Blumenthal: Dirk Lorenzen, welche Entscheidung ist heute Vormittag auf dem Weltkongress in Prag gefallen?
Lorenzen: Uli Blumenthal, es gibt nur noch acht Planeten. Man hat gesagt, ein Planet ist alles, was im Sonnensystem groß und rund ist, was direkt die Sonne umkreist, und was direkt in seiner Umgebung keine weiteren Körper hat und was seinen Bahnbereich völlig dominiert, so formuliert man das. Das klingt erst einmal sehr technisch. Es heißt de facto: Es gibt nur noch acht Planeten. Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Der Pluto gehört nicht mehr dazu.
Blumenthal: Stürzt denn da selbst für Astronomen eine Welt ein, oder nehmen die das eher gelassen hin?
Lorenzen: Es schütteln fast alle den Kopf darüber. Für ein paar Planetenforscher stürzt tatsächlich die Welt ein, vor allem für die, die da hinten suchen. Die hatten natürlich den Ehrgeiz, dass es eine Definition gäbe, mit der man einen zehnten, zwölften und irgendwann einmal zwanzigsten Planeten hätte. Aber an sich ist es wissenschaftlich eher irrelevant. Pluto ist jetzt sicherlich degradiert worden. Allerdings hat man dann gleich noch eine nächste Kategorie geschaffen: Zwergplaneten. Da gehört er jetzt dazu. Es gibt gleich noch zwei weitere Zwergplaneten. Und da werden jetzt viele dazukommen, aber die zählen eben nicht richtig als Planet. Und dann hat man noch als Bonbon gesagt, um die Pluto-Freunde zu trösten: Pluto geht als größtes Objekt, als Prototyp einer neuen Klasse von Objekten, die dort hinten jenseits der Neptunbahn in den eisigen Gefilden um die Sonne kreisen. Man hat vorgeschlagen, diese Objekte plutonische Objekte zu nennen. Aber die Astronomen haben mit ganz knapper Mehrheit, sechs Stimmen nur, gesagt, das soll eine neue Gruppe sein, aber dieser Name plutonische Objekte, der ist abgelehnt worden. Also man kann ein bisschen weiter streiten.
Blumenthal: Warum musste man überhaupt über die Planeten und die Zahl der Planeten und deren Definition entscheiden?
Lorenzen: Das Problem ist vor einigen Jahren entstanden. Pluto hatte eben Glück, dass man ihn schon 1930 gefunden hat. Da war er der einzige da draußen. Man hat gejubelt, man hat den neunten Planeten gefunden Und seit 1992 finden die Astronomen jenseits des Neptuns immer mehr Objekte. Und vor einigen Jahren hat man eben festgestellt, davon sind einige sogar größer als Pluto. Und da war die Frage, befördert man diese jetzt zu Planeten oder degradiert man Pluto. Und dann hatte man eben in der letzten Woche diese sehr technische physikalische Definition, mit der man sehr elegant Pluto gerettet hätte, allerdings um den Preis, dass drei neue Planeten dazukamen. Das ganze ist hier bei einer Diskussion am Dienstag krachend durchgefallen. Da haben die Astronomen gesagt, das machen sie mehrheitlich nicht mit.
Blumenthal: Warum gab es um diese Definition eine solche Aufregung, warum ist die Definition eines Planeten so wichtig?
Wissenschaftlich erst einmal völlig belanglos. Ob man Pluto jetzt Planet nennt, oder Zwergplanet, oder Plutino, oder was auch immer, sagt überhaupt nichts über seine Wissenschaft aus, ist eine sehr emotionale Frage. Vor allen Dingen in den USA spielt das eine ganz große Rolle. Dort gibt es ganze Pluto-Aktivisten, die haben sogar schon die Nasa genötigt, diese Mission, die jetzt zum Pluto unterwegs ist, doch wieder in ihr Programm zu nehmen. Pluto ist als einziger Planet in den USA entdeckt worden. Das spielt schon eine Rolle. Und dann geht man eben hin und sagt, na ja, ist auch wirtschaftlich interessant, wenn man irgendwo der Entdecker des zehnten, elften oder zwölften Planeten wäre, dann findet man auch schnell Sponsoren, indem man sagt, gebt uns doch Geld für ein neues Teleskop, und dann ist man auch sehr schnell bei der Frage, kann man die Namen vermarkten? Davor hatte man Angst, dem hat man jetzt einen Riegel vorgeschoben.
Blumenthal: Wie fällt Ihr Fazit aus?
Lorenzen: Es ist jedenfalls vollkommen absurd. Ich glaube die Astronomen haben sich keinen Gefallen getan, dass alle Welt jetzt denkt, dass 2500 Sternforscher zwei Wochen lang in Prag den Status von Pluto diskutieren. Noch einmal: es ist wissenschaftlich völlig belanglos, wie man da dieses Etikett macht. Es ist rein ein bisschen eine emotionale, eine Herzenssache. Es gab ja schon einmal ein Beispiel in der Geschichte, als man Ceres, der in der letzten Woche auch plötzlich wieder ein Planet hätte sein sollen, der war bei seiner Entdeckung 1801 auch als Planet gezählt worden. Da haben die Astronomen ein paar Jahre später dort weitere Objekte gefunden, haben den Fehler korrigiert, das hätte man hier alles viel einfacher haben können. Aber die Astronomen haben ein sehr merkwürdiges Prozedere hier aufgezogen, und die Leitung dieser Internationalen Astronomischen Union war dieser Aufgabe nicht ganz gewachsen. Ich glaube, man hat nicht erkannt, welche Brisanz in dem Thema steckt. Heute bei der Verkündung, bei der Abstimmung waren nicht weniger als 16 Fernsehteams vor Ort. Das haben Astronomen sicher noch nie erlebt.
Weitere Informationen dazu:
Pluto wird degradiert, DLR-Pressemitteilung
Lorenzen: Uli Blumenthal, es gibt nur noch acht Planeten. Man hat gesagt, ein Planet ist alles, was im Sonnensystem groß und rund ist, was direkt die Sonne umkreist, und was direkt in seiner Umgebung keine weiteren Körper hat und was seinen Bahnbereich völlig dominiert, so formuliert man das. Das klingt erst einmal sehr technisch. Es heißt de facto: Es gibt nur noch acht Planeten. Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Der Pluto gehört nicht mehr dazu.
Blumenthal: Stürzt denn da selbst für Astronomen eine Welt ein, oder nehmen die das eher gelassen hin?
Lorenzen: Es schütteln fast alle den Kopf darüber. Für ein paar Planetenforscher stürzt tatsächlich die Welt ein, vor allem für die, die da hinten suchen. Die hatten natürlich den Ehrgeiz, dass es eine Definition gäbe, mit der man einen zehnten, zwölften und irgendwann einmal zwanzigsten Planeten hätte. Aber an sich ist es wissenschaftlich eher irrelevant. Pluto ist jetzt sicherlich degradiert worden. Allerdings hat man dann gleich noch eine nächste Kategorie geschaffen: Zwergplaneten. Da gehört er jetzt dazu. Es gibt gleich noch zwei weitere Zwergplaneten. Und da werden jetzt viele dazukommen, aber die zählen eben nicht richtig als Planet. Und dann hat man noch als Bonbon gesagt, um die Pluto-Freunde zu trösten: Pluto geht als größtes Objekt, als Prototyp einer neuen Klasse von Objekten, die dort hinten jenseits der Neptunbahn in den eisigen Gefilden um die Sonne kreisen. Man hat vorgeschlagen, diese Objekte plutonische Objekte zu nennen. Aber die Astronomen haben mit ganz knapper Mehrheit, sechs Stimmen nur, gesagt, das soll eine neue Gruppe sein, aber dieser Name plutonische Objekte, der ist abgelehnt worden. Also man kann ein bisschen weiter streiten.
Blumenthal: Warum musste man überhaupt über die Planeten und die Zahl der Planeten und deren Definition entscheiden?
Lorenzen: Das Problem ist vor einigen Jahren entstanden. Pluto hatte eben Glück, dass man ihn schon 1930 gefunden hat. Da war er der einzige da draußen. Man hat gejubelt, man hat den neunten Planeten gefunden Und seit 1992 finden die Astronomen jenseits des Neptuns immer mehr Objekte. Und vor einigen Jahren hat man eben festgestellt, davon sind einige sogar größer als Pluto. Und da war die Frage, befördert man diese jetzt zu Planeten oder degradiert man Pluto. Und dann hatte man eben in der letzten Woche diese sehr technische physikalische Definition, mit der man sehr elegant Pluto gerettet hätte, allerdings um den Preis, dass drei neue Planeten dazukamen. Das ganze ist hier bei einer Diskussion am Dienstag krachend durchgefallen. Da haben die Astronomen gesagt, das machen sie mehrheitlich nicht mit.
Blumenthal: Warum gab es um diese Definition eine solche Aufregung, warum ist die Definition eines Planeten so wichtig?
Wissenschaftlich erst einmal völlig belanglos. Ob man Pluto jetzt Planet nennt, oder Zwergplanet, oder Plutino, oder was auch immer, sagt überhaupt nichts über seine Wissenschaft aus, ist eine sehr emotionale Frage. Vor allen Dingen in den USA spielt das eine ganz große Rolle. Dort gibt es ganze Pluto-Aktivisten, die haben sogar schon die Nasa genötigt, diese Mission, die jetzt zum Pluto unterwegs ist, doch wieder in ihr Programm zu nehmen. Pluto ist als einziger Planet in den USA entdeckt worden. Das spielt schon eine Rolle. Und dann geht man eben hin und sagt, na ja, ist auch wirtschaftlich interessant, wenn man irgendwo der Entdecker des zehnten, elften oder zwölften Planeten wäre, dann findet man auch schnell Sponsoren, indem man sagt, gebt uns doch Geld für ein neues Teleskop, und dann ist man auch sehr schnell bei der Frage, kann man die Namen vermarkten? Davor hatte man Angst, dem hat man jetzt einen Riegel vorgeschoben.
Blumenthal: Wie fällt Ihr Fazit aus?
Lorenzen: Es ist jedenfalls vollkommen absurd. Ich glaube die Astronomen haben sich keinen Gefallen getan, dass alle Welt jetzt denkt, dass 2500 Sternforscher zwei Wochen lang in Prag den Status von Pluto diskutieren. Noch einmal: es ist wissenschaftlich völlig belanglos, wie man da dieses Etikett macht. Es ist rein ein bisschen eine emotionale, eine Herzenssache. Es gab ja schon einmal ein Beispiel in der Geschichte, als man Ceres, der in der letzten Woche auch plötzlich wieder ein Planet hätte sein sollen, der war bei seiner Entdeckung 1801 auch als Planet gezählt worden. Da haben die Astronomen ein paar Jahre später dort weitere Objekte gefunden, haben den Fehler korrigiert, das hätte man hier alles viel einfacher haben können. Aber die Astronomen haben ein sehr merkwürdiges Prozedere hier aufgezogen, und die Leitung dieser Internationalen Astronomischen Union war dieser Aufgabe nicht ganz gewachsen. Ich glaube, man hat nicht erkannt, welche Brisanz in dem Thema steckt. Heute bei der Verkündung, bei der Abstimmung waren nicht weniger als 16 Fernsehteams vor Ort. Das haben Astronomen sicher noch nie erlebt.
Weitere Informationen dazu:
Pluto wird degradiert, DLR-Pressemitteilung