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Cecil Rhodes
Proteste gegen einen Stifter der Universität Oxford

Der Unternehmer und Politiker Cecil Rhodes erwarb im 19. Jahrhundert etliche Kolonien für Großbritannien in Afrika. Aus einer wurde später Rhodesien, das heutige Simbabwe. Rhodes gehört auch zu den Stiftern der Universität Oxford, der er ein beträchtliches Vermögen hinterließ. Dort mehreren sich jetzt die Proteste.

Von Friedbert Meurer | 23.01.2016
    Eine Cecil-Rhodes-Statue am Oriel-College an der Universität Oxford.
    Eine Cecil-Rhodes-Statue am Oriel-College an der Universität Oxford. (imago/ZUMA Press)
    "Rhodes must fall" – Rhodes muss weg skandiert ein zierlicher Student mit dunkelblauem Sweatshirt vor etwa zweihundert Studenten vor dem Oriel-College in Oxford. Ntokozo Qwabe ist Rhodes-Stipendiat aus Südafrika. In Großbritannien ist er berühmt geworden, seit er die "Rhodes must fall"-Kampagne von Kapstadt nach Oxford getragen hat.
    Der berühmte Debattierklub der Oxford Union vor wenigen Tagen. Der altehrwürdige Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Moderator spricht vom Thema, das am meisten aktuell sei: Must Rhodes fall? Ntokozo Qwabe ist auch mit dabei. "Wir sollten das Augenmerk nicht nur auf die polarisierte Debatte um die Statue legen. Da ist nicht unser einziges Anliegen. Wir hinterfragen den strukturellen Ausschluss von Schwarzen und anderen Minderheiten an der Universität Oxford. Wir nutzen die Statue als Emblem, um die Debatte zu entfachen."
    Yasmin Kumi ist Deutsch-Ghanaerin und wagt einen für deutsche Ohren kühnen Vergleich. "Als Halbdeutsche kann ich Ihnen berichten, dass es in Deutschland kein einziges Hitler-Denkmal gibt, obwohl das Land bis heute von seinem Ausbau der Infrastruktur profitiert. Ich vergleiche Hitler und Rhodes, weil die Basis ihrer Ideologie jeweils im Rassismus gründet."
    Der Kanzler der Universität, Lord Chris Patten, ist heute Abend nicht da. Er war der letzte Gouverneur von Hongkong, also sozusagen eines der letzten Überbleibsel des Empires. Er hat den überwiegend jungen Denkmalstürmern Intoleranz vorgeworfen. Britische Städte seien voller Gebäude, die dank des Ertrags von heute unannehmbaren Tätigkeiten wie etwa dem Sklavenhandel errichtet worden seien. Man könne sie nicht einfach alle abreißen. Theologie-Professor Nigel Baggar springt jetzt für ihn in die Bresche.
    "Rhodes als südafrikanischen Hitler anzuklagen, der einen Genozid verübte, entbehrt jeder historischen Grundlage. Rhodes war kein Rassist. Er hat den Schwarzen nicht die Möglichkeit genetisch abgesprochen, sich kulturell zu entwickeln. Wenn Rhodes fällt, dann muss das auch für Churchill gelten. Er hat das gleiche Denken der Zeit damals geteilt. Rhodes war skrupellos in der Wahl seiner Mittel, aber anders als heutige afrikanische Herrscher hat er nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet."
    In der Tat hat Rhodes in seinem Testament seinem alten Oriel-College in Oxford ein beträchtliches Vermögen hinterlassen. Deswegen thront die Statue über dem Torbogen. Aus dem Fonds werden bis heute Stipendien an Studenten weltweit vergeben. Ntokozo Qwabe hat auch eines. In den sozialen Netzwerken wird er deswegen als Schmarotzer beschimpft.
    "Statuen sind dazu da, um an jemanden zu erinnern und ihn zu glorifizieren", kontert eine afrikanische Wissenschaftlerin. In der Zeitung "Times" ist die Bewegung "Rhodes must fall" mit dem Furor der Taliban und des IS verglichen worden, die historische Statuen blindwütig zerstören. Diesen Vergleich wagt heute niemand anzustellen. Die Debatte ist auch zu Ende, der Moderator ruft zur Abstimmung auf. Muss Rhodes weg? Ja sagen 245 Studenten, nein 212. Ein Meinungsbild, nicht bindend - aber Cecil Rhodes könnte bald aus seiner Nische verschwinden, hoch oben am Eingang des Oriel-College in Oxford.