Donnerstag, 25. April 2024

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Coronakrise und Musikbetrieb
Freischaffende Musiker "nicht vor dem Nichts stehen lassen"

Die Coronakrise stürze freischaffende Musiker aufgrund abgesagter Konzerte in eine katastrophale Situation, sagte Tobias Rempe, Vorsitzender von Freie Ensembles und Orchester e.V., im Dlf. Unterstützung müsse schnell organisiert werden.

Tobias Rempe im Gespräch mit Christoph Vraz | 16.03.2020
    Rote Stühlen stehen in Reihen in einem leeren Saal.
    Die große Leere: Konzerte und Veranstaltungen werden aufgrund der Coronakrise abgesagt (picture alliance / Imagebroker)
    Aufgrund der Coronakrise bleiben Schulen und Kitas geschlossen. Religiöse Veranstaltungen sollen ebenso verboten werden wie Zusammenkünfte in Vereinen und sonstige Sport- und Freizeitveranstaltungen. Auch der Kulturbetrieb ist betroffen: Konzerte, Aufführungen und Vorstellungen werden abgesagt. Das trifft besonders freischaffende Musiker.
    Ein Notfallfonds für freischaffende Musiker wäre sicherlich hilfreich, sagte Tobias Rempe, verantwortlich für das künstlerische Management und die Geschäftsführung des Ensemble Resonanz in Hamburg und Vorstandsvorsitzender der Freien Ensembles und Orchester in Deutschland e.V., im Deutschlandfunk.
    "Wir erleben gerade eine große Welle der Solidarität mit den freischaffenden Akteuren im Kulturbereich". Die spannende Frage sei jedoch nun: Wo werde Unterstützung gebündelt, wie funktioniere das, wie schnell könne das gehen - gerade das sei für die einzelnen Musiker, aber auch für die dahinterstehenden Organisationen eine wichtige Frage.
    "Katastrophale Situation" für freie Musiker
    Wichtig sei auch, dass Notfallfonds relativ unbürokratisch und flüssig funktionierten: "Wir reden über Menschen, die wenig Rücklagen haben und denen in den kommenden drei, vier Monaten das komplette Einkommen von heute auf morgen wegbricht", sagte Tobias Rempe.
    Diese katastrophale Situation betreffe nicht nur die Künstlerinnen und Künstler, sondern auch viele andere freiberufliche Gewerke, die angeschlossen seien, wie Techniker, kleine, mittelständische Betriebe wie Agenturen oder Logistiker.
    "Wir haben selber als Ensemble täglich, stündlich immer wieder mit existenziellen Gesprächen zu tun, sowohl was die Künstler betrifft, die wir unter Vertrag genommen haben, als auch unsere Projekte, die jetzt alle ausfallen."
    "Verträge im Kulturbereich" nicht auflösen
    Die unbürokratischste und leichteste Hilfe überhaupt sei, die bestehenden Verträge im Kulturbereich nicht aufgrund höherer Gewalt aufzulösen, sondern "zu versuchen, die Verträge auf einem Niveau zustande kommen zu lassen, das wenigstens angemessene Ausfallhonorare gezahlt werden können."
    Zum einen könnten staatliche oder private Förderung, die in kulturelle Projekte geflossen sind, nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Veranstaltungen ausfallen - "um die freischaffenden Akteure nicht vor dem Nichts stehen zu lassen".
    Grundeinkommen - und Konzerte streamen
    Aber auch Schwarmaktionen könnten helfen, wenn es beispielsweise darum ginge, sich Tickets von ausgefallenen Veranstaltungen nicht zurückerstatten zu lassen.
    Auch ein vorübergehendes Grundeinkommen für freischaffende Künstler, wie es der Deutsche Musikrat fordere, sei eine sehr gute Maßnahme - die auch Klarheit für alle freischaffende Künstler schaffen könnte, wenn es denn schnell organisiert werde.
    Konzerte zu streamen sei jedoch auch wichtig, damit freischaffende Künstler nicht von der Bildfläche verschwänden: "Das will auch niemand in dem Bereich". Doch könnten über gestreamte Konzerte kurzfristig nicht ausreichend Einnahmen im nötigen Umfang generiert werden.