, einen gemeinsamen Bund-Länder-Tierschutzkonsens zu erzielen. Dafür müsste mindestens eine Milliarde pro Jahr an die Tierhalter für bessere Tierhaltungsbedingungen eingeplant werden, sagte er im DLF.

Christian Meyer im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 29.03.2017
    Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer
    Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (picture alliance / dpa / Holger Hollemann)
    Susanne Kuhlmann: Tierwohl, Öko-Landbau, Schutz von Ressourcen – der grüne Landwirtschaftsminister Christian Meyer setzt mit seiner Tagesordnung einen deutlichen Akzent für die Konferenz der Länder-Agrarminister. Herr Meyer ist Landwirtschaftsminister in Niedersachsen und dort beginnt heute die Konferenz, denn Niedersachsen hat turnusgemäß den Vorsitz. Jetzt ist Christian Meyer bei uns am Telefon. Guten Tag!
    Christian Meyer: Guten Tag.
    Kuhlmann: Lassen Sie uns zunächst kurz über die Bewältigung der Geflügelpest reden. Im Prinzip ist die Stallpflicht für die Tiere gewerblicher und privater Geflügelhalter aufgehoben, abgesehen von einigen Risikogebieten. Stimmt das so?
    Meyer: Ja. Ich habe sehr große Zweifel an der Stallpflicht, weil wir haben noch Fälle in Niedersachsen. Die sind aber geschlossene Putenställe. Und die Hinweise, die wir haben, zeigen, dass es eher Versäumnisse bei diesen Großbetrieben in der Biosicherheit gibt und es nicht über Wildvögel oder Luft verbreitet ist. Deshalb sollten wir dort neue Regelungen treffen.
    Kuhlmann: Für die Agrarminister-Konferenz haben Sie ja zusammen mit Ihrem grünen Kollegen aus Schleswig-Holstein, mit Robert Habeck, einen Vorschlag zur Neuordnung der EU-Agrarzahlungen vorgelegt. Europas Landwirte sollen weniger Direktzahlungen bekommen, damit mehr Geld für das tiergerechte Halten von Geflügel, Schweinen, Rindern und für den Umweltschutz bleibt. Stichwort "die Sau rauslassen". Was könnte die Lebensbedingungen von Nutztieren ganz konkret verbessern?
    Meyer: Wir haben jetzt den Fall, dass die EU 55 Milliarden Euro an Agrarzahlungen gibt. Trotzdem geht das Höfesterben weiter, es geben immer mehr Betriebe auf. Die Biodiversität, die Artenvielfalt nimmt ab und der Tierschutz kommt überhaupt nicht vor, denn Tierhalter sind weitgehend außen vor bei den Agrarzahlungen. Deshalb wollen wir mindestens eine Milliarde pro Jahr an die Tierhalter für bessere Tierhaltungsbedingungen, die Sau rauslassen, Ende des Kastenstandes, bessere Haltungsbedingungen bei Hühnern und auch die gesellschaftlich gewünschte Weidehaltung von Kühen fördern und nicht Massentierhaltung oder Großgrundbesitz.
    38-Punkte-Programm aufgesetzt
    Kuhlmann: Und das kommt ja nicht von ungefähr, denn Niedersachsen ist eines der Bundesländer mit besonders viel Nutztierhaltung, aber auch mit einem Tierschutzplan, den Sie ganz gerne als Blaupause für den Bund verstanden wissen möchten. Wie sieht dieser Tierschutzplan denn aus?
    Meyer: Wir haben dort insgesamt 38 Punkte zur Verbesserung der Tierhaltung umgesetzt. Zum Beispiel haben wir das Abschneiden der Schnäbel von Hühnern Ende letzten Jahres verboten und die Landwirte haben es auch alle umgesetzt. Wir wollen, dass die Ringelschwänze bei den Schweinen dranbleiben. Wir wollen bessere Haltungsbedingungen. Wir haben unseren Plan aber so gut wie abgearbeitet und wir wollen deshalb, dass es bundesweit eine Verbesserung der Haltungsbedingungen gibt. Niedersachsen hat einen enormen Zuwachs bei Freilandhühnern, im Biobereich, bei besser gehaltenen Tieren. Wir sind das Weideland Nummer eins, die meisten Kühe auf der Weide stehen in Niedersachsen. Und das wollen wir gerne stärken, ausbauen und erhalten, und deshalb wollen wir einen gemeinsamen Bund-Länder-Tierschutzkonsens haben, wo Landwirte Planungssicherheit haben und wir aber auch die Förderbedingungen in Richtung mehr Tierschutz umstellen.
    Kuhlmann: Sie treffen ja heute und in den nächsten beiden Tagen auf Kollegen aus anderen Bundesländern, zum Beispiel auch aus Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, wo zum Teil ganz andere Vorstellungen herrschen. Die Agrarminister-Konferenz kann aber nur einstimmige Beschlüsse fassen. Was haben Sie sich denn einfallen lassen, um Ihre Kollegen zu überzeugen?
    Meyer: Wir haben es hingekriegt, dass wir gemeinsam gefordert haben bei der Milchkrise, dass es dort eine europäische Lösung gibt in Richtung Mengenreduzierung. Das haben wir einstimmig beschlossen. Und wir wollen natürlich auch, dass die in Ostdeutschland nicht Zustände kriegen, dass dort industrielle Massentierhaltung weiter zunimmt, sondern eine Vielzahl von Betrieben ist. In Ostdeutschland gibt es schon hohe Ökoanteile, Bioanteile in vielen Betrieben, und von daher ist das, was wir Agrarwende nennen, eigentlich etwas, was viele wollen. Der Bund sagt, die Bayern sagen, wir wollen mehr Kleinbetriebe stärken, die Vielfalt von Betrieben. Ich glaube, dass man nur, wenn man den Konsens mit Umwelt-, Tierschutz, Verbrauchern, Landwirten gemeinsam hinkriegt, dass es dann für alle Seiten Zufriedenheiten gibt.
    Kuhlmann: Noch bis Freitag dauert die Konferenz der Länder-Agrarminister in Hannover. Welche Themen dort im Vordergrund stehen, das erläuterte Christian Meyer, der niedersächsische Landwirtschaftsminister. Ihnen vielen Dank nach Hannover.
    Meyer: Bitte!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.