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Das Digitale Logbuch: Bahn-Ramsch

Bahntastische Zeiten – ein solcher Schlacht-Werberuf elektrisiert einen in der Regel wie altbackene Videoschleifen im Baumark a la "Haufenweise Superpreise." Bahntastisch steht für eine Benefizaktion der Deutschen Bahn. Die Bahn tut Gutes und redet darüber.

Von Michael Stang |
    Seit vier Tagen läuft die erste von vier solchen Bahntastischen Benefizaktionen beim Benefizportal eBay. Dort sollen Kunden Bahntickets für einen guten Zweck ersteigern und die Kasse so richtig klingeln lassen. Als hilfsbedürftig gelten in den Augen der Bahn etwa Fußballfans von Hertha BSC Berlin. Dass sie in den vergangenen Jahren bei den Auftritten ihrer Mannschaft gelitten haben, steht außer Frage, dass die Bahn sie nun aber als Charity-Aktion zusammen mit den Profis trainieren lassen will, dürften viele eher als Strafe denn als Wohltätigkeit empfinden. Täglich sollen nun zehntausende Karten unters Volk versteigert werden und niemand muss ein schlechtes Gewissen haben, letztlich doch - wie meist bei eBay - überteuerte Tickets gekauft zu haben, denn man tut ja was Gutes. Auf so eine Aktion, bei der die Bahn einem hilft, ein besserer – ach was - ein guter Mensch zu sein, haben wir doch alle gewartet, oder?

    Dabei war die Deutsche Bahn bis vor kurzem noch gar nicht so sehr von eBay angetan und wollte den Handel mit Blankofahrkarten juristisch unterbinden lassen. Jetzt tritt sie jetzt selbst als Powerseller auf und das mit allen Tricks. So schanzte sich die Bahn über eigene Testkäufer vor dem ersten Verkauf schon mal ein paar positive Bewertungen zu – für so großartige Transaktionen wie das Versteigern von "Weisses Blatt Probier Papier". Super. Das ist zwar laut eBay-Grundsatz verboten, aber dass die Bahn eigene Regeln hat, kennt man ja.

    Immerhin hat eBay inzwischen reagiert und sämtliche Bewertungen des Verkäufers "db_bahn" gelöscht. Das ist wahrscheinlich die süße Rache dafür, dass sich die Bahn juristisch gegen die Blankofahrkarteaktion gewehrt hatte. Aber was soll die ganze Aufregung? Schließlich ist das alles für einen guten Zweck, wer wird denn da kleinlich sein? Man tut ja was Gutes. Vielleicht sollte ich doch gleich mal mitbieten. Das wird bestimmt toll. Im Zug sitzt man dann neben lauter Gutmenschen, alle mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Vielleicht kann man ja das Benefiz-Bahnticket bei der Steuererklärung noch als Spende geltend machen? Ach, ist das schön.