Dienstag, 21. Mai 2024

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Bunte Richtungen

Auch morgen früh wird die Sonne wieder im Osten aufgehen - genau so wie sie es seit der Entstehung der Erde vor viereinhalb Milliarden Jahren macht. So wie immer wird sie auch morgen im Westen untergehen. Wir nehmen diesen täglichen Ablauf als selbstverständlich. Für Menschen alter Kulturen war der Zyklus jedoch mystisch. Man stärkte ihn mit Gebeten und Opfern. Bei den Mayas Mittelamerikas hatten die Himmelsrichtungen Osten und Westen beispielsweise ihre eigenen Götter und Farben - ebenso der Norden und der Süden und sogar der Zenit. Die Bedeutung dieser fünf Richtungen symbolisierte die Einheit von Zeit und Raum in ihrer Kultur. Der Osten hieß "Likin" - die Richtung, "wo die Sonne aufgeht". Die zweite Silbe des Namens hat verschiedene Bedeutungen: Tag, Zeit und Sonne. Dem Osten ordnete man die Farbe Rot zu - die Farbe des Sonnenaufgangs. Der Westen hieß "Chikin" - "wo die Sonne untergeht" und wurde durch das Schwarz der Nacht ausgedrückt. Der Norden "zur Rechten der Sonne" war weiß, der Süden "zur Linken der Sonne" gelb. Die Mayas waren nicht das einzige Volk, das die Himmelsrichtungen mit viel Respekt betrachtete. Mehrere nordamerikanische Indianerstämme folgten einem ähnlichen Muster. Auch sie verbanden die Himmelsrichtungen mit bestimmten Göttern oder Eigenschaften. Wie die Mayas hofften auch sie, daß sie durch diesen Respekt den Zyklus des Lebens bewahren können und ihnen stets ein neuer Sonnenaufgang gewiß war.

Damond Benningfield | 31.08.2001