"I'm Nell Montgomery, I work for the Preston Associates, Therapist and Coach"
Kluge braune Augen, schicke Kurzhaarfrisur, Chaneljäckchen. Anfang 40. Nell Montgomery, Psychotherapeutin und Executive Coach bei The Preston Associates. Zehn Jahre hat Nell Montgomery in der City gearbeitet, war Investment Bankerin bei Goldman Sachs. Dann wechselte sie die Seite. Ihre Klienten kommen nach wie vor aus der Square Mile, aber jetzt kümmert sie sich nicht mehr um ihr finanzielles, sondern um ihr psychisches Wohlergehen. Doch: Wie gerät man eigentlich bei einer Million Jahresgehalt in Nöten?
"Das ist alles sehr relativ. Sie vergleichen sich mit ihren Kollegen. Und in ihrer Welt ist es eben normal, zwei Häuser zu besitzen, teure Urlaubsreisen zu machen, alle drei Kinder auf Privatschulen zu schicken, und Vorzeigefrauen zu heiraten. Hinzu kommen die Steuern, die Hypotheken – und schon geraten sie unter Druck. Nach auβen wirkt dieser Lebensstil verrückt, aber in der City ist er normal."
Nell Montgomery studierte Sozialwissenschaft und Politologie an der Elite-Universität Cambridge. Gleich nach dem Abschluss wurde sie von Goldman Sachs angeworben und ein Jahr lang intensiv ausgebildet. Das war in den 1990er Jahren. Sie liebte ihren Job: das Tempo, die Deals, die Verantwortung - und ihr Team: Das seien witzige, kreative, hochinteressante Leute gewesen, erzählt die ehemalige Investment Bankerin. Eine solche Gruppe habe sie nie mehr gefunden. Mit einem Anflug von Nostalgie blickt sie auf ihr Arbeitszimmer. Einen hellen eleganten Wohnraum, mitten in Knightsbridge, dem Edelviertel im Westen von London. Das Finanzviertel liegt im Osten – also weit weg. Schon allein diese Distanz tue den Klienten gut.
"Viele Finanzbetriebe schauen sich nach Leuten um, die ein gewisses Maβ an Unsicherheit in sich tragen. Persönlichkeiten, die immer das Gefühl haben, dass sie anderen etwas vorspielen. Oft stammt das Problem aus der frühen Kindheit und lässt sich einfach nicht vertreiben. Selbst wenn der Betreffende unglaublich viel geleistet hat. Er muss immer mehr bringen, weil er nie das Gefühl hat, er ist gut genug. Der Wettbewerb in dieser Branche ist gnadenlos."
Deshalb also die Protzautos, die Designeroutfits, der ganze Bling. Die Therapeutin Nell Montgomery nickt.
"Diese Grandiosität, diese 'Schau mich doch mal an' Mentalität, ist bei Investment Bankern weit verbreitet. Sie lieben das Gefühl, im Zentrum des Geschehens zu sitzen und Dinge in Bewegung zu setzen, die am nächsten Tag in der Zeitung stehen. Dabei besitzen sie im Grunde eine typische Herdenmentalität: Wenn's aufregend wird, rasen sie alle auf einen Punkt zu. Dann kommt die Panik und alle fliehen in die Gegenrichtung. Total irrational. Ihre Entscheidungen sind angstgesteuert, sie entbehren jeder wesentlichen Grundlage."
Nell Montgomery stieg vor zehn Jahren auf Psychotherapie um. Nicht wegen Burn-out, sagt sie. Und auch nicht, weil sie sich als Frau im Investmentbanking benachteiligt fühlte. Sondern schlichtweg, weil sie das, was in der Seele ihrer Kollegen vorging, immer interessanter fand. Und weil sie eine Familie gründen wollte und einen gesünderen Lebensstil anstrebte. Aber wie hilft sie eigentlich ihren Klienten aus der Falle?
"Die Leute stehen unter Hochspannung. Sie kämpfen gegen Depressionen, kompensieren mit zu viel Alkohol, zu viel Essen, überzogenem Fitnesstraining, Pornografie, Affairen. In der Therapiestunde versuchen wir, die Ursachen ihrer Unsicherheit zu finden. Allein darüber zu reden schafft Erleichterung, weil sie sich im übrigen Leben so isoliert vorkommen."
Aber, vielleicht werden sie ja auch von Schuldgefühlen wegen der Finanzkrise heimgesucht? Ganz bestimmt nicht, sagt Nell Montgomery. Ihr Blick wird plötzlich sehr distanziert. Für die Krise seien auch die vielen Nicht-Banker mitverantwortlich, die sich finanziell übernommen hätten. Die Therapeutin blickt auf die Uhr. Gleich klopft der nächste Banker an die Tür. Manchmal würde Nell Montgomery am liebsten sagen: Ach wechseln Sie doch einfach Ihren Job.
"Aber zunächst einmal ist es am allerwichtigsten, dass sie sich mit normalen Leuten umgeben und nicht nur mit Bankern. Nur so können sie aus dem Teufelskreis ausbrechen, wo sie sich ständig mit Anderen messen müssen, und wo es immer Leute geben wird, die mehr verdienen."
Kluge braune Augen, schicke Kurzhaarfrisur, Chaneljäckchen. Anfang 40. Nell Montgomery, Psychotherapeutin und Executive Coach bei The Preston Associates. Zehn Jahre hat Nell Montgomery in der City gearbeitet, war Investment Bankerin bei Goldman Sachs. Dann wechselte sie die Seite. Ihre Klienten kommen nach wie vor aus der Square Mile, aber jetzt kümmert sie sich nicht mehr um ihr finanzielles, sondern um ihr psychisches Wohlergehen. Doch: Wie gerät man eigentlich bei einer Million Jahresgehalt in Nöten?
"Das ist alles sehr relativ. Sie vergleichen sich mit ihren Kollegen. Und in ihrer Welt ist es eben normal, zwei Häuser zu besitzen, teure Urlaubsreisen zu machen, alle drei Kinder auf Privatschulen zu schicken, und Vorzeigefrauen zu heiraten. Hinzu kommen die Steuern, die Hypotheken – und schon geraten sie unter Druck. Nach auβen wirkt dieser Lebensstil verrückt, aber in der City ist er normal."
Nell Montgomery studierte Sozialwissenschaft und Politologie an der Elite-Universität Cambridge. Gleich nach dem Abschluss wurde sie von Goldman Sachs angeworben und ein Jahr lang intensiv ausgebildet. Das war in den 1990er Jahren. Sie liebte ihren Job: das Tempo, die Deals, die Verantwortung - und ihr Team: Das seien witzige, kreative, hochinteressante Leute gewesen, erzählt die ehemalige Investment Bankerin. Eine solche Gruppe habe sie nie mehr gefunden. Mit einem Anflug von Nostalgie blickt sie auf ihr Arbeitszimmer. Einen hellen eleganten Wohnraum, mitten in Knightsbridge, dem Edelviertel im Westen von London. Das Finanzviertel liegt im Osten – also weit weg. Schon allein diese Distanz tue den Klienten gut.
"Viele Finanzbetriebe schauen sich nach Leuten um, die ein gewisses Maβ an Unsicherheit in sich tragen. Persönlichkeiten, die immer das Gefühl haben, dass sie anderen etwas vorspielen. Oft stammt das Problem aus der frühen Kindheit und lässt sich einfach nicht vertreiben. Selbst wenn der Betreffende unglaublich viel geleistet hat. Er muss immer mehr bringen, weil er nie das Gefühl hat, er ist gut genug. Der Wettbewerb in dieser Branche ist gnadenlos."
Deshalb also die Protzautos, die Designeroutfits, der ganze Bling. Die Therapeutin Nell Montgomery nickt.
"Diese Grandiosität, diese 'Schau mich doch mal an' Mentalität, ist bei Investment Bankern weit verbreitet. Sie lieben das Gefühl, im Zentrum des Geschehens zu sitzen und Dinge in Bewegung zu setzen, die am nächsten Tag in der Zeitung stehen. Dabei besitzen sie im Grunde eine typische Herdenmentalität: Wenn's aufregend wird, rasen sie alle auf einen Punkt zu. Dann kommt die Panik und alle fliehen in die Gegenrichtung. Total irrational. Ihre Entscheidungen sind angstgesteuert, sie entbehren jeder wesentlichen Grundlage."
Nell Montgomery stieg vor zehn Jahren auf Psychotherapie um. Nicht wegen Burn-out, sagt sie. Und auch nicht, weil sie sich als Frau im Investmentbanking benachteiligt fühlte. Sondern schlichtweg, weil sie das, was in der Seele ihrer Kollegen vorging, immer interessanter fand. Und weil sie eine Familie gründen wollte und einen gesünderen Lebensstil anstrebte. Aber wie hilft sie eigentlich ihren Klienten aus der Falle?
"Die Leute stehen unter Hochspannung. Sie kämpfen gegen Depressionen, kompensieren mit zu viel Alkohol, zu viel Essen, überzogenem Fitnesstraining, Pornografie, Affairen. In der Therapiestunde versuchen wir, die Ursachen ihrer Unsicherheit zu finden. Allein darüber zu reden schafft Erleichterung, weil sie sich im übrigen Leben so isoliert vorkommen."
Aber, vielleicht werden sie ja auch von Schuldgefühlen wegen der Finanzkrise heimgesucht? Ganz bestimmt nicht, sagt Nell Montgomery. Ihr Blick wird plötzlich sehr distanziert. Für die Krise seien auch die vielen Nicht-Banker mitverantwortlich, die sich finanziell übernommen hätten. Die Therapeutin blickt auf die Uhr. Gleich klopft der nächste Banker an die Tür. Manchmal würde Nell Montgomery am liebsten sagen: Ach wechseln Sie doch einfach Ihren Job.
"Aber zunächst einmal ist es am allerwichtigsten, dass sie sich mit normalen Leuten umgeben und nicht nur mit Bankern. Nur so können sie aus dem Teufelskreis ausbrechen, wo sie sich ständig mit Anderen messen müssen, und wo es immer Leute geben wird, die mehr verdienen."
