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Steigende Infektionszahlen
Appell: Führende Wissenschaftler fordern Umsteuern in der Corona-Politik

Wegen der anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen dringen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf verstärkte Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. In einem gemeinsamen Appell fordern sie die Politik zu einem Kurswechsel auf.

13.11.2021
    Angesichts steigender Infektionszahlen fordern Forschende schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.
    Menschen mit Mund-Nasen-Schutz in einer Fußgängerzone. (www.imago-images.de)
    Insgesamt 35 führende Mediziner und andere Fachleute aus ganz Deutschland richten sich mit einem offenen Brief an die Regierungen von Bund und Ländern - und fordern diese eindringlich zu einem Umsteuern in der Corona-Politik auf. Statt mit "passivem Abwarten" die Verantwortung für ein Brechen der vierten Welle zunehmend "in den Ermessensspielraum jedes einzelnen Menschen zu verlagern", müsse die Politik endlich "ihrer Verantwortung umfassend gerecht werden", schreiben die Forscherinnen und Forscher in einem dreiseitigen Aufruf, den der "Kölner Stadt-Anzeiger" und das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" veröffentlicht haben.

    "Abwarten kostet Menschenleben"

    "Jeder Tag des Abwartens kostet Menschenleben", heißt es in dem Text unter Federführung des Kölner Internisten Michael Hallek und der Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann weiter. Und: "Wir empfinden eine tiefe Enttäuschung über die Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und über den wiederholt nachlässigen Umgang mit dem Wohlergehen der Menschen, die auf den Schutz des Staates angewiesen sind. Es ist für uns unverständlich, dass die Verantwortungsträger dieses Landes eine solche Situation zugelassen haben, obwohl wir inzwischen über wichtige und wirksame Instrumente verfügen, um dem Sars-CoV-2-Virus Einhalt zu gebieten."

    Aufklärung statt Desinformation

    Nach Ansicht der Experten hat die derzeitige pandemische Situation das Potenzial, die Situation aus dem Frühjahr und vergangene Wellen in den Schatten zu stellen. Sie fordern deshalb unter anderem die Einrichtung eines nationalen Krisenstabs mit Fachleuten aus Virologie, Medizin und Öffentlicher Gesundheit, aber auch Praktikern mit Leitungserfahrung, etwa aus Kliniken oder Unternehmen.
    Wichtig sei zudem eine "besonnene und vor allem kohärente Kommunikation", die den Bürgerinnen und Bürgern vertraue, ihnen aber auch unangenehme Wahrheiten zumute und den Menschen überdies klare und konsistente Verhaltensrichtlinien vorgebe. Darüber hinaus plädieren die Fachleute dafür, mehr in die Aufklärung der Menschen zu investieren und so der Desinformation - "allzu häufig mit tödlichen Folgen" - etwas entgegenzusetzen.

    Länder und Kommunen fordern Verlängerung der epidemischen Notlage

    Vertreter von Ländern und Kommunen verlangten, das geplante Auslaufen der epidemischen Notlage zu überdenken. Städtetagspräsident Jung sagte im Deutschlandfunk , die vierte Infektionswelle sei die heftigste und schlimmste, die man in Deutschland erlebt habe. Vor diesem Hintergrund wäre ein Ende der epidemischen Lage ein falsches Zeichen. Ähnlich äußerten sich in einer gemeinsamen Erklärung die Gesundheitsminister von Baden-Württemberg, Hessen und Brandenburg, die den Grünen angehören.
    Wie das Magazin "Der Spiegel" berichtet, bereitet sich die Bundeswehr auf eine bundesweite Corona-Notlage vor. Insgesamt sollen 12.000 Soldatinnen und Soldaten mobilisiert werden, um in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Gesundheitsämtern zu helfen.