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Coverbands? Nein, danke!

"The Great Pretender" sang einst Freddy Mercury. Wie große Heuchler erscheinen die unzähligen Revival- und Tributebands - die als Queen-, Beatles- oder AC/DC-Klone auf der Bühne stehen - auch DLF-Musikredakteurin Kerstin Janse. Coverbands braucht kein Mensch, findet sie.

Von Kerstin Janse | 26.12.2011
    Wer sich heutzutage einen Rembrandt, van Gogh, oder Picasso über´s Sofa hängen will, muss nicht lange suchen. In China hat sich ein industriell geführter Markt für Maler etabliert, die sich auf das Kopieren großer Meister spezialisiert haben. Was immer der Kunde will – er bekommt eine täuschend echte Kopie des Originals. Mehr auch nicht.

    Und die Illusion, der sich nun der Besitzer hingibt, wenn er stolz und zufrieden "seine" Mona Lisa anlächelt, diese Illusion ist doch eigentlich nur peinlich. Weil es die Illusion ist, sich etwas leisten zu können, was man sich nicht leisten kann.

    Sozusagen künstlerischer Muckefuck. Genau so ein künstlerischer Muckefuck sind Coverbands.

    Sie wollen - oder sollen - etwas heraufbeschwören, was nicht zu erreichen, oder nicht mehr wiederzubeleben ist. Solange sich dies nur darauf beschränkt, Hits möglichst originalgetreu nachzuspielen, mag das ja noch ganz okay sein. Wenn allerdings versucht wird, das Original auch optisch zu kopieren, dann endet das leider meist im Zombie-Karneval.

    Randy Hansen ist so ein Beispiel. So alt könnte der echte Jimi Hendrix heute noch nicht aussehen. Oder die diversen Beatles-Coverbands, mit Perücken, angeklebten Bärten und Original-Instrumenten – die genauso wenig original sind wie diejenigen, die sie einmal spielten und die noch nicht einmal so aussehen, wie das völlig missratene Wachs-Quartett bei Madame Tussauds in London ... Nein, solche Imitate braucht kein Mensch.

    Weil es sich wie mit den kopierten Picassos, Rembrandts und van Goghs verhält. Man lässt sich täuschen und bezahlt auch noch dafür. Auf die Frage "Was ist Kunst?" hat ein berühmter Maler einmal geantwortet: "Es zu machen!"

    Von Nachmachen hat er nicht gesprochen.

    Wie - oder besser - warum entscheidet sich ein Musiker, das Werk eines anderen Ton für Ton, Note für Note, nachzuspielen? Nicht zu interpretieren, sondern zu kopieren. Doch nur, weil ihm klar geworden sein muss, dass er mit Eigenem nicht überleben kann.

    So gesehen sollen von mir aus die Doors-, Pink Floyd-, Queen, AC/DC-, ABBA-, oder was weiß ich für Klone weiterhin Hallen füllen und mit ihrem Illusionszirkus das Geld für Miete und Altersvorsorge verdienen.

    Für mich sind - und bleiben - derartige Coverkonzerte allerdings wie Striptease-Shows: Hunger haben – und sich dann nur den Koch angucken – das kann es ja wohl nicht sein.