Freitag, 19. April 2024

Archiv


Chor-Singen „ist für alle“

Simon Halsey, gerade mit den Berliner Philharmonikern ausgezeichnet mit dem Klassik-Grammy, hofft auf die inspirierende Wirkung des Preises. Sie selbst seien zwar Profis, doch das Chorsingen sei "für alle". Sein Ensemble arbeite regelmäßig mit jungen Sängern, so Halsey – und ist optimistisch, was den Nachwuchs angeht.

Simon Halsey im Gespräch mit Stefan Koldehoff | 09.02.2009
    Stefan Koldehoff: Ich frage Simon Halsey, den Dirigenten des Rundfunkchors Berlin, was ist das für ein Stück, für das Sie da ausgezeichnet wurden?

    Simon Halsey: Es ist ein wunderbares Stück, ein kurzes Stück, nur 20 Minuten, für Chor und Orchester. Wir haben dieses Stück in Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern und Simon Rattle aufgenommen. Das Stück hat keinen Solisten und ist nur für den Chor. Ist relativ schwierig. Es ist ein Stück Profi-Chor oder Amateur-Chor, der sehr gut ist. Es ist relativ hoch in Stimme, die Soprani und die Tenori. Braucht sehr viel Kontrolle. Man muss sehr gut vorbereitet sein. Und Gott sei Dank, dieses Stück ist im Repertoire für uns. Wir haben normalerweise dieses Stück fast jedes Jahr gemacht. Der Chor kennt dieses Stück fast auswendig, kann das Stück fast ohne Noten singen. Und vielleicht deshalb kommt diese Ruhe in der Stimme, weil wir so sehr gut präpariert sind.

    Koldehoff: Wenn man in Deutschland von Chormusik spricht, dann denkt eine Mehrheit wahrscheinlich sofort an Amateurvereine, die sich abends nach Feierabend treffen und das singen, was ihnen Spaß macht. Haben Sie den Eindruck, dass durch die beiden Auszeichnungen vergangenes Jahr und dieses Jahr sich das Bild von Chormusik in Deutschland auch ein bisschen ändert?

    Halsey: Ja, vielleicht. Aber es ist sehr wichtig natürlich für alle zu verstehen, dass es gibt sieben Profichöre, Rundfunkchöre hier in Berlin, Berufschöre. Aber das Niveau ist sehr hoch. Alle sieben Profichöre sind exzellent. Aber wir singen Chormusik, und alle Amateure singen auch Chormusik. So sind wir beschäftigt mit dem Repertoire, das andere Chöre auch machen. Und ich hoffe, das Niveau, das wir haben, ist eine Inspiration für Laienchöre. Und ich persönlich arbeite sehr gerne mit Amateur-Chören. Wir haben zum Beispiel ein Projekt übernächste Woche, wo 2000 Amateursänger, -sängerinnen nach Berlin kommen, ein Mitsingkonzert mit dem Rundfunkchor zu machen. So wir denken nicht, dass wir Profis sind, so gut mit Amateurchören zu singen, aber der Chor selbst ist für alle.

    Koldehoff: Wie steht es denn, Herr Halsey, um den Nachwuchs? Haben Sie da Probleme oder kommt genug?

    Halsey: Kommt genug, kommt genug, denke ich. Wir haben ein paar Programme. In der Zukunft haben wir eine Akademie für junge Leute, nicht nur für Sänger, Sängerinnen, aber auch für junge Dirigenten, die Chance zu geben, mit Profis zu arbeiten. Aber ich und viele Mitglieder des Chores arbeiten jede Woche mit Schulchören, mit Amateurchören, und die Sänger, Sängerinnen des Chores arbeiten als Coaches und Dirigenten. Und natürlich müssen wir alle für Chormusik arbeiten. Aber ich habe das Gefühl, dass Chormusik, die Gesundheit ist heute besser als vor ein paar Jahren. Und ich bin optimistisch.

    Koldehoff: Zum Schluss die Frage: Warum erreichen wir Sie eigentlich in Berlin, warum nicht in Los Angeles? Wird der Klassik-Grammy nicht auf der Bühne übergeben?

    Halsey: Ja, aber wir haben gestern Abend ein Konzert gehabt. Wir haben ein Konzert mit Simon Rattle und Berliner Philharmonikern gehabt. Ich habe eine Einladung nach Los Angeles gehabt. Natürlich will ich gerne nach Los Angeles fahren, aber wir haben ein Konzert hier gehabt, und die Arbeit ist leider wichtiger, als Spaß in Amerika zu haben.

    Koldehoff: Und der Grammy kommt dann jetzt mit der Post?

    Halsey: Ja, richtig.

    Koldehoff: Dann drücken wir die Daumen, dass da alles gut geht. Simon Halsey war das, Dirigent des Rundfunkchors Berlin zum erneuten Klassik-Grammy.