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Das Europäische Schadstoffregister

Unternehmen lassen sich oft ungern in die Karten blicken - nicht zuletzt was den Umweltschutz angeht. Was hinter dem Werkstor passiert, geht niemanden etwas an - diese Philosophie ist nach wie vor weit verbreitet. Doch es gibt auch die Umweltbehörden, die versuchen, sich trotzdem einen Überblick zu verschaffen. Ihre Erkenntnisse tragen sie europaweit zusammen, unter anderem in dem auch für Normalverbraucher zugänglichen Europäischen Schadstoffregister, gestern wurde es in Karlsruhe vorgestellt.

Von Ralph Ahrens | 18.10.2000
    Informierte Bürger können bald die großen Umweltverschmutzer unter den Industriebetrieben an den Pranger stellen. Denn die Europäische Kommission hat das Europäische Schadstoffregister ins Leben gerufen. Das wird eine Datenbank sein, in der jeder nachlesen kann, welches Kraftwerk wieviel Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid in die Luft pustet oder welcher Chemiebetrieb wieviel Tonnen des giftigen Schwermetalls Quecksilber in Seen und Flüsse einleitet. Norbert Salomon vom Bundesumweltministerium nennt die Ziele:

    "Kurz und knapp, erstens: Information der Öffentlichkeit. Zweitens: Daten zur Verfügung zu stellen für die europäische Umweltschutzpolitik."

    Das Europäische Schadstoffregister wird sehr umfangreich sein. In ihm wird die Europäische Kommission veröffentlichen, welche und wieviel von 50 Stoffen und Stoffgruppen rund 20.000 Betriebe in Luft oder Wasser emittieren. Die Europäische Umweltagentur wird diese Daten im Jahr 2004 erstmals ins Internet stellen. Deutschland will schneller sein: Das Umweltbundesamt plant, die Emissionsdaten deutscher Firmen ein Jahr früher bekanntzugeben. Eher gehe es nicht, meint Norbert Salomon, denn dagegen spreche die föderalistische Struktur der Bundesrepublik:

    "Im Luftbereich hat der Bund eine Kompetenz zur Gesetzgebung. Im Wasserbereich hat der Bund nur die sogenannte Rahmengesetzgebung. Das heißt, wir können keine bundeseinheitlichen Regelungen schaffen. Die Länder müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Daten von den Betreibern erhoben werden können. Diese gesplittete Kompetenzverteilung macht die Einführung des EPER schon kompliziert in Deutschland."

    Umweltaktivist Thomas Lenius vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland freut sich schon jetzt auf das Schadstoffregister:

    "Es ist mit Sicherheit so, daß in Deutschland das einer kleinen Revolution gleichkommt, wenn man einen so großen Umfang an Emissionsdaten an einer Stelle komprimiert und damit einen Zugriff ermöglicht. Das ist etwas, was in Deutschland nicht selbstverständlich ist."

    Denn bislang ist es meist mühsam, von Behörden oder von der Industrie zu erfahren, welcher Betrieb wie die Umwelt und die menschliche Gesundheit mit welchen Mengen an Schadstoffen belastet, wie Thomas Lenius aus eigener Erfahrung weiß. Doch ganz zufrieden ist er nicht mit dem Schadstoffregister der Europäischen Kommission. Weil wichtige Informationen fehlten, ist es aus seiner Sicht keine bürgerfreundliche Datenbank.

    "Das kann es nur dann sein, wenn der Bürger etwas damit anfangen kann, also sich angucken kann, wie Emissionsbelastung zum Beispiel an seinem Standort konkret aussieht - und sich angucken kann, wie es an anderen Standorten mit ähnlichen oder gleichen Anlagen konkret aussieht."

    Denn will ein Bürger vergleichen, welche Firma ein Produkt sauberer herstellt, muß er wissen, wieviel Schadstoffe aus den Anlagen, in denen genau dieses Produkt hergestellt wird, Luft und Wasser verschmutzen. Das Schadstoffregister enthält jedoch nur Emissionsdaten, die sich auf ganze Industriebetriebe beziehen, also auf die Summe aller Anlagen einzelner Betriebe. Für Norbert Salomon vom Bundesumweltministerium reicht das auch. Er glaubt, für Bürger sei es wichtig zu wissen, was direkt am Betrieb entweicht. Aber er bittet auch um Geduld:

    "Wir versuchen, daß das EPER gut zum Laufen kommt, daß wir unsere Verpflichtung erfüllen können. Und aus der Erfahrung können wir lernen Und dann glaube ich, ist es auch möglich, in einer späteren Phase über Verbesserungen zu reden."

    ... und das Schadstoffregister auszubauen. Das hat zumindest die Europäische Kommission für das Jahr 2006 bereits angekündigt.