Freitag, 29. März 2024

Archiv


Das etwas andere Netzwerk

Internet.- Datenschützer raufen sich nicht selten die Haare, wenn sie beobachten, wie leichtfertig Nutzer sozialer Netzwerke private Informationen über sich preisgeben. Im Vergleich zu Facebook ist das Netzwerk Xing nahezu ein Winzling – allerdings möchte es auch eine andere Aufgabe erfüllen: berufliche Kontakte knüpfen.

Von Maximilian Schönherr | 12.02.2011
    "Also zunächst einmal haben wir eine klare Business-Ausrichtung. Das ist die wesentliche Unterscheidung von Facebook. Jobs und Berufswechsel sind wichtige Faktoren bei uns. Das sind markante Punkte, wenn Nutzer aktiv werden und bei uns im Netzwerk nach Jobs gucken oder sich aktiver präsentieren. Es ist sehr üblich, dass Firmen, wenn sie neues Personal suchen, es eben auch bei Xing suchen. Es gibt auch Recruiter und Headhunter, die in Xing unterwegs sind. Aber auch wir selber als Unternehmen sind unterwegs und suchen Mitarbeiter, zum Beispiel Entwickler, Designer, Produktmanager, die für uns arbeiten können."

    Viele englische Begriffe kommen Johannes Mainusch hier über die Lippen. Er ist ganz oben in der Hierarchie des Hamburger Unternehmens und nennt sich ‚Vice President Operations’.

    Xing hat zehn Millionen Mitglieder, die meisten in Deutschland. Jemand, der sich auf einen Kaffee mit seiner Freundin verabreden oder eine Demo organisieren will, wird das besser auf anderen sozialen Netzen wie Facebook oder der Studi-VZ tun. In Xing gibt es zwar inzwischen Foren für politische Parteien und auch eines mit einigen Tausend Mitgliedern zum Thema ‚Stuttgart 21‘, aber primär geht es um Jobs, um Beruf, um Karriere.

    Deshalb, und, so Johannes Mainusch, weil das Netzwerk seinen Sitz im Datenschutzbewussten Deutschland hat, arbeitet es mit SSL-Verschlüsselung – bei Facebook wird diese am Online-Banking orientierte Datenübertragung erst neuerdings angeboten, bei Xing ist sie zwingend.

    "Ich habe schon den Eindruck, dass die Menschen ihre Daten relativ bedenkenlos hergeben, aber ich erkenne eine sehr große Sensibilität, wenn es darum geht, dass ihnen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beschnitten wird."

    Die Betreiber sozialer Netzwerke arbeiten mit den Daten ihrer Nutzer. Das ist schließlich Sinn der Sache: Daten verschiedener Mitglieder zu speichern und mit denen anderer in einen Kontext zu setzen.

    "Naja, bei uns stehen die Daten in der Datenbank drin. Das erlaubt es uns aber noch lange nicht, diese Daten in einem Sinn zu benutzen, der nicht in den AGB festgelegt ist. Es erlaubt uns nicht, diese Daten in irgendeiner Form weiterzugeben oder zu veruntreuen. Das ist eben Datenschutz in Deutschland und auch unser Verständnis davon."

    Ganz so heil ist aber auch hier die Welt nicht, denn Xing gibt durchaus Kundendaten an Werbetreibende weiter, um gezielt Anzeigen zu schalten. Zwar, wie Johannes Mainusch beteuert, auf keinen Fall Namen, wohl aber Geschlecht, Altersgruppe, ungefährer Wohnort und die Größe des Betriebs, in dem sie arbeiten. Diese Werbung verschwindet, wenn man zahlendes Mitglied wird. Werbung als Strafe sozusagen.

    Wovon Xing bislang die Finger lässt, ist das Auswerten von zwischenmenschlichen Verbindungen wie zum Beispiel: Wer kommuniziert mit wem immer um 20.15 Uhr, und wie viele Weblinks enthalten diese Kommunikationen? Haben die mit der Tagesschau zu tun und so weiter?

    Womit sich Johannes Mainusch aber durchaus beschäftigt sind die Nutzerspitzen.

    "Jemand organisiert einen Event für 50.000 Leute, lädt die alle ein, und dann antworten die alle nach dem Mittagessen darauf; das erzeugt dann schon temporär eine hohe Last auf einem kleineren Teil der Server, nicht allen 400, aber vielleicht 4 Servern, die das dann aber aushalten und überleben können müssen. Ein wichtiges Thema in dem Zusammenhang ist auch Missbrauch. Auch das muss man ja erkennen und dann gegebenenfalls Gegenmaßnahmen treffen. Spam-Mechanismen etwa, wenn Benutzer andere Benutzer mit Nachrichten bombardieren."

    Xing betreibt in Hamburg zwei getrennte Rechenzentren, die mit einer Gigabit-Leitung miteinander verbunden sind. Zwei, statt einem Rechenzentrum vor allem deswegen, um sicher zu gehen, wenn in einem ein größeres Problem auftritt, dass das andere, wo die Daten gespiegelt vorliegen, den Betrieb weiterführen kann.

    Die höchste Währung eines sozialen Netzwerks, so Johannes Mainusch, ist die Verfügbarkeit von außen. Im letzten November war der Server nur insgesamt 20 Minuten 'down', also nicht erreichbar – ein Rekord; über 99% Prozent Verfügbarkeit.

    Gegen einen verteilten Denial-of-Service-Angriff jedoch, sagt Mainusch, ist heute niemand gewappnet. Toi toi toi.