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Das Hochwasser geht, der Schlamm bleibt

Die Wasserqualität des Rheins gilt als gut, dennoch ist die Belastung an Zink, Kupfer und Cadmium zu hoch. Diese Schwermetalle können zum Problem werden. Nach Überschwemmungen verbleiben sie in den Schlammrückständen und belasten dauerhaft den ufernahen Boden.

Von Caroline Michel | 04.01.2013
    Eine Pferdeweide im Kölner Norden. In einem Naturschutzgebiet im Stadtteil Merkenich grasen glückliche Ponys zwischen einem kleinen Wäldchen und dem nahen Rheinufer. Die perfekte Idylle? Allerdings nur, solange der Rhein in seinem Bett bleibt.

    "Wenn’s überschwemmt war, sieht’s nicht mehr so schön aus. Dann haben wir so Schlammrückstände überall auf den Wiesen, sieht nicht schön aus, und ich weiß auch nicht, ob’s gut ist."

    Dünger, der, wenn er fault, eine arge Geruchsbelästigung sein kann. Viel bedenklicher sind aber die kleinen Schwebstoffe im "Schlemmschlamm": Abgetragenes Bodenmaterial, an das die gefürchteten Schwermetalle andocken, erklärt der Umweltgeologe Professor Jean Thein:

    "Nitrat, was da auch drin sein kann oder Chlorid, die gehen mit dem Wasser weg. Die an die Schwebstofffracht gebundenen Metalle, die bleiben natürlich mit dem Schwebstoff in diesem Tümpel, die bleiben da zurück."

    Die Wasserqualität des Rheins hat sich in den letzten 20 bis 30 Jahren entscheidend verbessert. Aber richtig gut ist der Zustand von Wasser, Sedimenten und Lebewesen deshalb noch längst nicht. Während zum Beispiel die Werte für Blei und Quecksilber aktuell einigermaßen in Ordnung sind, liegen die für Cadmium, Kupfer, Zink und das Pflanzenschutzmittel Diuron nach wie vor über den Werten, die die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins noch für tolerabel hält. Und wenn das Hochwasser wieder abfließt und Schadstoffe wie Nitrat und Chlorid wieder mitnimmt und die organischen Schadstoffe mit der Zeit abgebaut werden, bleiben die im Schlemmschlamm enthaltenen Schwermetalle im Boden. Für immer.

    "Die Schwermetalle werden nicht abgebaut. Die bleiben im Boden erhalten und wachsen dann mit dem Boden auch entsprechend in den nächsten Jahren mit hoch."

    Tiere, die Gras bis zum Erdreich abfressen, wie zum Beispiel Schafe, fressen also jede Menge schwermetallhaltige Erde mit, sagt Karl-Heinz Südekum, Professor für Tierernährung an der Uni Bonn.

    "Das Gras selbst erholt sich nach einem solchen Überschwemmungsereignis sehr schnell. Dem Gras machen in der Regel diese Schadstoffe ja gar nichts aus. Es sind Schadstoffe, die für höhere Organismen schädlich sind, das Gras ist ja äußerlich oder auch nach Aufnahme durch die Wurzel im Wesentlichen Transporteur – ist wie ein Spediteur, der irgendwas irgendwohin fährt, aber nicht davon betroffen ist – sodass das Gras bei Überschwemmungen viel mehr unter dem mit der Überflutung einhergehenden Mangel an Luft leidet, aber nicht so sehr unter dem, was uns für Ponys oder andere Tiere Sorgen macht."

    Akute Vergiftungen sind aber weder bei Ponys noch bei Schafen zu befürchten, denn der Großteil der Schadstoffe wird einfach wieder ausgeschieden, sodass die Rückstände, zum Beispiel in Lammfleisch, auch nicht allzu hoch sind, was Studien zum Verbraucherschutz belegen. Ältere Tiere sind gefährdeter als junge. Die, die an der Elbe grasen, noch mehr, als die am Rhein.

    "In den Elbauen gibt es Empfehlungen, das auf besonders stark belasteten Flächen bei dort erfolgender Schafbeweidung empfohlen wird, die Muttertiere nicht mehr als Lebensmittellieferanten zu verwenden, sondern, wenn sie geschlachtet werden, anderweitig dann zu entsorgen und die Lämmer nach der Geburt zügig von den Flächen zu entfernen und anderweitig aufzuziehen. Die Lämmer sind bei der Geburt nicht belastet und können also ohne Bedenken aufgezogen und später als leckeres Lammfleisch auch verzehrt
    werden."

    Bei Ponys, die viel länger leben, sind Langzeitschäden allerdings nicht ausgeschlossen, denn einige der Schadstoffe reichern sich vor allem in Leber und Nieren an.