Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Bundesrat billigt Reform des Aufenthaltsgesetzes
Bleiberecht, aber auch schnellere Abschiebung

Der Bundesrat hat der Reform des Aufenthaltsgesetzes zugestimmt. Im Kern sieht diese einerseits vor, das Bleiberecht für gut integrierte Ausländer auszuweiten. Andererseits wird auch die Abschiebepraxis verschärft, was im Bundesrat auch auf Kritik stieß.

Von Johannes Kulms | 10.07.2015
    Der vollbesetzte Plenarsaal des Bundesrats in Berlin vom Zuschauerrang aus gesehen. Ein Politiker steht am Rednerpult.
    Der Bundesrat hat der Reform des Aufenthaltsgesetzes zugestimmt. (dpa / Gregor Fischer)
    Nun ist sie also beschlossene Sache: die Reform des Aufenthaltsgesetzes in Deutschland. Der Bundesrat gab am Freitagvormittag seine Zustimmung für die Gesetzesänderungen. Über das Für und Wider war in den letzten Monaten heftig diskutiert worden. Im Kern sieht die Reform einerseits vor, das Bleiberecht für gut integrierte Ausländer auszuweiten. Andererseits aber auch, die Abschiebepraxis zu verschärfen:
    "Beide Seiten des Gesetzes - Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung - bedingen sich einander. Humanitäre Verbesserungen sind ebenso wichtig wie die konsequente Rückführung der Nicht-Schutzbedürftigen. Wir brauchen beides, um langfristig die Akzeptanz in unserer Bevölkerung zu erhalten."
    Sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Ole Schröder. In Deutschland leben rund 120.000 sogenannte Geduldete. Also Menschen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt sind, die aber aus unterschiedlichen Gründen nicht abgeschoben werden.
    Rund 30.000 von ihnen sollen nach dem neuen Gesetz nun die Chance auf ein längerfristiges Bleiberecht bekommen. Nämlich dann, wenn sie bereits seit einigen Jahren in Deutschland leben, die Sprache gut beherrschen und ihren Lebensunterhalt selbst sichern können. Auch ein Bekenntnis zur "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" ist dafür Voraussetzung.
    Bedenken gegen die Gesetzesänderung
    Die Kritik an der Reform konzentriert sich vor allem darauf, dass künftig Menschen mit keinerlei Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht schneller abgeschoben werden. Auch an diesem Vormittag im Bundesrat kommen viele Bedenken gegen das Gesetz zur Sprache:
    "Um es klar zu sagen: Das vorliegende Gesetz macht einen kleinen Schritt nach vorne bei der Bleiberechtsregelung. Aber es macht eben auch große Schritte zurück bei der Abschiebehaft, den Einreise- und Aufenthaltsverboten. Und es drängt sich der Eindruck auf, dass mit diesem Gesetz nicht Integration in erster Linie befördert werden soll, sondern die Aufenthaltsbeendigung forciert wird."
    So Benjamin-Immanuel Hoff, Chef der Thüringer Staatskanzlei und Landesminister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten.
    Kritikpunkt Ausreisegewahrsam
    Um Abschiebungen durchzuführen, wird mit dem Gesetz künftig ein neuer "Ausreisegewahrsam" geschaffen. Dieser ermöglicht es, Menschen kurz vor ihrer Abschiebung bis zu vier Tage festzuhalten.
    Zudem legt die Reform auch zahlreiche Gründe fest, um eine Abschiebehaft anzuordnen. Die Integrationsministerin von Rheinland-Pfalz, Irene Alt, sagt dazu:
    "Die Abschiebehaft ist eine sehr zweifelhafte Schwerpunktsetzung. Haft ist das schärfste Schwert, das unser Staat in die Hand nimmt. Haft ist immer nur Ultima Ratio. Warum betont dieser Gesetzesentwurf dann Abschiebehaft so sehr? Warum fehlen Alternativen wie etwa eine Meldepflicht oder eine Kautionsregelung?"
    Durch das Gesetz werde auch die Chance vertan, dem Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft entgegenzuwirken, kritisiert Irene Alt. Innenstaatssekretär Schröder weist die Kritik zurück: Mit dem Gesetz reagiere die Bundesregierung auf die aktuellen Herausforderungen der Migrationspolitik.