Freitag, 10. Mai 2024

Archiv


Bundesbank warnt vor Überhitzung am Immobilienmarkt

Während sich Häuslebauer über das historisch niedrige Zinsniveau freuen, wird es für den Finanzsektor immer mehr zum Problem. Insbesondere die stark steigenden Immobilienpreise bereiten der Bundesbank Sorgen, auch wenn sie das Wort "Blase" nach wie vor meidet.

Von Michael Braun | 14.11.2012
    Eigentlich passt der Bundesbank ja die ganze Richtung nicht: die Staaten-Retterei, die niedrigen Leitzinsen, das billige Geld. Über die geldpolitische Frustration hinaus fürchtet sie Fehlanreize in der Finanzwirtschaft. Die etwa, dass die Lebensversicherungen auf Dauer ihre Leistungszusagen nicht erfüllen könnten. Und sich deshalb neue Geschäftsfelder suchen, die direkte Kreditvergabe zum Beispiel. Oder die Finanzierung von Infrastruktur- und Immobilienprojekten:

    "Das Vordringen von Versicherern erhöht den Wettbewerb auf diesen Märkten. Auch dies gehört zu dem sich ändernden Umfeld für die Banken."

    Weiß Andreas Dombret, im Vorstand der Bundesbank für die Finanzmarktstabilität verantwortlich. Zu diesem Umfeld gehöre auch die Sorge der Menschen, Geld und Währung könnten nicht stabil bleiben. Und deshalb kauften sie Immobilien. Von einer Immobilienblase will die Bundesbank zwar noch nicht reden. Aber:

    "Preisübertreibungen in einzelnen regionalen Teilmärkten können daher nicht ausgeschlossen werden."

    Die Bundesbank hat hingeschaut: In Zentren wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und München seien die Preise für Neubauten voriges Jahr um mehr als neun Prozent gestiegen. Dieses Jahr würden Eigentumswohnungen dort rund elf Prozent teurer. Dombret warnte namens der Bundesbank:

    "Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass es gerade in einem Umfeld niedriger Zinsen und hoher Liquidität zu Übertreibungen an den Immobilienmärkten kommen kann."

    Und wenn die auffliegen, so die Botschaft, hätten die Geldgeber ein Problem. Nun sei Deutschland nicht Spanien. Nirgendwo seien mit Spanien vergleichbare Immobilienblasen in Sicht. Aber: Deutsche Banken hätten noch gut 99 Milliarden Euro Forderungen gegenüber Spanien. Und gut 103 Milliarden gegenüber Italien, zählte Bundesbankvizepräsidentin Sabine Lautenschläger auf und schlussfolgerte:

    "Die Anfälligkeit gegenüber einer Eskalation der europäischen Staatsschuldenkrise bleibt damit ein hohes Risiko für den deutschen Bankensektor."

    Doch insgesamt seien die Banken in robusterer Verfassung als vor fünf Jahren: Sie hätten Risiken abgebaut, Eigenkapital angesammelt. Und sich neu ausgerichtet. Oft allerdings aufs gleiche Ziel: die Kreditvergabe an private und Unternehmenskunden.

    "Insgesamt stellt sich für die deutsche Kreditwirtschaft bei gestiegenen Kosten und dem sich abzeichnenden härteren Wettbewerb die Frage, ob es in Deutschland ausreichend auskömmliche Geschäft für alle Banken gibt."

    Eine Konsolidierung des Bankensektors durch weitere Fusionen und Übernahmen, ermunterte die Bundesbank, solle kein Tabu sein.