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Chancen für Studienabbrecher

Ausbildung, Selbsttändigkeit, Auswandern oder doch auch ohne Abschluss sofort eine Stelle finden? Für Studienabbrecher ist es häufig schwer einzuschätzen, welche beruflichen Möglichkeiten ihnen nun offen stehen. Deshalb bietet das Hochschulteam der Bundesagentur für Arbeit in Bochum regelmäßig spezielle Entscheidungsfindungs-Seminare für sie an.

Von Hilde Braun |
    "Im Grunde stehe ich auf verlorenem Posten, eigentlich steht alles für mich in Frage."

    Gedrückte Stimmung in einem Seminarraum des Berufsinformationszentrums in Bochum.
    In den Semesterferien haben sich 9 Studierende nachmittags versammelt und hoffen auf gute Tipps der Berufsberater, denn sie wissen nicht, was nach den Semesterferien kommt. Falk Ruschkowski ist einer von ihnen, er hat sein Chemiestudium abgebrochen. Grund war die Umstellung auf den Bachelor.

    "Die Berater haben versichert, dass das kein Problem ist. Leider kamen die in Chemie aber überhaupt nicht damit zurecht und haben meine Scheine nicht anerkannt, dadurch habe ich dann vier von fünf Scheinen verloren, das sind auch gut zwei bis drei Semester, die man noch mal machen muss."

    Falk Ruschkowski hat der Uni noch nicht ganz den Rücken gekehrt. Er will noch einmal von vorne anfangen, mit einem anderen Fach. Welches, versucht er gerade herauszufinden. Ohne die finanzielle Hilfe seiner Eltern könnte er sich das nicht leisten:

    "Ich habe vor dem Seminar schon einige Beratungsstellen angelaufen, beim Asta, bei der Uni und hier jetzt im BiZ, ich habe jetzt zwei persönliche Betreuer und habe Eignungstests gemacht und der nächste steht nächste Woche auch schon wieder an."

    Andreas Hele ist 29 Jahre alt, auch er will eigentlich das Studium nicht schmeißen, aber an einen erfolgreichen Abschluss glaubt er im Moment nicht. Für ihn ist das Studium der Wirtschaftswissenschaften vom Stoff her zu schwer. Außerdem ist er unzufrieden mit den Informationen, die er vor Aufnahme des Studiums von der Ruhruniversität bekommen hat.

    "In der Einführungsveranstaltung wird eigentlich nur ein grober Umriss geboten, so dass sich jeder daran versucht und feststellt zu scheitern. Es wird von einem verlangt bei Wirtschaftswissenschaften, dass man Mathe als Leistungskurs gehabt hat, das wird einem zum Beispiel auch nicht vorher gesagt. Als größtes Problem sehe ich eigentlich das Informationsmanagement. Man muss sich das selber alles selbst zusammensuchen. Man frustriert ziemlich schnell an der Uni."

    Deshalb überlegt er sich, an die FH zu wechseln, und erhofft sich von dem Seminar eine Entscheidungshilfe. Finanziell kann er sich über Wasser halten, denn er hat sich parallel zum Studium selbständig gemacht mit dem Verkauf von Trendartikeln.

    Eva Scheibmann dagegen ist fest entschlossen, das Studium abbrechen, sie findet die Universität zu anonym:

    "Es ist einfach zu groß, unübersichtlich, nicht gerade familiär. Ich hatte immer die Vorstellung ja es geht irgendwie weiter, ich warte noch ein Semester und hatte halt die Hoffnung, dass es doch irgendwie funktioniert. Jetzt hab ich aber gemerkt, dass es nicht klappt und gedacht, Notbremse ziehen, besser ne Ausbildung machen, bevor man hinterher mit nichts dasteht."

    Außerdem ist sie inzwischen pleite. Die Chancen mit 29 Jahren noch eine Lehrstelle zu finden, stehen allerdings nicht gut. Manfred Schmidt ist Berater des Hochschulteams der Agentur für Arbeit in Bochum.

    "Natürlich konkurrieren Studienabbrecher, wenn sie schon lebensälter sind, mit den Jugendlichen, die aus der Schule kommen um einen Ausbildungsplatz, aber trotzdem ist es möglich in dem Bereich fündig zu werden."

    Etwa 20 Studierende besuchen regelmäßig das Seminar in der Agentur für Arbeit. Die drohenden Studiengebühren ab dem kommenden Semester sind inzwischen ein Hauptmotiv für den Abbruch des Studiums. Manfred Schmidt sieht aber die Chance, dass Studienabbrecher auch ohne eine zusätzliche Ausbildung den Sprung in den Arbeitsmarkt schaffen können:

    "Es gibt Arbeitgeber, die durchaus interessiert sind an einer Beschäftigung von Studienabbrechern, wenn die Qualifikation stimmt. Es ist ja nicht so, dass Kunden, die ein Studium abgebrochen haben, nicht über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, sondern durchaus in der Zeit in der sie studiert haben, Dinge erlernt haben, die dann auch für eine berufliche Beschäftigung verwertet werden können."

    Für Abbrecher gibt es viele Alternativen, und das sind nicht nur der Studienwechsel, der Wechsel zur Fachhochschule, eine Ausbildung oder die Rückkehr in einen bereits erlernten Beruf:

    "Es gibt durchaus die Möglichkeit bei einzelnen Institutionen, zum Beispiel beim Landesamt für Statistik eine Ausbildung im EDV-Bereich zu machen, die Ausbildung dauert ein halbes Jahr. Wenn die Alternative heißt: Aufnahme einer Arbeitstätigkeit, sollten sich die Überlegungen nicht nur auf den deutschen Raum konzentrieren, sondern man sollte auch überlegen, in wie weit vielleicht im grenznahen Ausland Beschäftigung möglich ist."

    Ariana Garisad hat bereits nach dem ersten Semester erkannt, dass das Studium der Anglistik und der Philosophie nicht das Richtige für sie ist. Sie will eine schulische Ausbildung zur präparationstechnischen Assistentin machen. Mit 22 Jahren hat sie noch gute Chancen.

    "Das hätte mich eigentlich schon immer interessiert. Nur, ich dachte bisher an den Beruf Pathologin, weil ich wusste, dass ich ein Medizinstudium gar nicht schaffen würde, ist das dann für mich weggefallen. Dann hab ich mir so ne CD vom Arbeitsamt besorgt mit Berufen, die erläutert wurden, und da wusste ich sofort, der ist es."

    Einziger Haken: Für dieses Ausbildungsjahr ist es zu spät. Aber Ariana Garisad hat Ideen, wie sie die Zeit sinnvoll überbrücken kann:

    "Ich muss gucken, dass ich mich irgendwie durch Jobben über Wasser halte und ich wollte auch unbedingt ein Praktikum machen, damit ich auch gut qualifiziert bin für die Aufnahme."