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CDU-Parteiführung
Amthor (CDU): Wir brauchen einen Vorsitzenden, keine Teamlösung

In der Frage der CDU-Parteiführung hat sich der CDU-Politiker Philipp Amthor gegen eine Teamlösung ausgesprochen. Es gehe darum einen Vorsitzenden zu finden, dieser müsse aber eine "integrative Kraft" haben, sagte Amthor im Dlf. Zudem müsse diese Person eine klare Abgrenzung nach rechts und links zeigen.

Philipp Amthor im Gespräch mit Christine Heuer |
Philipp Amthor spricht im Deutschen Bundestag in Berlin.
Der CDU-Politiker Philipp Amthor plädierte im Dlf für einen neuen Vorsitzenden "mit breiter Akzeptanz" (imago stock&people/Christian Thiel)
"Ich habe von der Idee der Teamlösung nicht viel gehalten", sagte der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (CDU). Er plädierte für einen einzigen Parteivorsitzenden, "aber der braucht hinter sich eine starke Mannschaft". Amthor betonte, dass es zunächst nur um die Findung eines Parteivorsitzenden gehe - erst danach werde man die Frage der Kanzlerkandidatur klären.
Bislang hat sich der frühere Umweltminister Norbert Röttgen als Kandidat für den CDU-Vorsitz bereit erklärt. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet kandidiert für den Posten, wie er am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Jens Spahn mitteilte. Spahn kündigte an, auf seine eigene Kandidatur zu verzichten, würde Laschet aber als Stellvertreter unterstützen. Heute machte außerdem der frühere Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, seine Kandidatur öffentlich.
Die Kandidaten für den CDU-Vorsitz: Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz (v.l.)
Wer wird neuer CDU-Parteivorsitzender?
Nach dem angekündigten Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer vom CDU-Parteivorsitz stellt sich für die CDU die Frage nach einem Nachfolger. Mehrere Kandidaten haben sich in Stellung gebracht. Doch wer steht für welche Positionen? Ein Überblick.
Amthor hob lobend den Kandidaten Merz hervor. Dieser gehöre zu den Personen, die Parteiidentifikation stiften und das Rennen bereichern würden so Amthor. Mit ihm werde man "um die Zukunft der CDU nicht bangen" müssen.
Der neue Parteivorsitzende müsse ein von allen akzeptierter Kandidat sein: Es brauche eine "Lösung mit breiter Akzeptanz". Insgesamt müsse die CDU in Zukunft als geschlossener wahrgenommen werden. Dafür müsse sie sich in der Breite aufstellen und eine eine klare Haltung gegen "Vereinfacher von rechts und links" zeigen.
Die Entscheidung über die Nachfolge von CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer soll auf einem Sonderparteitag am 25. April fallen.
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Christine Heuer: Wie schauen Sie voraus in die Schlammschlacht der CDU?
Philipp Amthor: Es wird keine Schlammschlacht geben, sondern am Ende soll natürlich ein Mannschaftserfolg stehen. Das ist das, was für uns jetzt entscheidend ist. Es wird natürlich jetzt mehrere Kandidaten geben, das ist klar, aber am Ende wollen wir natürlich gestärkt jetzt aus diesem Prozess der Findung des neuen Parteivorsitzenden hervorgehen. Und ich bin sicher, dass das jeder auch für sich im Blick haben wird.
Teamführung ersetzt nicht die klare Führung
Heuer: Ein Mannschaftserfolg wäre ja möglich gewesen, wenn die CDU eine Teamlösung gefunden und sich darauf vorher mal geeinigt hätte, das hat ja nicht geklappt, Herr Amthor.
Amthor: Ich habe von dieser Idee der Teamlösung nie so richtig viel gehalten, weil sie ersetzt doch nicht die Findung einer klaren Führung. Jetzt geht es darum, einen Parteivorsitzenden zu finden, aber der braucht hinter sich dann eben eine starke Mannschaft. Dazu gehört es, dass wir jetzt einen Prozess gestalten, der nicht irgendwie darin besteht, dass die Kandidaten jetzt schlecht über sich reden, sondern die eigenen Stärken in den Vordergrund stellen, und ich bin sicher, dass das den Beteiligten gelingen wird.
Identifikations-Stifter Merz
Heuer: Gestern Abend hatten Sie ein Heringsessen in Ueckermünde, wo wir Sie heute erreichen, das ist traditionell, da war Friedrich Merz zu Gast. Hat der Ihr Herz im Sturm erobert? Ist das derjenige, bei dem Sie die klare Führung am ehesten erkennen in Ihrer Partei?
Amthor: Also die Ueckermünder waren gestern begeistert von Friedrich Merz. Er hat gestern eine sehr leidenschaftliche, aber auch intellektuell analytisch starke Rede gehalten, und Friedrich Merz gehört sicherlich zu denen, die in unserer Partei Identifikation auch jetzt in diesen Tagen stiften. Er wird sich ja heute Vormittag dann erklären zu seiner Kandidatur, und dem will ich jetzt nicht vorgreifen, aber gehen Sie davon aus, dass jemand wie Friedrich Merz dieses Rennen ganz klar bereichert.
Spahn - "der beste Minister des Kabinetts"
Heuer: Das heißt, Sie wählen ihn am 25. April?
Amthor: Wir werden jetzt sehen, wie sich das Verfahren gestaltet, wer die Kandidaten sind, aber Friedrich Merz hat gestern einen ganz hervorragenden Auftritt in Ueckermünde hingelegt, und er gehört zu denen, mit denen uns sicherlich um die Zukunft der CDU gar nicht bange sein muss.
Heuer: Herr Amthor, entschuldigen Sie, ich hake da noch mal nach: Beim letzten Mal haben Sie beim Parteitag, als Annegret Kramp-Karrenbauer am Ende gewählt wurde, im ersten Wahlgang Jens Spahn Ihre Stimme gegeben. Brechen Sie jetzt die Treue zu Jens Spahn?
Amthor: Jens Spahn schätze ich über alle Maßen. Er ist ein ganz hervorragender Politiker. Er kann Debatten führen, und auch er ist natürlich eine riesige Bereicherung für unsere CDU. Wir werden jetzt sehen, wie sich die Kandidaturen entwickeln, aber Jens Spahn gehört zu den Kollegen, mit denen ich in der Fraktion ein ganz hervorragendes Miteinander habe. Er ist der beste Minister des Kabinetts, und Sie sehen schon jetzt an unseren ersten paar Minuten, die CDU ist personell hervorragend aufgestellt und wir werden gestärkt aus dieser Frage jetzt hervorgehen.
"Nach innen Zusammenhalt, nach außen Unterscheidbarkeit"
Heuer: Ich nehme an, Armin Laschet und Norbert Röttgen, da würden Sie jetzt auch sagen, das sind ganz hervorragende Kandidaten, ganz wichtig für die CDU, ganz tolle Führungspersönlichkeiten. Richtig?
Amthor: Ja, wissen Sie, ich hab ohnehin die Erfahrung, dass Sie immer lieber mit uns über Personalfragen reden als über inhaltliche Fragen. Da gibt es auch eine ganze Menge, worüber wir reden könnten, was die CDU jetzt voranbringen könnte.
Heuer: Ja, das machen wir noch, aber über die Personalfragen reden wir natürlich deshalb, weil die CDU gerade neues Personal sucht, Herr Amthor.
Amthor: Ja, das ist ja auch gut und berechtigt, aber gehen Sie davon aus – ich habe einige Dinge genannt –, wir müssen es jetzt schaffen, nach innen Zusammenhalt zu zeigen, nach außen Unterscheidbarkeit, und ich gehe davon aus, dass wir das jetzt in einem fairen, vernünftigen Prozess miteinander schaffen.
Vom Kandidaten integrative Kraft erwarten
Heuer: Annegret Kramp-Karrenbauer und auch Ihr Fraktionschef in Berlin, Ralph Brinkhaus, die haben gesagt, wer diesmal gewählt wird, der muss dann aber auch von allen akzeptiert werden. Klappt das diesmal?
Amthor: Ja, das muss natürlich unser Anspruch sein. Es geht nicht darum, dass wir jetzt in den nächsten Wochen die CDU irgendwie jetzt zerfasern, das kann nicht unser Anspruch sein, sondern wir müssen es schaffen, eine Lösung jetzt zu finden mit breiter Akzeptanz. Deswegen hab ich auch gesagt, natürlich geht es darum, wir haben einen Parteivorsitzenden zu vergeben, aber danach muss man natürlich von dem Kandidaten erwarten, dass er auch integrative Kraft entfaltet, jetzt alle der starken Persönlichkeiten hier entsprechend zusammenzubinden. Ich glaube, das kann gelingen.
AKK: Völlig ungerecht, alles an ihr persönlich festzumachen
Heuer: Und diese integrative Kraft, die hatte AKK nicht?
Amthor: Annegret Kramp-Karrenbauer hat natürlich in sehr stürmischen Zeiten diese Partei geführt, und ich glaube, wenn man jetzt auch Rückschau hält über die letzten Monate, wäre es völlig ungerecht, jetzt irgendwie alles an ihr persönlich festzumachen. Ich habe hohen Respekt davor, dass sie diesen Schritt gegangen ist, jetzt den Parteivorsitz zur Verfügung zu stellen.
Heuer: Ich frag nur deshalb, Herr Amthor, weil Ihre Macht ist ja zerfasert worden – von Kandidaten maßgeblich, die Ihren Sieg in Hamburg eben dann am Ende doch nicht so richtig akzeptiert haben. Das passiert jetzt nicht noch mal.
Amthor: Ich glaube, wir müssen jetzt auf eigene Stärke schauen, das kann uns auch gelingen. Und natürlich ist auch klar, dass wir eine Lösung finden müssen, wie wir insgesamt als CDU geschlossener wahrgenommen werden und wie wir es schaffen, unsere drei Macht- und Kraftzentren zusammenzubringen, nämlich natürlich weiterhin die Bundesregierung, die starke und selbstbewusste Bundestagsfraktion, aber auch die Partei.
Kanzlerkandidatur mit der CSU "vernünftig klären"
Heuer: Wird der CDU-Vorsitzende, der künftige, dann auch Kanzlerkandidat für die Union?
Amthor: Ich glaube, dazu gibt es sehr, sehr gute Gründe. Natürlich ist klar, dass wir das mit den Freunden der CSU dann auch besprechen werden, aber…
Heuer: Werden, aber Sie haben es noch nicht besprochen.
Amthor: … ich glaube, das werden wir in guter Freundschaftlichkeit tun. Jetzt gibt es erst mal einen Prozess, wo wir den neuen Parteivorsitzenden finden, und dann wird es darum gehen, dass man sich da auf den Weg macht. Aber, ich glaube, das wird alles gut und kollegial mit der CSU gehen, da verbindet uns eine tiefe Freundschaft.
Heuer: Ja, aber die CSU hat gestern gesagt, sie sei doch sehr verwundert, dass da ein Präjudiz geschaffen wurde. Also Sie gehen vielleicht gut mit der CSU um oder glauben das, aber die CSU nimmt es gerade ein bisschen anders wahr.
Amthor: Also jetzt geht es darum, wer CDU-Parteivorsitzender wird. Das ist die Frage, die wir jetzt auf dem Sonderparteitag in Berlin im April entscheiden werden. Und dann werden wir die Frage der Kanzlerkandidatur ganz vernünftig klären, und ich glaube, da wird es zu keinen Reibungsverlusten kommen.
Heuer: Also doch kein Präjudiz.
Amthor: Am Ende geht es darum, dass wir jetzt den Parteivorsitzenden wählen. Es gibt gute Gründe, dass dann Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur zusammenhängen. Dass Herr Söder Kanzlerkandidat werden will oder so, das haben wir noch nicht gehört, und deswegen werden wir es mit der CSU aber vernünftig klären.
Abgrenzung zu den Vereinfachern von rechts und links
Heuer: Jetzt kommen wir zur Sache, Herr Amthor: Muss die CDU wieder konservativer werden?
Amthor: Die CDU muss es schaffen, in der Breite stark und wahrnehmbar zu werden. Dazu gehört natürlich auch unser konservatives Profil, aber eines muss ganz entscheidend sein: In einer starken CDU, die auf Breite setzt, darf es keine Alleinvertretungsansprüche geben. Das muss für uns das Entscheidende sein, und deswegen müssen wir es schaffen, nicht dass man sagt, es gibt jetzt eine Strömung in der CDU, die allein die CDU ist, sondern dass wir uns in der Breite aufstellen. Dafür ist es ganz klar wichtig, dass wir eine Partei sind, die weiterhin für eine klare Haltung steht, auch für eine klare Haltung in der Abgrenzung zu den Vereinfachern von rechts und links, und gerade dieser Tage natürlich mit einer klaren Haltung auch zu den rechtsextremistischen Geschehnissen, die wir in unserem Land gesehen haben. Das ist DNA der CDU.
"Wir sind die Partei, die in die Realität der Menschen schaut"
Heuer: Wahlen werden in der Mitte gewonnen, das weiß die CDU seit Langem. Wo genau liegt denn die Mitte, Herr Amthor? Liegt die dann – Sie haben es ja selber angesprochen – liegt auf halber Strecke zwischen AfD und Linker?
Amthor: Ich glaube, wir haben nicht viel davon, wenn wir unser Land nur in der politischen Landkarte versuchen zu verstehen, von rechts nach links, sondern es muss darum gehen – so verstehe ich die Mitte-Diskussion –, dass wir eine Partei sind, die die Gesellschaft nicht von den Rändern denkt, sondern aus ihrer Mitte heraus. Das heißt, wir sind die Partei, die nicht zuallererst von Ideologien denkt, sondern in die Realität der Menschen schaut, eine Realität derjenigen, die fleißig in diesem Land arbeiten, die sich um ihre Familie kümmern. Und da ist es so, dass wir aus der Mitte denken und dann es eben schaffen, aus der Mitte heraus zu integrieren verschiedene Strömungen, und das ist unser Anspruch. Und die CDU definiert sich nicht aus der Schwäche und nur der Abgrenzung anderer, sondern aus eigener Stärke. Das muss unsere Grundüberzeugung sein.
"Wieder zu mehr Kraft und eigener Stärke finden"
Heuer: Herr Amthor, aber zur Realität in Deutschland gehört ja gerade auch in den ostdeutschen Bundesländern – Sie sind ja selber oder wollen Landesvorsitzender werden in Mecklenburg-Vorpommern, also Sie kennen die Problematik –, zur Realität gehört doch auch, dass man an den Rändern möglicherweise nicht mehr ganz vorbeikommt, wenn die um die 20 Prozent gewinnen.
Amthor: Ja, aber es muss doch unter dem Strich darum gehen, wenn eine Partei eine Zusammenarbeit, eine Koalition eingeht, dann muss das auf der Grundlage einer gemeinsamen Überzeugung mit den Partnern geschehen. Und wenn wir dann Situationen sehen wie in Thüringen, wo es eben nicht mehr hinreichende Mehrheiten in der Mitte der Parteienlandschaft gibt, dann müssen wir doch sehen, dann kann die Lösung daraus nicht sein, dass wir uns da bis zur Unkenntlichkeit verfremden, sondern da müssen wir wieder zu mehr Kraft und eigener Stärke finden. Und angesprochen auf Mecklenburg-Vorpommern ist das natürlich der klare Anspruch, den ich auch habe. Da geht es doch nicht darum, jetzt irgendwie andere Mehrheiten salonfähig zu machen, mitnichten, sondern eine klare Haltung, klare Abgrenzung zu zeigen, zu eigener Stärke zu kommen, und dann klappt das auch wieder mit der Mehrheitsbildung.
AfD und Linke: "Beschäftige mich nicht mit solchen Szenarien"
Heuer: Und wenn das aber nicht klappt – Mecklenburg-Vorpommern wählt 2021 einen neuen Landtag –, wenn Sie da keine Mehrheit bekommen, um mit dem, was wir so bürgerliche Partei nennen, zu kooperieren, was ist dann Ihre Losung? Besser nicht reagieren als mithilfe von AfD oder Linker regieren?
Amthor: Das von Ihnen beschriebene hypothetische Szenario wird in Mecklenburg-Vorpommern nicht eintreffen. Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern keine Mehrheit von AfD und Linkspartei, die wird es auch nicht geben. Und ich werde alles in der Macht stehende tun dafür, dass die CDU in Mecklenburg-Vorpommern bei den Wahlen im nächsten Jahr wieder stärker abschneidet, und dann werden wir dort auch vernünftige Mehrheiten finden. Ich beschäftige mich nicht mit solchen Szenarien.
Thüringen: "Eher eine klare schnelle Neuwahl"
Heuer: Ja, aber die Öffentlichkeit beschäftigt sich damit, weil wir es gerade – Sie haben es ja selber angesprochen – in Thüringen erlebt haben. Was würden Sie denn in einer solchen Situation tun? Würden Sie sagen, dann regieren wir lieber nicht, und wir sind bereit, Neuwahlen zu akzeptieren, auch wenn wir dann echte Schwierigkeiten hätten, alle Mandate noch durchzubringen?
Amthor: Ja, die Beschlusslage des CDU-Präsidiums in der Sache ist klar und richtig. Auch in Thüringen würde ich mir jetzt, das ganz offen gesagt, eher eine klare schnelle Neuwahl wünschen, auch mit der Konsequenz, dass das dann vielleicht Mandatsverluste für die CDU bedeutet. Aber dann würden wir in dieser Situation natürlich auch alle in Thüringen stehen und kämpfen. Aber die CDU ist eine Partei, die für eine klare Haltung steht, und das ist für mich das Wesentliche.
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