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China und Syrien
Pekings Kooperation mit dem Assad-Regime

Künftig sollen chinesische Streitkräfte enger mit der syrischen Armee kooperieren: Chinas Konteradmiral Guan Youfei war gerade in Damaskus, um das zu vereinbaren. Im Zuge eines neuen außenpolitischen Selbstbewusstseins versucht China, seine Vermittlerrolle im Nahen Osten neu zu definieren - und verfolgt dabei auch wirtschaftliche Interessen.

Von Axel Dorloff | 20.08.2016
    Demonstranten in Latakia bei einer Kundgebung für das Regime Assad
    China will sich stärker in Syrien engagieren. (picture alliance /dpa /Sergei Bobylev)
    China hat eine ganze Militärdelegation nach Damaskus geschickt, um eine engere Zusammenarbeit mit der syrischen Assad-Regierung auszuloten. Anfang der Woche hat Konteradmiral Guan Youfei mit Syriens Verteidigungsminister verhandelt. Ergebnis: China will die syrische Armee künftig besser unterstützen. Yin Gang ist Experte für Internationale Politik an der regierungsnahen Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften in Peking:
    "Es handelt sich vor allem um medizinische Unterstützung der Kampftruppen, wie Geräte und Medikamente. Es geht aber auch um militärisches Training, um Pilotenausbildung für Kampfjets oder die Bedienung komplexer Waffensysteme. Solche Trainings wären dann auch in China. In der Folge könnte China auch neue Waffen und Ausrüstung an Syrien liefern."
    China pflegt traditionell gute Beziehungen zu Syrien. Bereits im März hatte die Staatsführung in Peking einen Sondergesandten nach Damaskus entsandt, um zwischen der Assad-Regierung und Vertretern der Opposition zu vermitteln. China überlässt die Diplomatie im Nahen Osten zwar meistens anderen Ländern. Yin Gang gehört aber zu den Experten, die sich schon länger mehr chinesisches Engagement wünschen, besonders in Syrien:
    "Ich glaube, Chinas Haltung im Syrien-Konflikt war zu konservativ. Wenn man glaubt, die syrische Regierung hat das Recht, die Souveränität und Unabhängigkeit des Landes zu verteidigen, dann hätte China in den vergangenen Jahren mehr tun sollen. Mit der Unterstützung von Russland und Iran hat die syrische Regierung überlebt und die schwierigste Zeit hinter sich gebracht. Jetzt bietet China Unterstützung an, aber bislang Hilfe ohne eigenes Risiko. Ich hoffe, das ist nicht nur symbolischer Art. Es sollte mehr sein."
    China verhinderte härteres Vorgehen gegen Assad
    Bei den UN-Resolutionen zu Syrien war Peking stets an der Seite Russlands und hat damit wiederholt ein härteres Vorgehen gegen Damaskus verhindert. Dabei geht es für Peking um etwas Grundsätzliches: Wie Moskau lehnt China die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ab. Allerdings zeigt die Volksrepublik gerade in jüngster Zeit ein neues außenpolitisches Selbstbewusstsein und vertritt ihre geostrategischen Interessen offensiver. Im Nahen Osten versucht China, die eigene Vermittlerrolle neu zu definieren.
    Auch deutsche Außenpolitiker drängen auf eine stärkere Rolle Chinas bei der Bewältigung internationaler Krisen wie etwa in Syrien. China könne zur Lösung der Syrien-Krise beitragen, sagte Außenminister Steinmeier bei seinem Besuch in Peking im April dieses Jahres.
    "Der gesamte Prozess zur Entschärfung des Konfliktes und Entwicklung einer politischen Lösung ist ein UN-geführter Prozess. Deshalb macht es Sinn, dass alle ständigen Sicherheitsmitglieder von vorneherein mit einbezogen sind. Zweitens hat China lange Beziehungen zu Syrien und Kontakte nach Damaskus. Kontakte und Wissen, das wir auch während der Verhandlungen gut nutzen können."
    Allerdings ist das chinesische Engagement nichts ganz selbstlos. Beim Wiederaufbau des kriegszerstörten Syriens will China gemeinsam mit Russland und Iran eine zentrale Rolle spielen. China ist außerdem an den Öl- und Rohstoffvorkommen der Region interessiert: Saudi-Arabien und Iran zählen zu den wichtigsten Rohstofflieferanten der Volksrepublik, sagt Politikwissenschaftler Yin Gang.
    "Der Nahe Osten ist die Hauptenergiequelle für China. Außerdem ist er einer der größten Märkte für Industrieprodukte und den Bausektor. Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates steht China in der Verantwortung, für die Stabilität im Nahen Osten einen Beitrag zu leisten. China verfolgt das Projekt der Neuen Seidenstraße. Wenn der Nahe Osten weiter destabilisiert wird und zerfällt, wird das Projekt keine Fortschritte machen – zumindest nicht im Nahen Osten."
    Das Megaprojekt einer Neuen Seidenstraße. China plant ein riesiges Infrastruktur- und Handelsnetzwerk zwischen Asien und Europa. Dazu braucht man einen stabilen Nahen Osten. Und dazu gehört auch ein friedliches Syrien.