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Koalition verzögert weiter Entscheidung über Bildungsmilliarden

Die Bundesregierung tut sich schwer mit der Bildungsfinanzierung. Zwar sind Milliardenbeträge zugesagt, doch Bildung ist Ländersache, und so gibt es immer noch Streit, wie die Mittel verteilt werden können.

Von Christiane Habermalz | 21.05.2014
    Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) verfolgt am 16.01.2014 in Berlin die Sitzung des Bundestages. Eines der Themen der Beratung war der Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit.
    Wohin fließen die Mittel von Bildungsministerin Johanna Wanka? (picture alliance / dpa / Soeren Stache)
    Bis zuletzt war unklar, ob sich die Spitzen von Union und SPD endlich über die Verwendung der den Ländern im Koalitionsvertrag zugesagten Bildungsmilliarden für die Länder verständigen würden. Am Ende war klar: keine Entscheidung, wieder nicht. So musste der Bildungsausschuss des Bundestages heute über den Etat von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka beraten, ohne dass diese zentrale Frage beantwortet worden wäre. Kai Gehring, grüner Bundestagsabgeordneter und bildungspolitischer Sprecher seiner Fraktion, ist sauer:
    "Ich finde das Verfahren der Großen Koalition völlig inakzeptabel. Das muss im Bildungs- und Forschungsausschuss mit entschieden werden, wie die Bildungs- und Forschungsmittel vergeben werden. Aber offenbar plant die Große Koalition, dass Merkel, Seehofer, und Gabriel im kleinsten Kreis am Ende entscheiden, wohin die Bildungs- und Forschungsmittel fließen. Das gehört ganz klar ins Parlament."
    Die Angeordneten sind "not amused", und zwar parteiübergreifend, auch wenn Stefan Kaufmann, bildungspolitischer Sprecher der CDU/CSU, eine Missachtung des Parlaments, von der die Opposition spricht, nicht erkennen will:
    "Natürlich hätten wir uns alle gewünscht, dass die Einigung jetzt vorher erfolgt wäre, aber das sind jetzt nun mal die Gegebenheiten, und wir haben uns jetzt über den Haushalt verständigt unter Vorbehalt, dass nachher dann entsprechend über die sechs Milliarden, oder sechs plus drei Milliarden entschieden wird."
    Handlungsunfähigkeit beim Thema Bildung
    Die Große Koalition tut sich schwer mit der Bildungsfinanzierung. Sechs Milliarden für Kitas, Schulen und Hochschulen, drei Milliarden für die Ausfinanzierung von Hochschulpakten und Forschung sollen den Ländern aus Bundesmitteln zusätzlich zufließen, so die Zusage. Doch weil Bildung Ländersache ist, ist es dem Bund verboten, direkt in Bildungsaufgaben zu investieren. Dieses Kooperationsverbot war auf Druck der Länder erst 2006 bei der Föderalismusreform der damaligen Großen Koalition im Grundgesetz verankert worden. Wie das Geld trotzdem verfassungsrechtlich sauber an die klammen Länder fließen kann, darüber herrscht seit Wochen Streit zwischen Union und SPD. Ausgerechnet bei dem wichtigen Thema Bildung herrsche eine Handlungsunfähigkeit, wie er sie noch nie erlebt habe, schimpft Gehring, er warf der Koalition "Zukunftsvergessenheit" vor:
    "Wir erleben diese Woche auch ein eklatantes Missverhältnis zwischen einem riesigen Rentenpaket und den mageren möglichen Mitteln für Bildung und Forschung. Die Mittel sind insgesamt viel zu wenig für diese Zukunftsinvestition, und deshalb sagen wir auch sehr klar, es braucht generell eine neue Finanz- und Verfassungsarchitektur."
    Doch eine Einigung über ein Ende des Kooperationsverbots, wie es von Hochschulen und Forschungsgemeinschaften gefordert wird, ist vorerst nicht in Sicht. Solange sich die Koalition streitet, ist das dringend benötigte Bundesgeld für Bildung beim Finanzminister geparkt - nicht nur der zuständige Ausschuss, sondern auch Bundesbildungsministerin Wanka ist bei der Entscheidung der Mittelverwendung aus ihrem Etat außen vor. Das werde an anderer Stelle entschieden, musste sie vor dem Ausschuss einräumen. Die Situation sei verknotet, sagte gestern Abend auch KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann:
    "Wir wissen ja noch nicht mal, für welche Zwecke die Große Koalition die sechs Milliarden ausgeben will. Auch das ist verhakt. Bei der Rente ist man sich einig, und bei der Bildung kommt man nicht voran."
    Union will Zweckbindung
    Die Länder wollen, dass das Geld unbürokratisch und ohne Auflagen fließt - schließlich wüssten die Landeskultusministerien am besten, wo das Geld gerade am nötigsten gebraucht werde, jedes Land sei unterschiedlich weit etwa im Ausbau von Kitas, der Umsetzung von Inklusion oder in der Ausstattung der Universitäten. SPD-Parteichef hat sich diese Position zu eigen gemacht. Doch die Union besteht auf einer Zweckbindung der Gelder. Kaufmann:
    "Es besteht eben die Gefahr, dass die Länder ihre Bildungsausgaben herunterfahren, und praktisch ihre Minderausgaben substituieren durch das konditionsfrei gegebene Geld vom Bund, und am Ende hatte dann eben die Bildung nicht gewonnen. Das ist die Sorge, die wir haben, wenn das Geld ohne Zweckbindung an die Länder geht."
    Doch angesichts steigender Studienanfängerzahlen und ungelöster Finanzprobleme im gesamten Bildungsbereich wächst der Druck auf die Koalition. Eine Entscheidung könnte bereits am Samstag fallen, wird unter der Hand verbreitet. Klar ist, dass im kleinsten Kreis entschieden wird. Wann der Ausschuss und die zuständige Ministerin über das Ergebnis informiert werden, bleibt abzuwarten.