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Bundestag beschließt Parität
50:50-Finanzierung in der Krankenversicherung

Es war ein Tabubruch, als Arbeitnehmer 2005 verpflichtet wurden, bestimmte Kosten im gesetzlichen Gesundheitssystem alleine zu tragen. Diese Ungleichheit schafft Schwarz-Rot wieder ab: Von 2019 an sollen Arbeitgeber und Angestellte die Krankenversicherung wieder mit gleich hohen Beiträge finanzieren.

Von Volker Finthammer |
    Gesundheitskarten verschiedener Krankenkassen liegen auf einem Tisch.
    Arbeitgeber sollen ab 2019 zur gesetzlichen Krankenversicherung wieder genauso hohe Beiträge leisten wie ihre Angestellten. (dpa / Jens Kalaene)
    Es gilt als eines der wenigen Entlastungsgesetze der schwarz-roten Koalitionen dieser Legislaturperiode: die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Damit nimmt die große Koalition eine Reform zurück, die sie erst vor gut vier Jahren bestätigt hatte.
    Seit 1951 war es ein Kennzeichen des bundesdeutschen Sozialversicherungssystem gewesen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge paritätisch - also je zur Hälfte - schulterten. 2005 brach ausgerechnet Rot-Grün - im Geiste der Agenda 2010 - mit diesem Grundsatz. Arbeitnehmer wurden per Gesetz verpflichtet, einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz zu zahlen. Dieser diente zur Kostenbeteiligung an Zahnersatzleistungen und Krankengeld.
    2015 bestätigte die damalige schwarz-rote Regierung dieses Prinzip: Der von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zur Hälfte zu finanzierende Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung wurde auf 14,6 Prozent festgeschrieben. Darüber hinaus gehende Kosten der einzelnen Krankenkassen mussten allein die Versicherten über den sogenannten Zusatzbeitrag aufbringen. Dieser Zusatzbeitrag lag 2018 durchschnittlich bei 0,9 Prozent - tatsächlich aber je nach Kasse zwischen 0,4 und 1,8 Prozent.
    Ab 2019 gilt wieder halbe-halbe
    Ab dem kommenden Jahr sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Zusatzbeitrag zur Gesetzlichen Krankenversicherung wieder zu gleichen Teilen finanzieren. Damit werden auch die Arbeitgeber wieder an den künftigen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen beteiligt. Aktuell handelt es sich um ein Volumen von 6,9 Milliarden Euro pro Jahr, von dem die Arbeitgeber künftig wieder die Hälfte tragen müssen.
    Der paritätisch finanzierte allgemeine Beitragssatz in Höhe von 14,6 Prozent bleibt jedoch erhalten. Die Regelung umfasst nur die hälftige Finanzierung des Zusatzbeitrags, ließe sich demnach in einem künftigen Gesetzgebungsverfahren auch wieder leicht zurücknehmen.
    Krankenkassen müssen ihre Rücklagen abbauen
    Das Gesetz sieht auch eine Entlastung kleiner Selbstständiger vor, die sich in der Gesetzlichen Krankenkasse versichern wollen. Demnach soll der monatliche Mindestbeitrag für Selbstständige ab dem kommenden Jahr auf rund 171 Euro pro Monat halbiert werden. So sollen die gesetzlichen Krankenkassen für kleine Selbständige attraktiver werden, die bislang wegen der hohen Beiträge in die privaten Krankenkassen abgewandert sind. Die Privaten Krankenkassen bieten meist erheblich niedrigere Einstiegstarife, die im fortgeschrittenen Lebensalter risikobedingt aber meist deutlich teurer werden.
    Mit dem Versichertenentlastungsgesetz, das keiner Zustimmung durch den Bundesrat bedarf, werden die Krankenkassen zudem dazu verpflichtet, ihre zum Teil hohen Rücklagen abzuschmelzen. Ihre Rücklagen dürfen dem neuen Gesetz zufolge künftig eine Monatsausgabe nicht mehr überschreiten. Überschüssige Beträge müssen ab dem Jahr 2020 innerhalb von drei Jahren abgebaut werden. Da die Rücklagen der einzelnen Kassen jedoch recht unterschiedlich ausfallen, soll in einem späteren Gesetzgebungsverfahren der sogenannte Risikostrukturausgleich (RSA) reformiert werden, um den Wettbewerb zwischen den einzelnen Kassen nicht weiter zu verzerren.