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Bundestagberichterstattung wird ausgeweitet

Dass das Interesse der Bürger am Bundestag tatsächlich kein rein touristisches ist, belegen die Zahlen der Besuche auf der Homepage des Bundestages: 25 Millionen mal werde die Seite Jahr für Jahr angeklickt - weit geringer die Nachfrage nach den Live-Streams des Deutschen Bundestages. Weder die online verfügbare Hörversion, noch die Videos der Debatten stoßen auf eine nennenswerte Anhängerschar - anders als die weitaus populäreren Fernsehübertragungen aus dem Reichstag.

Von Jacqueline Boysen |
    Der Deutsche Bundestag sei möglicherweise nicht das populärste, wohl aber das meistbesuchte Parlament der Welt, vermutet Bundestagspräsident Norbert Lammert. Drei Millionen Besucher erklimmen Jahr für Jahr die Kuppel des Reichstagsgebäudes.

    "Nun legen wir nicht nur großen Wert darauf, dass das Gebäude für Besucher zugänglich ist, wir legen ebensoviel Wert darauf, dass neben Räumen, Ausstattung und Kunst in den Räumen des Parlaments vor allem auch die Arbeit des Bundestages transparent ist. Das entspricht auch der Verfassungslage. Die Verhandlungen des Deutschen Bundestages finden öffentlich statt, wie es im Grundgesetz lautet. Viele von Ihnen wissen, dass ich mich seit Beginn meiner Amtszeit darum bemüht habe, diesen Aspekt vor allen Dingen mit Blick auf die Fernsehberichterstattung zu verbessern."

    Mit der Begründung, dass sich die öffentlich-rechtlichen Sender weitgehend aus der Live-Berichterstattung aus dem Plenarsaal zurückgezogen hätten, war der Bundestagspräsident stets Verfechter eines eigenen Parlamentskanals - ungeachtet verfassungsrechtlicher Bedenken und erheblicher Kritik an einer Eigendarstellung im Stile des Staatsfernsehens. Nun scheinen Lammerts Pläne ad acta gelegt, denn ARD, ZDF und Phoenix werden ihre Live-Berichterstattung aus dem Bundestag ausdehnen.

    "Dazu hat es in den vergangenen Monaten eine Reihe von Gesprächen gegeben, die vor der Sommerpause zu einem für mich sehr befriedigenden Ergebnis geführt haben, so dass sich unter Berücksichtigung dieser Vereinbarung und der Erprobungszeit, die wir bis zum Ende der Legislaturperiode vereinbart haben, die Frage eines eigenen Parlamentsfernsehens bis auf weiteres zunächst einmal erledigt."

    Vereinbart sei, dass Phoenix zunächst bis zum Ende der Legislaturperiode die Übertragungen aus dem Bundestag ausweitet. Der Sender werde über alle Debatten sowie über die Fragestunden des Parlaments live berichten. An Sitzungstagen mit einer bis in den Abend ausgedehnten Tagesordnung wird dem politikinteressierten Zuschauer ein kommentierter Zusammenschnitt geliefert. Wohl gebe es keine schriftliche Vereinbarung, aber auch ARD und ZDF hätten versichert, künftig wieder live aus dem Reichstagsgebäude zu senden.

    "Wichtig ist mir schon, dass es sowohl die Zusage gibt, dass in Zukunft herausragende Veranstaltungen wie etwa die jährliche Veranstaltung zum 27. Januar, die alle in den vergangenen Jahren im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht stattgefunden haben, dann selbstverständlicher Bestandteil der Berichterstattung, und zwar nicht der Nachrichten, sondern der Live-Berichterstattung werden. In diesem Zusammenhang möchte ich gern hinzufügen, dass ich mich auch über die Absicht von Deutschlandfunk und Deutschlandradio freue, auch die Live-Berichterstattung über Parlamentsdebatten im Hörfunk zu intensivieren und die eigenen Parlamentskorrespondenten hier in stärkerem Masse an der aktuellen Live-Berichterstattung über Parlamentsdebatten im Hörfunk stärker zu beteiligen."

    Auf die Präsenz der Abgeordneten im Plenarsaal oder gar die Qualität der Debatten werde sich das Vorhaben nicht unbedingt auswirken, meint der Bundestagspräsident. Doch stelle man sicher, dass die Arbeit des Parlaments umfassend dokumentiert werde, freut sich Lammert. Michael Hirz, Programmgeschäftsführer von Phoenix macht allerdings eine kleine Einschränkung:

    "Wir haben uns darauf verpflichtet, es sei denn, sehr, sehr spektakuläre andere Ereignisse sind da, die dann eben aus Gründen der journalistischen Güterabwägung Vorrang haben. Aber auch dann werden wir immer das Parlament in der Form bedienen, dass wir nicht live übertragen, aber nachliefern."

    Zunächst für ein Jahr werden die Kameras der Sender auf das Rednerpult unter der Kuppel gerichtet sein. Dann folgt ein Kassensturz, schließlich erwachsen Phoenix zusätzliche, noch nicht bezifferte Kosten für den Dienst an der Demokratie.