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Celtic Woman: "Die Stimme ist ein Muskel"

Drei Sängerinnen und eine Geigerin – das ist die Besetzung, mit der die irische Gruppe Celtic Woman auf Deutschland-Tournee für ihr neues Album "Believe" geht. Die Sängerin Lisa Lambe und die Geigerin Máiréad Nesbitt beschreiben ihr Erfolgsrezept.

Von Oliver Kranz |
    Oliver Kranz: Der Titel der Show ist ein großes Wort. Um welche Art Glauben geht es?

    Máiréad Nesbitt: Wir glauben an das, was wir tun. Für uns gibt es keine Barrieren - dieses Gefühl wollen wir vermitteln. Egal, woher die Zuschauer kommen: Sie sollen sich als Teil eines großen Ganzen empfinden, gemeinsam mit uns auf eine Reise gehen. Herkunft, Beruf und Alter sind egal. Uns ist wichtig, dass die Besucher unsere Musik genauso lieben wie wir.

    Lisa Lambe: Das Publikum ist uns sehr wichtig. Wir reagieren auf die Emotionen, die uns entgegengebracht werden – daher sind unsere Auftritte immer etwas unterschiedlich, auch, wenn das Programm dasselbe ist. Glauben ist etwas, was uns verbindet. Die Leute sagen: "Wir glauben an eure Musik." Deshalb machen wir jetzt eine Show, wo dieses Wort im Titel vorkommt. Wir wollen Hoffnung vermitteln und positive Gefühle. Und der Titel sagt: Alles ist möglich.

    Oliver Kranz: In den Shows von Celtic Woman wird gesungen, aber Sie, Máiréad, tanzen auch und spielen dabei Violine. Wird das im neuen Programm wieder so sein?

    Máiréad Nesbitt: Ja. Jede von uns hat zwei oder drei Solos in der Show und dann gibt es Songs, wo wir als Ensemble auftreten. So ist es immer. Ich darf diesmal ein paar neue Stücke solo spielen. Da freue ich mich schon drauf.

    Oliver Kranz: Ich frage mich immer, wie Sie das machen. Geige zu spielen, erfordert eine große Genauigkeit. Wenn sich beim Tanzen der Körper bewegt, ist es schwierig.

    Máiréad Nesbitt: Mein Oberkörper bewegt sich gar nicht so sehr, nur der Unterkörper. Wir haben einen guten Choreografen, der lässt mich einfach machen. Wenn ich die ganzen Schritte lernen müsste, wie alle anderen, könnte ich wahrscheinlich nicht so spielen.

    Oliver Kranz: Wenn man Sie auf der Bühne sieht, hat man das Gefühl, man kann Ihnen in die Seele blicken. Sie spielen Geige, springen herum und sind einfach glücklich. Ist das Ihr Charakter?

    Máiréad Nesbitt: Ich glaube ja. Ich bin auf der Bühne am glücklichsten. Da kann ich alles andere vergessen und verliere mich in der Musik. Und es macht mir Spaß, das dem Publikum mitzuteilen.

    Oliver Kranz: Dieses Tanzen ist die eine Besonderheit der Gruppe, die andere ist der Klang der Stimmen. In den Kritiken wird er oft als himmlisch beschrieben. Ist es nicht schwer, als Sängerin immerzu mit Engeln verglichen zu werden?

    Lisa Lambe: Ich glaube, der Reiz der Show ist der Zusammenklang der Stimmen. Darin liegt eine große Magie. Es ist schön, mit Engeln verglichen zu werden. Auch wenn wir es nicht darauf anlegen. Wir fühlen uns einfach wohl in unserer Haut.

    Oliver Kranz: Haben Sie eine klassische Gesangsausbildung?

    Lisa Lambe: Nein, ich singe, seit ich ein kleines Mädchen war. Musik war immer Teil meines Lebens und ich habe sie immer mit Leidenschaft betrieben, seit ich klein war. Ich habe eine Schauspielausbildung gemacht. Ich habe schon Theater gespielt, aber Musik war auch immer dabei. Ich habe Folk Music gelernt und verschiedene zeitgenössische Stilrichtungen. Es gibt eine große Vielfalt von Stimmen, die wir in die Show einbringen.

    Oliver Kranz: Wie viel Übung ist jeden Tag erforderlich?

    Lisa Lambe: Die Stimme ist ein Muskel, der ständig trainiert werden muss. Die Show dauert zwei Stunden. Davor gibt es eine Stunde Soundcheck. Man kann sagen, dass wir um die Mittagszeit mit der Vorbereitung unseres Auftritts beginnen. Aber das ist auch Routine. Wenn wir das nicht machen würden, würde es sich sehr merkwürdig anfühlen.

    Oliver Kranz: Gegründet wurde die Gruppe für ein Konzert in Dublin. Eigentlich sollte auch nur dieses eine Konzert stattfinden. Doch dann ging es immer weiter. War das eine Überraschung für Sie?

    Máiréad Nesbitt: Ich glaube, das war für alle eine Überraschung. Vor unserem Auftritt kannten wir uns nicht so gut. Die Proben waren auch nur kurz. Aber auf der Bühne ist dann der Funke übergesprungen. Wichtig war natürlich auch, dass das Fernsehen dabei war. Der Sender hat von Anfang an an uns geglaubt und auch unsere erste DVD herausgebracht. Der Erfolg war wie eine Explosion. Und jetzt sind wir hier – sieben Jahre später.

    Oliver Kranz: Wie beeinflusst das Fernsehen die Shows? Würden die Auftritte von Celtic Woman anders aussehen, wenn es kein Fernsehen gäbe?

    Lisa Lambe: Manchmal ist es einfach schön, die Augen zu schließen und nur die Musik zu hören. Aber wenn man das Visuelle hinzunimmt, dann wird noch eine andere Ebene erreicht. Als wir das Bühnenbild von "Believe" zum ersten Mal gesehen haben, haben wir es kaum glauben können: Wir haben uns sofort wie Prinzessinnen gefühlt.

    Oliver Kranz: In der Presse werden Sie oft als die am härtesten arbeitenden Frauen des Showgeschäfts bezeichnet. Und wenn man den Tourneeplan ansieht, kommt man ins Staunen. Wie können Sie so oft auf der Bühne stehen?

    Máiréad Nesbitt: Stimmt, wir arbeiten hart. Aber auch Menschen, die uns umgeben, arbeiten hart - unser Management, unsere Crew, unser Orchester, unser Chor, unsere Kostümbildnerin und David Downes, unser Komponist. Uns macht das Spaß. Wenn es leichter wäre, würde es ja jeder machen.

    Oliver Kranz: Wie viele freie Tage haben Sie pro Jahr?

    Máiréad Nesbitt: Im letzten Jahr waren wir neun Monate unterwegs. Aber es hat sich nicht so angefühlt. Nach der Show fahren wir mit dem Bus in die nächste Stadt. Dann setzen wir uns hin, trinken ein Glas und reden miteinander. Wir mögen uns, auch wenn wir nicht auf der Bühne stehen. In unserem Leben passt einfach alles zusammen

    Oliver Kranz: Die andere Lisa in der Band hat drei Kinder. Wie schafft sie das?

    Lisa Lambe: Die Kinder sind immer dabei. Lisa ist eine der unglaublichsten Mütter, die ich kenne.

    Máiréad Nesbitt: Einmal hat sie gesagt: Die Kinder hätten vier Mütter. Das fand ich toll. Für uns ist es schön, die Kleinen bei uns zu haben. Sie kennen die Show besser als wir.