Sie klingen ja wie die Nachbarn von nebenan – so geradeaus und unverbogen sprechen die Figuren in Ödön von Horváths Stücken; und so einfach und ausweglos sind die Trauerspiele, die das Leben ihnen auferlegt. Kann sein, dass sie jeder spielen kann und jede; für das Berliner Obdachlosentheater "Ratten 07" etwa wurde "Kasimir und Karoline" vor Jahren zu einem der künstlerisch stärksten Momente.
Und auch die Dresdner "Bürgerbühne", das von der neuen Intendanz groß angelegte Laien-Projekt des Dresdner Staatsschauspiels, hilft Horváth entdecken in Herrn und Frau Jedermann jeden Alters – zwischen 10 und 75 Jahren sind die Dresdnerinnen und Dresdner alt, die seit dem Wochenende Horváths Geschichte vom "Magazin des Glücks" erzählen; für den Regisseur Max Reinhardt und die werdende deutsche Diva Marlene Dietrich schrieb Horváth diesen Filmentwurf über den traurigen Traum von einem Ort, an dem jederlei Glück erhältlich ist, der aber – weil ja die Armen besonders viel Glück brauchen - notwendigerweise pleitegeht und sich nun erfolglos um eine Prinzessin als Sponsor müht.
Ein buntes Laien-Spiel ist da entstanden in Dresden – doch gerade in den schöneren Augenblicken wird unübersehbar deutlich, dass gerade der vordergründig so "einfache" Horváth nichts weniger verlangt als allerhöchste Schauspielkunst. Einen Tag später, bei der Profipremiere von "Glaube Liebe Hoffnung" am Hamburger Schauspielhaus, ist das kein bisschen anders.
Jana Schulz ist die arme Elisabeth in Karin Henkels Inszenierung von Horvaths "kleinem Totentanz". Die Arbeit hat diese junge Frau verloren, das soziale Umfeld auch, und in größter Not will sie schon zu Lebzeiten die eigene zukünftige Leiche an die Anatomie verkaufen – so grotesk beginnt üblicherweise das tieftraurige kleine Stück; hier hat Henkel den Abschiedsepilog als Monolog an den Anfang gestellt. Was wohl bedeuten soll, dass immer wieder alles neu und von vorn beginnen wird, heute wie damals. Die Elisabeth von damals hat ja (wie viele Hartz-IV-Empfänger heute) alles versucht, und um wieder ins Geschäft zu kommen. Mit dem Wandergewerbeschein begeht sie auch kleinkriminelle Regelverstöße. Sie verliebt sich dann dummerweise in einen Polizisten – der sich natürlich (natürlich, der Karriere wegen!) von ihr trennt, als Elisabeths Vorgeschichte offenbar wird. Da geht sie ins Wasser – und wird gerettet. Nicht mal Sterben ist erlaubt! Erst im Polizeirevier des Ex-Geliebten findet sie Ruhe.
Henkels Inszenierung hat (außer dem doppelten Anfang) eine grundsätzliche Idee – dass es nämlich nur Elisabeth gibt und ihr Gegenüber die Welt das Kollektiv der anderen. Und so driften sechs weitere Hamburger Schauspielhäusler neben Jana Schulz durch die vielen Rollen des szenisch an sich extrem abwechslungsreichen Stückes, das immerhin auch im Tierpark sowie auf Arbeitsamt und Kirmes spielt. Stefan Mayer kreiert dafür einen mit lauter kleinen Elisabeth-Fotos austapezierten Raum; fast alle schwarz-weiß, eines nur in Farbe. Elisabeths Gesicht gibt's auch als Videoprojektion – immer wieder steht das Ich gegen alle. Und muss natürlich unterliegen.
So weit, so akzeptabel. Daneben aber verzettelt sich die Inszenierung immer wieder – auf dem Polizeirevier imitiert sie Bild und Ton einer Fernsehreportage, aus der Anatomie entleiht sie enorme, blutig-beschädigte Riesenköpfe aus Pappmaschee für das Kollektiv. Aber konsequent verfolgt sie keinen dieser Gedanken. Auch dass die Lebensrettung zum Schluss keine Großtat, sondern eher ein dummer Zufall war, will sie schließlich noch erklären – viel Aufwand, kaum Gewinn.
Denn auf erstaunlicherweise ganz ähnliche Weise wie am Tag zuvor die Dresdner Laien scheitern auch die Hamburger Profis am Problem der Darstellung – derart mittelmäßig - ach was - dürftig wird hier vor sich hin agiert, dass sich blanke Langeweile breitmacht; nicht mal im Ansatz gelingt den Profis der Transfer von Horváths künstlerisch beschworenen "kleinen Leuten" herüber in die Behauptung der Bühne. Die Laien reduzierten dieses Defizit immerhin durch Naivität und Begeisterung – "Glaube Liebe Hoffnung" ist nur fad, nur lau, nur lahm. Das Einfache, das so schwer zu machen ist – weder in Dresden noch in Hamburg ist es zu sehen.
Und auch die Dresdner "Bürgerbühne", das von der neuen Intendanz groß angelegte Laien-Projekt des Dresdner Staatsschauspiels, hilft Horváth entdecken in Herrn und Frau Jedermann jeden Alters – zwischen 10 und 75 Jahren sind die Dresdnerinnen und Dresdner alt, die seit dem Wochenende Horváths Geschichte vom "Magazin des Glücks" erzählen; für den Regisseur Max Reinhardt und die werdende deutsche Diva Marlene Dietrich schrieb Horváth diesen Filmentwurf über den traurigen Traum von einem Ort, an dem jederlei Glück erhältlich ist, der aber – weil ja die Armen besonders viel Glück brauchen - notwendigerweise pleitegeht und sich nun erfolglos um eine Prinzessin als Sponsor müht.
Ein buntes Laien-Spiel ist da entstanden in Dresden – doch gerade in den schöneren Augenblicken wird unübersehbar deutlich, dass gerade der vordergründig so "einfache" Horváth nichts weniger verlangt als allerhöchste Schauspielkunst. Einen Tag später, bei der Profipremiere von "Glaube Liebe Hoffnung" am Hamburger Schauspielhaus, ist das kein bisschen anders.
Jana Schulz ist die arme Elisabeth in Karin Henkels Inszenierung von Horvaths "kleinem Totentanz". Die Arbeit hat diese junge Frau verloren, das soziale Umfeld auch, und in größter Not will sie schon zu Lebzeiten die eigene zukünftige Leiche an die Anatomie verkaufen – so grotesk beginnt üblicherweise das tieftraurige kleine Stück; hier hat Henkel den Abschiedsepilog als Monolog an den Anfang gestellt. Was wohl bedeuten soll, dass immer wieder alles neu und von vorn beginnen wird, heute wie damals. Die Elisabeth von damals hat ja (wie viele Hartz-IV-Empfänger heute) alles versucht, und um wieder ins Geschäft zu kommen. Mit dem Wandergewerbeschein begeht sie auch kleinkriminelle Regelverstöße. Sie verliebt sich dann dummerweise in einen Polizisten – der sich natürlich (natürlich, der Karriere wegen!) von ihr trennt, als Elisabeths Vorgeschichte offenbar wird. Da geht sie ins Wasser – und wird gerettet. Nicht mal Sterben ist erlaubt! Erst im Polizeirevier des Ex-Geliebten findet sie Ruhe.
Henkels Inszenierung hat (außer dem doppelten Anfang) eine grundsätzliche Idee – dass es nämlich nur Elisabeth gibt und ihr Gegenüber die Welt das Kollektiv der anderen. Und so driften sechs weitere Hamburger Schauspielhäusler neben Jana Schulz durch die vielen Rollen des szenisch an sich extrem abwechslungsreichen Stückes, das immerhin auch im Tierpark sowie auf Arbeitsamt und Kirmes spielt. Stefan Mayer kreiert dafür einen mit lauter kleinen Elisabeth-Fotos austapezierten Raum; fast alle schwarz-weiß, eines nur in Farbe. Elisabeths Gesicht gibt's auch als Videoprojektion – immer wieder steht das Ich gegen alle. Und muss natürlich unterliegen.
So weit, so akzeptabel. Daneben aber verzettelt sich die Inszenierung immer wieder – auf dem Polizeirevier imitiert sie Bild und Ton einer Fernsehreportage, aus der Anatomie entleiht sie enorme, blutig-beschädigte Riesenköpfe aus Pappmaschee für das Kollektiv. Aber konsequent verfolgt sie keinen dieser Gedanken. Auch dass die Lebensrettung zum Schluss keine Großtat, sondern eher ein dummer Zufall war, will sie schließlich noch erklären – viel Aufwand, kaum Gewinn.
Denn auf erstaunlicherweise ganz ähnliche Weise wie am Tag zuvor die Dresdner Laien scheitern auch die Hamburger Profis am Problem der Darstellung – derart mittelmäßig - ach was - dürftig wird hier vor sich hin agiert, dass sich blanke Langeweile breitmacht; nicht mal im Ansatz gelingt den Profis der Transfer von Horváths künstlerisch beschworenen "kleinen Leuten" herüber in die Behauptung der Bühne. Die Laien reduzierten dieses Defizit immerhin durch Naivität und Begeisterung – "Glaube Liebe Hoffnung" ist nur fad, nur lau, nur lahm. Das Einfache, das so schwer zu machen ist – weder in Dresden noch in Hamburg ist es zu sehen.