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Das Geschäft mit dem Körper

Bei Thailand denken viele automatisch an Sonne, Meer, Palmen - und Sex. Einige Orte des Landes ziehen Sextouristen aus aller Welt an, nicht nur aus dem Westen. Bekannt sind vor allem die Rotlichtviertel in Bangkok wie Patpong, Soi Cowboy oder Nana, aber auch die Gegenden am Patong-Strand auf der Ferieninsel Phuket oder Pattaya an der Ostküste.

Von Nicola Glass |
    Eine Straße voller Bierbars, Karaokeläden, Massagesalons und - nicht zuletzt - Bordelle. Keine Seltenheit in Pattaya, einem Seebad an der Südostküste Thailands.

    Es ist Abend, ein leichter Regen fällt. Zurzeit ist Nebensaison, es gibt nur wenige Kunden und kaum etwas zu verdienen. Die jungen Mädchen und Frauen, die in kleinen Gruppen an den Eingängen der Bars stehen, sehen ein wenig gelangweilt aus. Jeden Vorübergehenden sprechen sie an - freundlich, auffordernd.

    Viele der Frauen, die in den Bars oder Bordellen arbeiten, stammen nicht aus Pattaya. Sie kommen aus dem Isaan im Nordosten, der als Armenhaus Thailands gilt, aus der Hauptstadt Bangkok oder den südlichen Provinzen. Eine richtige Ausbildung hat kaum eine von ihnen jemals erhalten.

    Doch ganz alleingelassen fühlen sich die Frauen nicht. Einige Organisationen in Pattaya haben sich zum Ziel gesetzt, Prostituierten zu helfen, sie zu unterstützen, und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Nur so schaffen manche Frauen tatsächlich den Sprung in einen anderen Beruf.

    Eine der Initiativen ist "SWING", die Abkürzung für "Service Workers in Group". Die Organisation betreut weibliche und männliche Prostituierte. Wiphaphorn Intharat, von allen nur "Nong" genannt, ist Koordinatorin für die Ausbildungsprogramme bei SWING:

    "Bildung ist der Schlüssel. Wir bieten Englischkurse, Computerausbildung und Gesundheitsberatung an, aber auch Informationen über sicheren Sex. Außerdem stehen wir in Kontakt mit der Internationalen Arbeitsorganisation ILO hier in Thailand, die immer wieder versucht, den Frauen zu vermitteln, wie wichtig es ist, über einen normalen Beruf nachzudenken. Zum Beispiel darüber, wie man es schafft, ein kleines oder mittelgroßes Geschäft aufzubauen."

    Niemand möchte als Prostituierte tätig sein, sagt Nong. Doch manchmal bleibt den Frauen nichts anderes übrig. Für viele ist SWING die einzige Anlaufstelle, wo sie sich Zuhause fühlen können, sagt beispielsweise Tip. Sie ist etwa Mitte vierzig, eine Frau mit großen dunklen Augen und offenem Lächeln. Und mutig genug, etwas von sich zu erzählen:

    "Ich bin glücklich bei SWING, und hier bekomme ich die Möglichkeit, besser Englisch zu lernen. Ich fühle mich wohl hier, ich komme aus einer armen Familie, die kein Geld hat."

    Ähnlich fühlt auch Bui, die erst seit kurzem in Pattaya arbeitet:

    "Ich habe SWING durch eine Freundin kennen gelernt, die einmal hier Mitglied war. Ich bin erst vor kurzem hierher gekommen, vor etwa 15 Tagen, und ich kannte hier niemanden. Ich möchte gerne mehr Englisch lernen und mehr über die Arbeit am Computer, denn ich komme aus einer armen Familie. Seit ich SWING kenne, fühle ich mich wie in einem zweiten Zuhause. Und die Beziehungen zwischen den Lehrerinnen und den Schülerinnen sind eher wie die unter Schwestern. Ich bin glücklich hier und fühle mich nicht einsam."

    Prostitution ist in Thailand offiziell verboten, und doch begegnet man ihr immer wieder. Es ist ein Schattengewerbe, das viel Geld einbringt: Jährlich mehr als 50 Milliarden Thai-Baht, schätzen Experten. Das sind umgerechnet mehr als eine Milliarde Euro.

    Diejenigen, die für Sex bezahlen, kommen aus aller Welt nach Thailand. Doch es gibt nicht nur diese Art von Sextourismus, erklärt Allan Dow von der Internationalen Arbeitsorganisation ILO in Bangkok:

    "Vor allem in den Köpfen von Westlern existiert ein Stereotyp, dass es sich bei Sextouristen in der Regel um einen Mann aus England, Amerika, Deutschland oder Australien handelt, der nach Thailand oder in die Nachbarländer reist, um hier Sex zu bekommen. Das gibt es natürlich, man kann es überall sehen. Doch viele nehmen nicht wahr, dass Sextourismus oft auch innerhalb eines Landes stattfindet: Das heißt, die Einheimischen selbst sorgen für die größte Nachfrage."