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Bunt, bunt, bunt sind alle meine Tonnen

Sind die gelben, blauen und grauen Mülltonnen sinnvoll? Oder wäre es nicht besser, den Müll erst später zu sortieren? Darüber macht sich private und kommunale Entsorgungsunternehmen Gedanken. Sie fordern eine Neuordnung des Recyclingsystems.

Von Anna Florenske |
    Graue Tonne, blaue Tonne, gelbe Tonne und braune Tonne. Ist bald Schluss mit diesem Mülltonnen-Sammelsurium vor unserer Haustür? In Kassel untersucht man zum Beispiel noch bis März, ob zwei Arten von Mülltonnen ausreichen: eine für nassen Abfall und eine für trockenen. In der nassen Tonne landen zum Beispiel Bioabfälle, aber auch feuchter Restmüll wie Windeln. In der trockenen Tonne finden sich sämtliche trockenen Abfälle, auch alle Arten von Kunststoffen, Metallen, Holz und sogar Elektrokleingeräte.

    Rudolf Alsdorf geht noch einen Schritt weiter: Der Geschäftsführer eines privaten Entsorgungsunternehmens vom Niederrhein ist sich sicher, dass weniger Mülltonnen sogar besser sind, um den Abfall und seine Reststoffe zu erfassen. Sein Argument: Die Erfahrung zeige, dass viele Verbraucher eh nicht so genau trennen, wie die Entsorger das gerne hätten:

    "Im Restabfall sind noch erhebliche Anteile Leichtstoffverpackungen und auch Papier beinhaltet. Wohingegen leider auch in den gelben Tonnen, gelben Säcken erhebliche Anteile Restabfall sind. Also lag die Idee nahe zu sagen: Wir packen diese beiden Abfallströme in ein Sammelsystem und sortieren dann aus - und kommen damit zu höheren Verwertungsquoten."

    So entstand die Idee, den "grauen" Restmüll und den "gelben" Verpackungsabfall zusammen in einer Tonne zu sammeln. "Gelb in Grau" nennt das Rudolf Alsdorf - oder scherzend "Zebratonne". Das lupenreine Trennen können dann später spezielle Sortierungsanlagen übernehmen. Ob sich dadurch wirklich mehr wiederverwertbare Rohstoffe wie Plastik und Alu - also die so genannten Wertstoffe - aus dem Müll fischen lassen, wollte der Entsorger herausfinden. In Selfkant bei Heinsberg haben die Bürger versuchsweise zehn Monate lang eine gelb-graue Tonne benutzt:

    "In einer kompletten Gemeinde mit ungefähr 10.000 Einwohnern. Von vornherein sind diese Versuche durchgeführt worden im Rahmen eines Projektes des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums. Die Ergebnisse waren recht überzeugend. Die stofflich verwertbaren Mengen waren wesentlich höher."

    Die Ausbeute an Wertstoffen erhöhen und die Müllmenge zugleich verringern - das hört sich viel versprechend an. Doch trotzdem glaubt Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund Deutschland nicht an die Zukunft solcher Sammelsysteme.

    "Die gemeinsame Erfassung von jetzt getrennten Abfällen wie 'Gelb in Grau' oder 'Trockene Tonne, nasse Tonne' ist unseres Erachtens nicht ökologisch zielführend. Es ist sehr wichtig, die Abfälle getrennt zu erfassen, um eine möglichst hohe Qualität und einen geringen Verschmutzungsgrad der Abfälle bei der Einsammlung schon zu erreichen, sodass diese dann auch stofflich wiederverwertet werden können."

    Besonders bei der Sammelmethode "gelbe Tonne in graue Tonne" sind die wieder verwertbaren Anteile im Müll nicht so gut weiter zu verarbeiten - auch wenn man durch das Verfahren mengenmäßig mehr Wertstoffe erfassen kann, erklärt der Abfallexperte auf einer Veranstaltung:

    "Es wird mit Sicherheit so sein, dass gemeinsame Erfassung mit dem Restmüll, also auch mit dem schmutzigen Anteil, mit dem schmierigen, mit den organischen Fraktionen, die da zum Teil noch drin sind, immer noch ein Problem bleiben würden; egal, wie man es macht."

    Dem stimmt Thomas Rummler, Leiter der Abteilung Abfallwirtschaft im Bundesumweltministerium zu. Auch er sieht derzeit keinen Vorteil darin, das bestehende Sammelsystem zu verändern:

    "Dazu gibt es schon eine Reihe von Modellvorhaben in den vergangenen Jahren. Die, unterm Strich, gezeigt haben, dass der Status Quo der Wertstofftonne ökologisch Vorteile hat. Und aus dem Restmüll heraus bekommt man, das sind die Erfahrungen, die wir bislang haben, nicht die Qualitäten, wie bei einer getrennten Sammlung aus einer Wertstofftonne. Und kostenmäßig stellt sich dies auch gar nicht mal schlechter dar."

    Über eine Verbesserung unseres derzeitigen Sammelsystems denkt man allerdings doch gerade nach im Bundesumweltministerium, verrät Thomas Rummler: Über die sogenannte "gelbe Tonne Plus". Ihr Unterschied zur bestehenden gelben Tonne: Die gelbe Tonne Plus soll wirklich für alle Arten von Wertstoffen offen sein, also auch für kleine Metallteile und Kunststoffe ohne grünen Punkt, zum Beispiel alte Salatschüsseln oder Plastikbälle. Für die Verbraucher würde damit das Mülltrennen ein kleines bisschen einfacher. Und mehr wieder verwertbaren Stoffe könnten erfasst werden, da sind sich die Umweltexperten einig.