Zu Beginn der Verhandlungen sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, das Verfahren stelle auch für die Richter eine Herausforderung dar. Denn das Gesetz sei relativ offen formuliert und das Gericht müsse dem nun "inhaltliche Konturen verleihen." Er betonte, ein Parteiverbot sei ein zweischneidiges Schwert: "Es schränkt die Freiheit ein, um Freiheit zu bewahren."
Zwei Befangenheitsanträge zu Beginn
Die NPD stellte zum Auftakt Befangenheitsanträge gegen zwei Richter. Sie richten sich gegen den zuständigen Berichterstatter Peter Müller und gegen Richter Peter Huber. Müller habe sich als saarländischer CDU-Ministerpräsident von 1999 bis 2011 mehrfach negativ und abwertend über die NPD geäußert.
Huber habe sich in seiner Zeit als thüringischer Innenminister von November 2009 bis November 2010 mehrfach für ein Verbot der NPD ausgesprochen und einen Ausschluss aus der Parteienfinanzierung gefordert, sagte der NPD-Anwalt Peter Richter. Beide seien zudem in ihren Ämtern direkte Vorgesetze der Verfassungsschutzbehörden ihrer Länder gewesen.
Thierse für Verbot, Baum dagegen
Die Bundesländer hatten den Verbotsantrag über den Bundesrat eingereicht. Mehrere Ministerpräsidenten und Landesinnenminister erschienen zum ersten Verhandlungstag. Die Einschätzungen in der Politik über den Sinn des Verfahrens gehen auseinander. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hält das NPD-Verbotsverfahren für richtig. Einerseits müsse ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt werden. Andererseits müsse auch die Finanzierung der NPD unterbunden werden, sagte er im Deutschlandfunk. Wenn die Partei nicht verboten würde, wäre das ein Triumph für die Rechten.
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) erwartet dagegen kein NPD-Verbot. Die Äußerungen der NPD seien zwar widerlich, aber durch die Meinungsfreiheit geschützt, sagte er dem Radiosender Bayern 2. Etwas anderes sei es, wenn die NPD beginne, die Stabilität der Demokratie zu gefährden. Das sei aber wohl nicht der Fall.
Forscher warnt vor Folgen eines Verbots
Der Rechtsextremismus-Forscher Dierk Borstel sieht das Verfahren ebenfalls kritisch. Er warnte im Deutschlandfunk, wenn die Partei verboten würde, gebe es weiter Menschen mit rechtsextremen Einstellungen - und die könnten dadurch noch gefährlicher werden. Er habe aber keinen Zweifel, dass die Partei verfassungswidrig sei.
Borstel ist Gutachter in dem Verfahren. Er betonte, die Kriterien für ein Verbot seien in den 50er-Jahren entstanden. Eine Voraussetzung sei, dass die Partei "aktiv-kämpferisch" ist. "Die große Frage ist: was heißt heute aktiv-kämpferisch?" Das Gericht müsse klären, ob es dafür schon reiche, zu Wahlen anzutreten oder Propaganda einzusetzen, oder ob dafür unmittelbar Gewalt angewendet werden müsse.
Bisher zwei Parteien verboten
Es ist bereits der zweite Anlauf, um die NPD zu verbieten. Ein erstes Verfahren im Jahr 2003 war mit der Begründung gescheitert, dass der Verfassungsschutz damals bis in die Parteispitze hinein Informanten hatte. Die Richter mussten damals davon ausgehen, dass die V-Leute in Führungsgremien der Partei selbst die Ausrichtung der NPD mit bestimmt und geprägt haben.
In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bisher nur zwei Parteiverbote: 1952 gegen die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 gegen die als stalinistisch eingeordnete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).
Das Gesetz im Wortlaut: (Grundgesetz, Artikel 21):
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
(hba/tzi)